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Streit beim Verkauf des Potsdamer "Kremls". Wer sagt die Wahrheit zur Vergabe des Landtags?

© C. Freytag

Die Zukunft des Ex-Landtags Brandenburg: Gutes Geschäft mit dem „Kreml“

Der Verkauf des früheren Landtages ist für das Land Brandenburg ein gutes Geschäft. Auf dem Brauhausberg soll nun ein neues Stadtquartier entstehen - mit dringend benötigten Wohnungen.

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Potsdam - Nein, eine Affäre um eine zum Spottpreis verscherbelte Landesimmobilie wie im Fall der Krampnitz-Kasernen droht in Potsdam diesmal nicht: Mit dem Verkauf des früheren Landtagsgebäudes auf dem Brauhausberg macht das Land Brandenburg offenbar ein gutes Geschäft. Den Zuschlag für das 25.000 Quadratmeter große Areal, auf dem die ehemalige Reichskriegsschule steht, sollen zwei Berliner Firmen bekommen – die auf Denkmalimmobilien spezialisierte Sanus AG und die Eureka Immobilien Management GmbH. Beide haben für das Projekt eine gemeinsame Firma gegründet.

Grünes Licht am Donnerstag

Nach einer den PNN vorliegenden vertraulichen Eil-Vorlage von Finanzminister Christian Görke (Linke) für den Haushaltsausschuss des Landtags, der am heutigen Donnerstag grünes Licht geben soll, wird die Landesimmobilie für 8,65 Millionen Euro verkauft. Das sei „mehr als doppelt so hoch“ wie der Verkehrswert, der in einem Gutachten mit 3,9 Millionen Euro ermittelt worden war, heißt es in dem Papier. Hinzu kommen zwei Millionen Euro, für die die Investoren eine dringend benötigte zweite Erschließungsstraße auf den Brauhausberg bauen. „Zu bemerken ist, dass alle Projektbeteiligten zahlreiche Projekte in Brandenburg realisiert haben“, heißt es. In Berlin hat Sanus größere Altbaukomplexe saniert, hauptsächlich in Top-Lagen in Mitte, Prenzlauer Berg und Friedrichshain. Eureka hatte bereits zuvor Potsdam als Markt für sich entdeckt: Auf einem Grundstück zwischen Pappelallee und Reiherweg will das Unternehmen rund 170 Studentenwohnungen errichten. Zu den Details ihrer Pläne für den Brauhausberg äußerten sich beide Unternehmen auf PNN-Anfrage am Mittwoch nicht.

Insgesamt hatten sich auf die Ausschreibung acht Interessenten gemeldet, die zwischen drei und elf Millionen Euro boten. Den Zuschlag an Sanus/Eureka begründet das Finanzministerium neben dem Kaufpreis und „guten Referenzen“ damit, dass die Investoren „vollumfänglich“ die Planungsziele der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung für das „exponierte Grundstück“ umsetzen.

Mindestens 15 Millionen Euro sollen investiert werden

Danach soll auf dem Brauhausberg ein neues Stadtquartier entstehen, mit in Potsdam dringend benötigten Wohnungen, einem Hotelbetrieb und Platz für weitere Wissenschaftseinrichtungen und forschungsnahe Firmen. In der Nähe hat auf dem Telegrafenberg das Geoforschungszentrum (GFZ) sein Domizil, das Erweiterungspläne hat. Die ehemalige Reichskriegsschule, 1899 bis 1902 auf Weisung Kaiser Wilhelms II. errichtet, steht seit dem Umzug des Parlamentes in das aufgebaute Stadtschloss am Alten Markt seit Anfang 2014 leer. Es war 1991 das letzte Mal saniert worden und gilt als marode.

Mindestens 15 Millionen Euro wollen beide Unternehmen laut Ministervorlage am Standort investieren. Der Kaufvertrag ist für Sanus und Eureka an eine Reihe von Bedingungen geknüpft, etwa die behutsame Sanierung des früheren Landtagsgebäudes. Dabei darf die historische Denkmalfassade nicht verändert werden. Balkone soll es nur zum Hof geben. Dort wird ein dreistöckiger Neubau errichtet, auch eine Tiefgarage ist geplant. Außerdem verpflichten sich die Käufer, sich mit bis zu 100 000 Euro in Abstimmung mit der Schlösserstiftung an einem möglichen Wiederaufbau des Belvedere auf dem Brauhausberg zu beteiligen – oder als Alternative an einem „adäquaten Neubau“. Der dreigeschossige, 1803 nach Plänen von Andreas Ludwig Krüger im gotischen Stil errichtete Aussichtspunkt wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört, die Ruine 1958 abgetragen. Die 68 Quadratmeter große Grundstücksfläche will die Stiftung für 15000 Euro an das Bieterkonsortium veräußern. Umgeben von Fremdflächen sei das Miniareal für Stiftungszwecke „nicht mehr nutzbar“, sagte Sprecher Frank Kallensee den PNN. Die Stiftung freue sich aber, „wenn wir damit einen sinnvollen Beitrag zur Neuordnung und Nachnutzung des ehemaligen Landtagsgebäudes auf dem Brauhausberg leisten können“.

Ersatzquartiere für Vögel

Auch die von der Stadt geforderte zweite Erschließungsstraße – bislang ist das Areal nur über die Straße Am Havelblick erreichbar – müssen Sanus und Eureka bezahlen: Zwei Millionen Euro sind dafür vorgesehen. Und Pflicht ist für die Käufer auch Fürsorge für die jetzigen Bewohner des „Kreml“ – nämlich allerlei seltene Vögel. Bei der Umgestaltung, so die Auflage der Naturschutzbehörden, sind „Ersatzquartiere für die dort lebenden, geschützten Arten Turmfalke, Fledermäuse, Blaumeise sowie Haus- und Feldsperling zu schaffen“.

Die Eile begründet Görke damit, dass die Investoren schnell loslegen wollen – als Baufirma steht die Firma Züblin AG bereit – und „ die Übergabe des Objektes rechtzeitig vor der nächsten Heizperiode erfolgen“ könne. So sei es möglich, „weitere Bewirtschaftungskosten für das Objekt zu sparen“. Dem Papier zufolge haben sich die Investoren verpflichtet, in spätestens einem Jahr einen Bauantrag zu stellen und binnen vier Jahren nach Erteilung der Baugenehmigung mit dem Projekt zu beginnen.

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