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Landeshauptstadt: „Da kribbelt dit!“

„Nationalzwölf“ der Köche trainierte in Potsdam

Von Null auf Hundert in viereinhalb Stunden – vor 30 Minuten hat der Countdown begonnen. Konzentriert arbeiten die jungen Köche, auf deren weiße Schürzen der Bundesadler gestickt ist. Kartoffeln werden gewürfelt, Spargel gehobelt, in den Pfannen brutzeln die Kalbsbäckchen für den fünften Gang. Die Zeit ist knapp kalkuliert, die Abläufe wurden vorher genau geplant, jeder Griff muss sitzen. Der spannendste Moment komme aber erst kurz vorm Servieren, erklärt Teamchef Ronny Pietzner. Wenn alles auf die Teller kommt: „Da kribbelt dit!“ Klappt der Anschnitt bei der Roulade? Ist der Pudding gestockt? Kleckert jetzt jemand?

Die zwölf deutschen Nationalköche, darunter zwei Frauen, trainierten am Dienstagnachmittag im Dorint-Hotel. Es war die Generalprobe für den „Goldenen Löwen“ in Singapur, einer der fünf Top-Kochwettbewerbe der Welt. Die Aufgabe: in viereinhalb Stunden zu fünft ein Drei-Gänge-Menü für 85 Personen zubereiten. Das ehrgeizige Team meisterte die Herausforderung souverän und erntete Applaus beim Potsdamer Publikum, das am Abend testessen durfte. „Wir waren so gut wie nie“, resümierte der 28-jährige Teamchef stolz.

Bereits zum dritten Mal kocht die „Nationalzwölf“ im Dorint-Hotel. Die Köche aus ganz Deutschland, allesamt ehrenamtlich in der Mannschaft, haben sich zwei Tage Urlaub für das Training genommen. Pietzner leitet hauptberuflich die Kleinmachnower Bäkemühle. Steffi Kerber, mit 20 Jahren die Jüngste im Team, arbeitet sonst im Hilton in Dresden. Daniel Schöfisch hingegen leistet gerade Grundwehrdienst: Er kocht im „Gästekasino“ in Berlin für den Verteidigungsminister. Das „Maskottchen“ der Mannschaft ist der Dresdner Konditor Jens Gradel. Der setze am Abschluss des Menüs stets das „i-Tüpfelchen“, so Pietzner.

Kochen im Nationalteam ist Pietzners Traum seit zehn Jahren. „Damals war ich an der Berufsschule, hier in Potsdam. Ich habe einfach geschwänzt und bin zur Olympiade nach Berlin gefahren“, erzählt er. „Als ich die Deutsche Mannschaft bei der Siegerehrung gesehen habe, wusste ich genau: Da will ich auch hin! Das war ein Schlüsselerlebnis.“ Dass es wirklich so gewesen sein könnte, nimmt man dem charmanten Küchenmeister gerne ab. Seit gut einem Jahr ist er nun sogar Chef der Nationalmannschaft. Mit Energie, Begeisterung und einer gehörigen Prise Ironie versteht er es mitzureißen. Und weiß, dass ein gutes Menü nicht allein von der Qualität der Zutaten abhängt: „Harmonie in der Mannschaft ist das Wichtigste überhaupt“, sagt er. Die Stimmung im Team sei gut: „Wir sind hochmotiviert und gut vorbereitet.“ Im Februar haben die Nationalköche bereits einen kleineren Wettbewerb in Wales gewonnen. Trotzdem will Pietzner seine Gegner nicht unterschätzen: „Wir haben eine starke Schweizer Mannschaft. Dann Singapur mit Heimvorteil. Es wird schwierig.“

Am 25. April, wenn es in Singapur soweit ist, darf sich der Chef allerdings nicht in der Küche blicken lassen. Nur vom Rand des Spielfeldes kann er seiner Mannschaft dann Anweisungen zurufen – „genau wie Klinsmann“.

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