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In der PCK-Raffinerie im brandenburgischen Schwedt wird seit Jahrzehnten russisches Öl verarbeitet. 

© REUTERS

Sanktionen gegen Russland greifen: Was das Öl-Embargo für die PCK-Raffinerie in Brandenburg bedeutet

Ab Montag greift das nach dem Angriff auf die Ukraine verhängte Embargo. Die Folgen sind komplex, auch für PCK in Schwedt – Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Gut neun Monate nach dem russischen Angriff auf die Ukraine macht die Europäische Union ernst. Ab Montag soll schrittweise ein Öl-Embargo gegen Russland greifen. Zugleich haben die EU und ihre G7-Partner einen Ölpreisdeckel beschlossen. Ziel ist, die Kriegskasse des Kreml auszutrocknen und die Energiepreise weltweit zu stabilisieren.

Aber schneiden sich die Europäer damit nicht ins eigene Fleisch? In Deutschland fürchten einige wegen des Embargos mitten in der Gas- und Stromkrise auch noch Engpässe und höhere Preise an den Tankstellen. Besonders groß sind die Sorgen in der PCK-Raffinerie im brandenburgischen Schwedt, die seit Jahrzehnten russisches Öl verarbeitet.

Die wichtigsten Fragen und Antworten

Wie ist der Zeitplan?
Im Anschluss an den Start des EU-Embargos und des Preisdeckels an diesem Montag folgen zwei weitere Schritte: Nach dem Stopp der Seeimporte will Deutschland bis zum Jahresende auch auf russische Öl-Lieferungen über die Pipeline „Druschba“ (Freundschaft) verzichten. So hat es Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei einem EU-Gipfel Ende Mai in einer Protokollnotiz zugesagt. Ab 5. Februar gilt dann EU-weit auch ein Importstopp für verarbeitete Produkte wie Diesel oder Kerosin aus Russland.

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Hat Deutschland ohne Russland genug Öl – auch für die Raffinerie in Schwedt?
Vor Beginn des Ukraine-Kriegs deckten Ölimporte aus Russland rund 35 Prozent des deutschen Bedarfs. Grob gesagt kam davon ein Drittel per Tanker, zwei Drittel flossen über die Druschba in die ostdeutschen Raffinerien in Leuna und Schwedt. Laut Wirtschaftsverband Fuels und Energie sanken die Rohölimporte aus Russland bis Oktober 2022 auf 16 Prozent. Ersatz kommt aus Großbritannien, den USA und Kasachstan. Der Branchenverband geht davon aus, dass das vom EU-Embargo betroffene russische Tankeröl rechtzeitig vollständig ersetzt wird.

Wie wird sich das Öl-Embargo in Brandenburg auswirken?
Kritiker warnen, dass Verbraucher den deutschen Verzicht auf russisches Pipeline-Öl ab 1. Januar an der Zapfsäule zu spüren bekommen, und das vor allem in Ostdeutschland. Hintergrund ist die besondere Lage in der PCK-Raffinerie im brandenburgischen Schwedt. Das Werk mit 1200 Mitarbeitern verarbeitet seit Jahrzehnten russisches Öl aus der Druschba und versorgt damit weite Teile Mecklenburg-Vorpommerns, Brandenburgs und die Hauptstadt Berlin, einschließlich des Flughafens BER.

Noch immer ist nicht klar, woher künftig das Öl zur vollen Auslastung des PCK kommen soll. Das liegt auch daran, dass die Mehrheitseigner – zwei Töchter des russischen Staatskonzerns Rosneft – lange kein Interesse an einer Abkehr vom russischen Öl zeigten. Seit Mitte September stehen sie unter Treuhandkontrolle des Bundes. Die Regierung sucht sehr angestrengt alternative Ölquellen für Schwedt.

Polen springt dankenswerterweise ein, da die Bundesregierung offenbar unfähig ist, die Energieversorgung sicherzustellen.

Sepp Müller, stellv. Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU im Bundestag

Welche Optionen gibt es für das PCK?
Bis zu 55 Prozent des Bedarfs im PCK sollen über Tanker nach Rostock und von dort über eine bestehende Pipeline nach Schwedt gebracht werden. Mehr schafft die Leitung derzeit nicht. Deshalb verfolgt die Bundesregierung zwei weitere Möglichkeiten: Kasachisches Öl könnte über die Druschba geliefert werden. Und zusätzliches Tankeröl könnte über den polnischen Hafen Danzig kommen. Über diesen versorgt sich künftig auch die ostdeutsche Raffinerie in Leuna. Deren französischer Besitzer Total hatte schon im Frühjahr entschieden, ab Jahresende kein russisches Öl mehr zu kaufen, und will dies nach jüngsten Angaben auch durchziehen.

Beim PCK hatte Polen wegen der Rosneft-Beteiligung lange Vorbehalte. Nach zähen Verhandlungen verkündete Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Donnerstag dann einen Durchbruch: Polen sagte grundsätzlich zu, dass künftig auch Schwedt über Danzig Öl bekommen könnte. Die Menge blieb jedoch offen. Habecks Staatssekretär Michael Kellner reist deshalb an diesem Montag für „vertiefte Gespräche“ nach Polen.

Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) hatte nach der Zusage Polens seine Erwartungen an die Gespräche bereits formuliert. „Damit ist von der Bundesebene ein notwendiger Schritt gegangen und die Voraussetzung dafür geschaffen worden, dass nun konkrete Liefermengen ausgehandelt werden können“, sagte Steinbach. Es zeige, dass im Hintergrund weiter an einer Lösung des Problems gearbeitet werde.

Bundeswirtschaftsminister Habeck hatte erklärt, Ziel sei eine Versorgung der Raffinerien beider Länder mit „ausreichenden Mengen von Rohöl“. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Sepp Müller, sagte, es wäre für Deutschland ein Segen, wenn Polen bei der Lieferung von Rohöl einspringen würde. Die Raffinerie in Schwedt sei für die Sprit- und Bitumenversorgung in Deutschland enorm wichtig. „Polen springt dankenswerterweise ein, da die Bundesregierung offenbar unfähig ist, die Energieversorgung sicherzustellen. Unfähig, eine zusätzliche Pipeline von Rostock nach Schwedt innerhalb von acht Monaten zu bauen.“ (dpa)

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