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Landespolitik Brandenburg: Platzeck gibt Rätsel auf

Matthias Platzeck hat nach seinem Schlaganfall und Genesungsurlaub am Montag den Dienst wieder angetreten – und bereitet den Wechsel vor. Wie schnell, das wird die SPD am Montagabend klären.

Potsdam - Für Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) ist es eine Lebensentscheidung, für Brandenburg rückt eine Zeitenwende näher: Der 59-Jährige, der am Montag nach seinem Schlaganfall und dem anschließenden dreiwöchigen Genesungsurlaub die Amtsgeschäfte wieder aufgenommen, wird nach der Rückkehr Regierungschef und auch Aufsichtsratsvorsitzender des Flughafens bleiben. Er habe sich, so hieß es vor diesem Montag übereinstimmend aus informierten Kreisen, von den Folgen des Schlaganfalls weitererholt, sogar schneller, als es seine Ärzte erwartet hatten. Zugleich verdichten sich nach PNN-Recherchen aber Hinweise, dass Platzeck seinen Rückzug vorbereitet, offenbar spätestens zur Landtagswahl im Herbst 2014.

Wie schnell der Wechsel vollzogen werden soll an der Spitze von Landes-SPD und Landesregierung, das wird sich am Montagabend klären. Denn die SPD-Spitze hat in Potsdam zur Krisensitzung geladen: In Potsdam treffen sich um 17 Uhr im Landtag die komplette Fraktion und der Landesvorstand der SPD. Um 19 Uhr soll die Presse über die Ergebnisse informiert werden.

Eine solche gemeinsame Sitzung an solch einem Tag noch dazu mitten in der Sommerpause ist ungewöhnlich. SPD-Generalsekretär Klaus Ness teilte am Montag lediglich mit, dass Parteichef Platzeck und Fraktionschef Ralf Holzschuher zu der Sitzung eingeladen haben. Über die Tagesordnung und Anlass verlor er in seiner sechszeiligen Mitteilung kein Wort.

Die ersten Termine hatte Platzeck laut Aussage der Vize-Regierungssprecherin Gerlinde Krahnert in Berlin. Ob bei der Bundespartei oder im Zusammenhang mit der Flughafengesellschaft, deren Aufsichtsrat Platzeck vorsitzt, war zunächst nicht bekannt.

Bislang geht man in Potsdam aber noch davon aus, dass Platzeck noch im Amt bleibt, im nächsten Jahr aber nicht nocheinmal als SPD-Spitzenkandidat für die SPD antreten wird. Für die nächste Legislatur stünde Platzeck damit nicht mehr als Ministerpräsident zur Verfügung. Er ist seit 23 Jahren in der brandenburgischen Politik, Minister seit 1990, zwischenzeitlich Oberbürgermeister im damals krisengeschüttelten Potsdam, seit 2002 Regierungschef, nach Klaus Wowereit der dienstälteste Deutschlands.

Eine Bestätigung, dass Platzeck mittelfristig aufhören will, gibt es allerdings nicht. Er hat dies in den letzten Tagen gegenüber Dritten signalisiert. Einzelheiten sind offen, da offenbar Abstimmungen mit der SPD-Führungsspitze nötig sind. Platzeck will, so hatte er Ende Juni öffentlich angekündigt, nach der Rückkehr aus dem Urlaub entscheiden, ob und wie er nach dem Schlaganfall seine Ämter weiter ausüben kann. Und darauf verweisen Staatskanzlei und SPD-Landesverband.

Inzwischen ist Platzecks Entschluss, in enger Abstimmung mit seinen Ärzten, dem Vernehmen nach gereift. Entsprechend seinem preußisch geprägten Politik- und Amtsverständnis einerseits und in der Abwägung mit den Risiken nach dem Alarmsignal des Schlaganfalls andererseits scheint es auf folgende Prämissen hinauszulaufen: Er will einen geordneten Übergang, um das Land und seine Partei nicht in unberechenbare Turbulenzen zu stürzen. Platzeck tendiere, so erfuhr die PNN, zu einer „klaren Ankündigung“, sodass sich alle auf „eine Perspektive“ einstellen können. Auf der anderen Seite wolle er, so hieß es, als Ministerpräsident Angepacktes zu Ende bringen, etwa das aus dem Ruder gelaufene Flughafenprojekt dem Nachfolger nicht als Bürde hinterlassen. Dies lasse, so sollen es die Ärzte abgesegnet haben, sein Gesundheitszustand auch zu. Eine Teilabgabe von Ämtern, etwa nur des BER-Aufsichtsratsvorsitzes, über die spekuliert wird, stand für Platzeck und seine engsten Berater wohl nie zur Debatte. Ein Verzicht allein auf den SPD-Vorsitz, wie einige empfehlen, hingegen würde kaum reale Entlastung bringen.

Bislang gilt Platzeck für die SPD in Brandenburg, die seiner Popularität die Wahlsiege verdankt, als unverzichtbar. Die Sozialdemokraten blieben selbst nach dem BER-Fiasko in allen Landtagswahl-Umfragen stärkste Partei. Platzeck wollte 2014 noch einmal als SPD-Spitzenkandidat antreten. Die Nominierung ist bislang für April 2014 vorgesehen. Nun könnte es darauf hinauslaufen, dass Innenminister Dietmar Woidke, intern seit etwa 2010/2011 eine Art Kronprinz Platzecks, Spitzenkandidat und vom scheidenden Ministerpräsidenten im Wahlkampf unterstützt wird. Alternative wäre ein kurzfristiger Stabwechsel, wie 2002 vom damaligen SPD-Ministerpräsidenten Manfred Stolpe an Platzeck, was aber nicht zuletzt wegen des BER-Debakels mit Risiken verbunden wäre.

So wächst die Spannung, was Platzeck nach seiner Rückkehr in eigener Sache verkünden wird. Öffentliche Regierungstermine mit ihm für die nächste Woche stehen bisher nicht im Kalender. Fest steht nur, dass er wie üblich die Kabinettssitzung am Dienstag leiten wird. Und doch wird diesmal alles anders sein. (mit pet)

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