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Die Entscheidung wurde nach dem Koalitionsausschuss in Potsdam mitgeteilt.

© Thorsten Metzner

Update

Entlastungen für Familien, Unternehmen, Sozialeinrichtungen: Brandenburgs Koalition kündigt Notlage und Milliarden-Paket an

Das Land spannt einen Zwei-Milliarden-Rettungsschirm zur Entlastung in der Krise. Das Ausrufen der Notlage ermöglicht neue Kredite – trotz Schuldenbremse.

| Update:

Wegen der Energie- und Preiskrise spannt die von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) geführte rot-schwarz-grüne Koalition in Brandenburg nun doch einen Zwei-Milliarden-Rettungsschirm – und ruft dafür, wie in der Pandemie, auf Landesebene die Notlage aus.

Das teilten Woidke, Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne), Innenminister Michael Stübgen (CDU) und Finanzministerin Katrin Lange (SPD) am Montag nach einer kurzfristig einberufenen Sitzung des Kenia-Koalitionsausschusses mit.

„Wir als Koalition stehen dafür, dass dieses Land möglichst gut durch die kommenden Monate, durch die kommenden Jahre kommt“, sagte Woidke. Viele seien in Sorge, ob sie ihre Energierechnungen bezahlen können. „Wir stehen dafür, dass die Menschen sich diese Energiepreise leisten können.“

Nun ist der Landtag gefordert. Erst eine vom Parlament beschlossene „außergewöhnliche Notlage“ ermöglicht es der Regierung, trotz der in der Verfassung verankerten Schuldenbremse erneut Milliardenkredite aufzunehmen. Sie soll für die Jahre 2023 und 2024 erklärt werden. Die Kreditaufnahme ist „nach derzeitigem Stand“ in Höhe von 2 Milliarden Euro vorgesehen, hieß es.

Entlastungen für Familien, kleine Unternehmen, Sozialeinrichtungen

Rund eine Milliarde Euro aus diesem sogenannten „Brandenburg-Paket“ soll dazu dienen, den Landesanteil am 200-Milliarden-Entlastungspaket des Bundes aufzubringen. Für die andere Milliarde hat die Kenia-Koalition zunächst grob Bereiche definiert, für die Hilfen vorbereitet würden:

„Unterstützungsschwerpunkte sind die Bürgerinnen und Bürger als Verbraucher – hier insbesondere die Entlastung von Familien – sowie die Wirtschaft in Form der kleinen und mittleren Unternehmen, die kritische Infrastruktur, Verkehrsbetriebe, soziale Einrichtungen in den Kommunen sowie Maßnahmen zur Unterstützung von Transformationsprozessen, z.B. in kommunalen Energieunternehmen.“

Es wird nicht so sein, dass wir mit der Gießkanne durchs Land ziehen können.

Dietmar Woidke, Ministerpräsident

Details wurden allerdings nicht genannt. Sie sollen erst festgelegt werden, wenn definitiv fest steht, was das 200-Milliarden-Paket des Bundes mit dem Energiepreisdeckel alles abdecken wird. „Ich hoffe, dass wir vom Bund da sehr schnell Klarheit bekommen“, mahnte Woidke. „Es wird nicht so sein, dass wir mit der Gießkanne durchs Land ziehen können.“

Der Landesschirm ist als Ergänzung gedacht. Es sei absehbar, „dass wir Lücken schließen müssen“, so Nonnenmacher. Stübgen wies daraufhin, dass beim Bevölkerungsschutz dringend nachgebessert werden müsse. Doppelförderungen schließt die Kenia-Koalition jedenfalls aus: „Was EU und der Bund abdecken, deckt das Land nicht ein zweites Mal ab.“

Und als Bedingung ist festgelegt, dass die Unterstützung „direkten Bezug“ zur Ursache der Notlagenerklärung haben muss, also zu den hohen Energiepreisen. Das könnten etwa Hilfen sein, so Woidke, damit Vereine trotz höherer Betriebskosten Sporthallen weiter betreiben können.

Die Hilfe-Rufe von allen Seiten, ob von Handwerksfirmen, Sportvereinen oder den Tafeln im Land, werden lauter. Lange stellte auf Nachfrage klar, dass in Brandenburg billigere Nahverkehrstickets, wie das in Berlin aufgelegte 29-Euro-Ticket, als Teil des Rettungsschirms nicht vorgesehen seien. „Nein, das ist kein Thema“, sagte Lange. Vorrang habe es, den bestehenden ÖPNV durch die Energiekrise zu bringen. „Wir wollen alle Strecken im Land halten, damit Züge nicht nur im Berliner Umland fahren.“

Bislang wollte Woidke keine Notlage allein für Brandenburg ausrufen

Es ist ein Schwenk der Landesregierung. Woidke hatte das Ausrufen der Notlage auf Landesebene – seit Wochen von der Linke-Opposition gefordert – bislang strikt abgelehnt – und stattdessen vom Bund das Erklären einer nationalen Notlage gefordert. Den Sinneswandel erklärte Woidke damit, dass der Bund einen anderen Weg zur Finanzierung seines 200-Milliarden-Paketes gewählt habe. Nun konnte und wollte die Landesregierung nicht länger warten, zumal von allen Seiten der Druck wächst.

Für diese Woche haben die wichtigsten Sozialverbände im Land zu einer Großdemonstration nach Potsdam gerufen. Nach dem jüngsten Brandenburg-Trend wächst bei den Brandenburgern massiv die Angst vor den höheren Energiepreisen, wird die Stimmung im Land schlechter, ist die AfD bereits mit der SPD gleichgezogen.

Brandenburgs Landesregierung hatte jüngst bereits den Entwurf des Doppelhaushaltes für 2023/2024 vorgelegt, mit dem das Land – noch ohne Rettungsschirm – in beiden Jahren Ausgaben von 33,3 Milliarden Euro plant. De facto will die Kenia-Koalition den Koalitionsvertrag von 2019 komplett umsetzen. Nun kommen 2 Milliarden Euro aus dem Rettungsschirm oben drauf.

Sie sollen laut Lange im weiteren parlamentarischen Verfahren in den Haushalt integriert werden. Brandenburg wird bis 2024 damit jährlich 17 Milliarden Euro ausgeben – doppelt so viel wie frühere Regierungen noch die Finanzkraft des Landes einschätzten. Und Finanzministerin Lange rechnet damit, dass die zwei Milliarden Euro für den Rettungsschirm wahrscheinlich nicht ausreichen: „Wir befinden uns erst am Anfang der Krise.

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