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Firma Human Bioscience: Wirbel um Fördermittelbetrug

Das Land Brandenburg hat dem unter Betrugsverdacht stehenden amerikanisch-indischen Investor Human Biosiences (HBS) in Luckenwalde offenbar noch Fördergelder gezahlt, als dieser schon keine Löhne mehr zahlen konnte.

Potsdam - Wie das RBB-Politikmagazin „Klartext“ berichtet, war das Unternehmen HBS im September 2012 bereits insolvent, als die ILB nach einem Auszahlungsstopp im September 2012 Fördergelder in Höhe von 3,2 Millionen auszahlte „Im September 2012 sind die Löhne nicht gezahlt worden. Allerspätestens dann war klar, dass der Zustand der Zahlungsunfähigkeit erreicht war“, sagte der Insolvenzverwalter Joachim Voigt-Salus Klartext. Vermutlich sei dies aber schon viel früher der Fall gewesen. ILB-Sprecher Matthias Haensch sagte den PNN, zum Zeitpunkt der Auszahlung hätten Ministerium und Förderbank keine Anzeichen vorgelegen, dass die HBS insolvent war. „Wäre dies der Fall gewesen, hätte es keine Auszahlung gegeben“, sagte Haensch. Ähnlich äußerte sich am Abend Christoffers selbst.

Dennoch gibt es neue Vorwürfe, die Christoffers persönlich in Erklärungsnot bringen. ILB-Vorstand Tillmann Stenger hatte vergangene Woche erklärt, dass es bei HBS im Gegensatz zur Fördermittelaffäre um das Solarunternehmen Odersun keinen Druck und keine Weisungen durch das Wirtschaftsministerium gegeben habe. Doch laut dem Klartext-Bericht soll Christoffers persönlich in den Streit um die Auszahlung der Fördergelder zwischen der Landesförderbank ILB und der Firma eingegriffen und Vertraute intervenieren lassen haben. Wie Klartext berichtet, soll sich die Leiterin des Ministerbüros, also in aller Regel die engste Vertraute des Ministers, in die Sache eingeschaltet und die ILB zur Auszahlung der 3,2 Millionen Euro gedrängt haben, obwohl die Förderbank die Gelder wegen Betrugshinweisen aus Eis gelegt hatte. Christoffers’ Büroleiterin soll laut Klartext einen Beamten beauftragt haben, bei der ILB Druck zu machen. Demnach wies der Beamte die ILB darauf hin, dass sich die HBS über die schleppende Arbeitsweise beschwert und die Auszahlung der Fördermittel abgemahnt habe. Die zuständige Mitarbeiterin für Regionalförderung und Gewerbe bei der ILB blieb hart. Klartext zitiert aus ihrer E-Mail an den Ministerialbeamten, dass die ILB aus allen Gutachten den Schluss ziehe, „dringend von weiteren Zahlungen Abstand zu nehmen“.

ILB-Vorstand Tillmann Stenger hatte vor einer Woche im Wirtschaftsausschuss des Landtages dagegen erklärt, die Hinweise auf Betrug bei der HBS seien bei den eigenen Überprüfungen entkräftet worden. Zudem habe sich die ILB am Tag vor der Auszahlung der 3,2-Millionen-Teilrate bei der Staatsanwaltschaft rückversichert, es habe keinen Hinweis auf staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegeben.

Tatsächlich musste sich die ILB nach PNN-Recherchen gegenüber der Staatsanwaltschaft wieder korrigieren und festhalten, dass sie ihre Entscheidung zur Auszahlung der Fördertranche keineswegs von dem damaligen Anruf abhängig gemacht habe. „Das Ermittlungsverfahren war seinerzeit offen und ist immer noch offen. Unsere Beamten hatten keinen Anlass gehabt, eine gegenteilige Auskunft zu geben“, sagt ein Sprecher der Staatsanwaltschaft den PNN.

Die HBS in Luckenwalde (Teltow-Fläming) wollte 40 Millionen Euro investieren und ein Werk für angeblich besonders heilsame Wundpflaster herstellen, deren Wirkung aber bereits im Jahr 2011 von der US-Gesundheitsbehörden in Zweifel gezogen worden war. Mit 13,6 Millionen Euro wollte das Ministerium das Vorhaben fördern. Die erste Tranche, genau 3,3 Millionen Euro, war im April 2011 geflossen. Im Frühjahr 2012 stoppte die ILB die Auszahlung und legte alle Gelder auf Eis. Der Grund war Betrugsverdacht, weil gefälschte Rechnungen für Maschinen auftauchten. Die Staatsanwaltschaft wurde informiert. Dennoch sind die Gelder wenige Monate später freigegeben worden.

Zudem sind weitere Umstände dieses Falls dubios, die Investoren waren alles andere als seriös. Die HBS konnte kein gesichertes Eigenkapital oder Bankbürgschaften nachweisen, Ministerium und ILB waren im September 2012 – bei der Freigabe der gesperrten Fördertranche – aber mit der Bestätigung einer Steuerberatungsgesellschaft zufrieden, wonach eine „geschlossene Gesamtfinanzierung“ für die HBS vorliegt.

Auch vom Umstand, dass ein Firmenchef 2006 in den USA ausgerechnet wegen Fördermittelbetruges verurteilt worden war, ließen sich ILB und Ministerium offenbar nicht beunruhigen. Denn, so sagte es ILB-Vorstand Stenger, die Firma hätte entlastende Dokumente vorgelegt.

Bei einer Razzia vor zwei Wochen fanden die Ermittler dann gefälschte Rechnungen und Lieferscheine über 6,52 Millionen Euro. Beide Firmenchefs sitzen in Untersuchungshaft. Ein Großteil der Fördergelder für nie gekaufte Maschinen ist nach Indien und in die USA geflossen.

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