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Die Lehrer Laura Nickel und Max Teske.

© Andreas Franke

Angefeindete Lehrer: Die Brandenburger Politik darf ländliche Räume nicht sich selbst überlassen

Der Weggang der beiden Lehrer aus Burg zeigt, dass Brandenburg in ländlichen Teilen ein Demokratieproblem hat. Die Landesregierung muss die politische Kultur in der Peripherie stärken.

Ein Kommentar von Christoph Zempel

| Update:

Brandenburg hat ein Rechtsextremismusproblem. Vor allem in seinen ländlichen Räumen, gerade im Süden. Das ist nicht erst seit Kurzem bekannt. Und doch hat die Politik zu lange Scheuklappen vor den Augen gehabt, lediglich anlassbezogen reagiert. Der angekündigte Fortgang der beiden Lehrer aus Burg nach der Hetze aus dem rechtsextremen Milieu ist ein Drama – und kommt dabei nicht einmal überraschend.

Schon als sich die beiden Lehrer mit ihrem Brandbrief an die Öffentlichkeit wandten und sich kurze Zeit später mit Namen dazu bekannten, war absehbar, dass sie mit Anfeindungen zu kämpfen haben werden. Niemand darf sich in Zeiten, in denen Hass und Hetze florieren, darüber wundern. Auch die Lehrer befürchteten schlimme Folgen, als sie im Mai in einem Interview mit dieser Zeitung sagten, sie müssten mit Morddrohungen rechnen. Umso tragischer ist es, dass sie im Verlassen der Schule den einzigen Ausweg sehen, um sich und ihr Umfeld zu schützen. Bei den Behörden – von der Kommune bis zum Bund – müssen nun alle Alarmglocken schrillen.

Es mag sein, dass Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD) glaubt, mit öffentlichen Solidaritätsbekundungen und Gesprächen der Schulbehörden mit Lehrern und Eltern sei ausreichend getan worden. Dennoch hat er zwei Monate gebraucht, um sich Zeit für ein persönliches Gespräch mit Laura Nickel und Max Teske zu nehmen. Natürlich wäre es viel zu einfach, nur das Land oder Minister Freiberg verantwortlich zu machen. Es entsteht jedoch nach wie vor der Eindruck, dass staatliche Akteure den Ernst der Lage nicht vollends begriffen haben.

Staat ist in ländlichen Regionen kaum präsent

Der Staat dringt in ländlichen Regionen wie im Spreewald kaum mehr durch. Das Misstrauen in seine Institutionen ist groß, autoritäres Denken und Ausländerfeindlichkeit sind verbreitet. Das hat gerade erst eine repräsentative Studie der Universität Leipzig gezeigt. Für zu viele endet das Interesse an den Grenzen der eigenen Lebenswelt. Damit einher geht der schwindende Einfluss der Massenmedien in solchen Regionen. Wenn zugleich rechtsextreme Lautsprecher wie jene der AfD das Meinungsbild einer politisch zu wenig interessierten Bevölkerung prägen, erzeugt das ein Freund-Feind-Denken, das die Demokratie bedroht. Das zeigen nicht zuletzt die hohen Umfragewerte der AfD.

Es ist Aufgabe des Staates, dafür zu sorgen, dass sich mehr Menschen für die Demokratie und gegen den Rechtsextremismus engagieren. Von klein auf an müssen Kinder Medien- und Demokratiekompetenz lernen, damit sie den extremen Lautsprechern nicht ins Netz gehen. Von Anfang an müssen angehende Lehrende durch Fortbildungen gut gewappnet werden für den Umgang mit Extremismus an Schulen. Und der Staat muss nun eine umfassende Strategie vorlegen, um die Bürgerkultur in ländlichen Räumen stärker zu entwickeln. Zivilgesellschaftliche Akteure muss die Politik dabei zwingend ins Boot holen. Die Zeit des Problemausblendens und der Floskeln muss vorbei sein.

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