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Führungskraft. Ingo Senftleben ist neuer Vorsitzender der CDU-Fraktion im Landtag Brandenburg. Statt auf eine herausgehobene Stellung für sich selbst, setzt er auf eine starke CDU-Fraktion als Team.

© dpa

Brandenburg: Senftleben und sein Team

Der neuer CDU-Fraktionschef will nicht einfach der neue starke Mann der Opposition sein

Potsdam - In Brandenburgs größter Oppositionsfraktion wird jetzt umgebaut. Für die CDU im Landtag wird nach den gescheiterten Koalitionssondierungen mit der SPD am heutigen Mittwoch Ingo Senftleben als neuer Fraktionschef die Regierungserklärung von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) parieren. Der 40-Jährige erhielt bei seiner Wahl zum Fraktionschef am Dienstag 16 von 20 Stimmen, bei vier Gegenstimmen – was für die lange zerstrittene CDU ein respektables Ergebnis ist. Senftleben löst Landesparteichef Michael Schierack als Oppositionsführer im Parlament ab, mit dem er künftig zusammenarbeiten will. Schierack war als Fraktionschef zurückgetreten, nachdem er von der SPD für die gescheiterte Regierungsbildung verantwortlich gemacht wurde, weil er nicht Minister werden wollte. Am Dienstag war er aus persönlichen Gründen nicht anwesend.

Zum neuen stellvertretenden Vorsitzenden wählte die CDU-Fraktion Henryk Wichmann aus der Uckermark – allerdings nur äußerst knapp. Auf ihn entfielen elf Ja-Stimmen, neun Abgeordnete stimmten gegen Wichmann. Senftleben erklärt, er schätze Wichmann wegen seines Engagements für Bürgeranliegen. Wenn andere aber erst abwarten wollten, wie er sich mache, sei das ehrlich.

Senftleben, gelernter Maurer und Brückenbauer, kündigte an, mit Geduld, Gelassenheit, aber klarer Orientierung Politik im Landtag machen zu wollen. Zugleich warb er auch um eine Abrüstung im lange Zeit angespannten Verhältnis zwischen der regierenden rot-roten Koalition und der Union. „Wenn in diesem Land gemeinsam Verantwortung getragen werden muss, werden wir auch zur Verfügung stehen“, sagte Senftleben. Es gehe darum, auch vor Abstimmungen im Plenum vertraulich eingebunden zu werden. Wo es nötig sei, werde sich die CDU abgrenzen. Gemeinsame Anträge mit der Alternative für Deutschland (AfD) werde es nicht geben. „Wir werden inhaltlich entscheiden, wie wir abstimmen.“

Senftleben ist der vierte CDU-Fraktionschef binnen drei Jahren, gilt als pragmatisch und bodenständig, einer, der Land und Menschen versteht. Von 2003 bis 2014 war er Bürgermeister in der Kleinstadt Ortrand, der südlichsten Gemeinde Brandenburgs, „wo es nicht so hektisch ist wie in Potsdam“. Im Landtag sitzt er seit 1999, machte sich als Bildungspolitiker und im Amt des Parlamentarischen Geschäftsführers der Fraktion als Strippenzieher einen Namen.

Senftleben selbst sieht sich aber nicht als neuen starken Mann der CDU, sondern will die Fraktion als Team stärken. „Ich möchte, dass in dieser Fraktion jeder, der mitmachen möchte, mitmachen kann.“ Dafür setzte er in Absprache mit den Abgeordneten durch, dass die Posten als fachpolitischer Sprecher von denen als Ausschussvorsitzende getrennt werden.

Davon profitiert Sven Petke, einst Generalsekretär der Brandenburg-CDU, Vize-Landeschef und bis 2011 Vize-Fraktionsvorsitzender und bisher in der Fraktion lediglich für Sport zuständig. Er soll für die CDU-Fraktion neuer Vorsitzender des Haushalts- und Finanzausschusses werden. Er hatte Schierack schon während der Sondierungen mit der SPD eng beraten und hielt – obwohl er vordergründig in der vergangenen Legislatur unauffällig war – die strategisch wichtigen Gesprächsfäden zu den Sozialdemokraten.

Grünen-Fraktionschef Axel Vogel kritisierte, es sei ein Unding, dass Petke den Vorsitz im sogenannten Königsausschuss des Landesparlamentes übernehme. Dafür seien nur Vollzeitpolitiker geeignet. Vogel verwies auf die Tätigkeit von Petke als Lobbyist in Osteuropa für den Bahnhersteller Bombardier, der auch in Brandenburg ein Werk unterhält. Rechtlich ist die Tätigkeit Petkes legitim. Aus der CDU hieß es, es gebe keine Interessenskollision.

Keine wichtige Rolle spielt dafür nun Ludwig Burkardt mehr. Der Kleinmachnower war bislang finanzpolitischer Sprecher der Fraktion und Chef des Haushaltsausschusses – und wollte dies auch bleiben. Senftlebens Vorgabe lehnt er strikt ab. Auf Facebook erklärte er, nicht mehr finanzpolitischer Sprecher sein zu wollen, da er nicht für die CDU den Vorsitz im Haushaltsausschuss übernehmen dürfe. Senftleben sagte dazu: „Ich nehme jeden gerne mit, aber ich sage es auch ganz klar: Die Fraktion ist wichtiger als der Einzelne.“ Finanzpolitischer Sprecher wird dafür der Potsdamer Steeven Bretz. Er wird zugleich Vorsitzender des Ausschusses für Infrastruktur und Landesplanung.

Ein Comeback gibt es unter Senftleben in der CDU auch für die frühere und 2012 gestürzte Partei- und Fraktionschefin Saskia Ludwig. Sie wird stellvertretende Vorsitzende des wichtigen Hauptausschusses, der direkt der Spitze der Landesregierung, der Staatskanzlei, entgegengestellt wird. Senftleben will ausdrücklich nicht den Vize-Vorsitz im Hauptausschuss einnehmen, der ihm traditionell zustünde. Er wird aber Mitglied, um als Oppositionsführer und nicht an die Neutralitätspflicht gebunden freier agieren zu können. Für die SPD wird Fraktionschef Klaus Ness den Hauptausschuss leiten. Sprecherin für Kommunales und damit in der CDU zuständig für die von Rot-Rot angekündigte Gebietsreform wird Barbara Richstein.

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