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Brandenburg: Geliebte Revolution

Huldigung einer Ikone: Die Bürgerrechtlerin Angela Davis zu Besuch in Berlin

Huldigung einer Ikone: Die Bürgerrechtlerin Angela Davis zu Besuch in Berlin Berlin - In diesem Saal fühlt sie sich sofort wohl. Freudig strahlend liest Angela Davis die Sprüche auf Transparenten über den gut 600 Besuchern, die im Vorlesungssaal der Karlshorster Fachhochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin sitzen und gebannt auf die schöne Frau mit dem imposanten Afro-Lockenkopf auf der Bühne schauen. „Stop US-Terrorism", liest sie und nickt zustimmend, „Cuba Si" und „Lust auf Veränderung" steht auf anderenTransparenten. „Ich bin sehr bewegt", sagt Angela Davis. Und wird später hinzufügen: „Dieser Abend erinnert mich an meinen Besuch in Berlin, als es noch Hauptstadt der DDR war." Was sie als Lob meint, und was vom applaudierenden Publikum auch so verstanden wird. Am Samstag war die Bürgerrechtlerin und jahrzehntelange Kämpferin für ein sozialistisches Amerika in Berlin zu Besuch, als Gast der zehnten Rosa-Luxemburg-Konferenz, die die marxistische Tageszeitung „Junge Welt" veranstaltete. Es ist ein Heimspiel. Davis, die als Soziologieprofessorin an der Universität von Kalifornien lehrt, sich aber besonders als politische Aktivistin einen Namen gemacht hat, wird hier gefeiert wie ein Popstar. „Ihr Name hat eine Aura, die Zeiten und Wenden trotzt", sagt einer ihrer Verehrer zur Begrüßung. Es ist Wolfgang Ritter, der Vorsitzende der Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrechten und Menschenwürde (GBM), die sich nach dem Ende der DDR als Vertreterin ehemaliger Funktionsträger des Regimes gegründet hat. Ritter überreicht Davis den so genannten Menschenrechtspreis seiner Gesellschaft und preist sie als Vorkämpferin gegen die „imperialistische Globalisierung". Sie habe sich für die Bürgerrechte eingesetzt, wie zuvor die anderen GMB-Preisträger. Fidel Castro beispielsweise. Für viele im Saal ist es die Begegnung mit einer persönlichen Ikone, die sie seit den 70er Jahren verehren. Einige Ältere haben Bücher zum Signieren mitgebracht, die an die Kampagne erinnern, die Angela Davis ab 1970 in der DDR und der westdeutschen Linken zur Symbolfigur werden ließ. Die kämpferische Hochschullehrerin war damals in den USA fälschlicherweise unter Mordanklage gestellt worden und erst 1972 als Ergebnis der internationalen Solidaritätskampagne wieder freigelassen und für unschuldig erklärt worden. Das hat die 60-Jährige ihren Unterstützern vor allem aus der DDR bis heute nicht vergessen. „Ich fühle mich unter alten und neuen Freunden", ruft sie. Und dann hält sie eine flammende Rede über den Zustand der kapitalistischen Welt. Die Gefängnisse in den USA sieht sie als politische Unterdrückungsapparate. Mit Lob bedenkt sie Kuba, „das wir, die an den Sozialismus glauben, als Inspiration brauchen". Skeptisch zeigt sich am Schluss nur eine Frau aus dem Publikum. Sie will von Angela Davis wissen, wie sie die Situation der politischen Gefangenen auf Kuba einschätze. Davis'': „Die Gefangenen in den USA und Europa sind sozial viel isolierter als die in Kuba." Zwar wolle sie am liebsten alle Gefängnisse abschaffen, „aber es gibt eben solche und solche". Damit stimmt das Weltbild ihrer Anhänger wieder. Lars von Törne

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