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Klimakiller. Vattenfall-Kraftwerk in der Lausitz.

© Patrick Pleul/dpa

Brandenburg und Vattenfalls Braunkohle: Woidke will Vattenfalls Kohle – CO2 soll unters Meer

Das Land Brandenburg und der schwedische Energiekonzern sind sich einig: Damit Brandenburg sein Klimaziel erreichen kann, soll der Klimakiller Kohlendioxid exportiert werden. Die Grünen nennen das Augenwischerei.

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Potsdam – Um die selbst gesteckten Klimaziele erreichen und weiter Braunkohletagebaue in der Lausitz genehmigen zu können, setzt Brandenburgs rot-rote Landesregierung auf den Export des Klimagiftes Kohlendioxid (CO2). Im Ausland soll das klimaschädliche Gas aus den brandenburgischen Kohlekraftwerken des Energiekonzerns Vattenfall unter dem Meeresgrund gelagert werden. Darauf haben sich am Dienstag in Potsdam der schwedische Staatskonzern und die Regierung von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) geeinigt. In einer Vereinbarung erklärte sich Vattenfall bereit, bis 2030 den CO2-Ausstoß seiner märkischen Kohlekraftwerke gegenüber 1990 um 72 Prozent zu reduzieren. Aus Sicht des Jahres 2012 bedeutet dies noch eine tatsächliche Einsparung von einem Fünftel des CO2-Ausstoßes.

Im Gegenzug sicherte Woidke dem Konzern volle Unterstützung bei den Speicherplänen zu. „Das heißt aber auch, dass das Land Vattenfall bei seiner Aufgabe helfen will“, sagte Woidke.

Die von Vattenfall angepeilte Einsparung deckt sich praktischerweise mit den Zielen der Energiestrategie des Landes, wonach der CO2-Ausstoß von landesweit derzeit jährlich fast 60 Millionen Tonnen auf 25 Millionen Tonnen im Jahr 2030 reduziert werden soll. Touomo Hatakka, Vorstandsvorsitzender des Europaablegers des Konzerns, machte am Dienstag aber klar, dass eine deutliche Reduzierung des Treibhausgases ohne die sogenannte CCS-Technologie (Carbon Capture and Capture) kaum zu schaffen sei. Die Pilotanlage zur Abscheidung von Kohlendioxid am brandenburgischen Kraftwerkstandort Schwarze Pumpe zeige, dass sich rund 90 Prozent des bei der Kohleverstromung entstehenden Klimagases abspalten lasse. Bleibe nur noch das „kleine Problem“, dass das CO2 irgendwo gespeichert werden müsse. Der Plan: Der Klimakiller CO2 aus Brandenburg soll unter die Nordsee gepumpt werden.

Ursprünglich wollte Vattenfall am Standort des veralteten und als besonders umweltschädlich geltenden Kraftwerks in Jänschwalde (Spree-Neiße) ein CCS-Demonstrationskraftwerk bauen und das anfallende CO2 in Ostbrandenburg unter die Erde pressen. Nachdem ein notwendiges Bundesgesetz zunächst lange nicht kam und dann unterirdische CO2-Endlager faktisch ausschloss, legte Vattenfall das Projekt auf Eis. Jetzt soll es neu aufgelegt werden – ohne Endlager in Deutschland.

Bei der Frage, wo das CO2 künftig verklappt werden soll, sieht Hatakka die Landesregierung am Zug. Am Dienstag verwies der Vattenfall-Europe-Vorstandschef auf eine von Brandenburg unterstützte Initiative, ein europaweites Pipeline-Netz aufzubauen, um bei der Energiegewinnung und in der Industrie anfallendes CO2 Richtung Küste abtransportieren zu können. Bislang wird Kohlendioxid offshore nur im Meer vor der Küste Norwegens verpresst. Allerdings handelt es sich dabei um CO2, das bei der Erdölförderung freigesetzt wird und gleich wieder in die Vorkommen unter dem Meeresboden gepumpt wird, um die dortigen Erdölreservoirs besser ausbeuten zu können.

Der Aufbau einer europaweiten Infrastruktur dürfte enorm teuer sein und viel Zeit kosten. Allerdings habe ihm der deutsche EU-Kommissar für Energie und einer der Vorkämpfer für das europaweite CO2-Netz, Günther Oettinger, erst vergangene Woche zugesichert, dass für den Aufbau der Pipeline europäisches Geld zur Verfügung stehe, berichtete Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) am Dienstag. Konkrete Pläne gibt es allerdings offenbar noch nicht.

Axel Vogel, Chef der Grünen-Landtagsfraktion, bezeichnete die Vereinbarung als Augenwischerei. „Weder ist erkennbar wie noch ab wann es damit zu einer Senkung des CO2-Ausstoßes kommen soll“, sagte er. In den vergangenen Jahren sei die Emission in Brandenburg durch die Braunkohleverstromung vielmehr kontinuierlich angestiegen, 2010 auf 56 Millionen Tonnen, 2011 auf 57 Millionen Tonnen. Auf den Bau eines Pipeline-Systems gen Skandinavien zu setzen, sei „reines Wunschdenken“.

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