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Alles zweifelhaft. Die umstrittene Förderung von Human Bioscience und auch das Pflaster dieser Firma, das laut „Klartext“ in den USA als Heilmittel gar nicht zugelassen ist. Minister Christoffers Kommentar: „Man wird kriminelle Energie nie ausschließen können.“

© dpa

Brandenburg: Der Verwundete

Wirtschaftsminister Christoffers weiter unter Druck, weil das Land schon wieder auf Betrüger hereinfiel

Potsdam - Nach dem Resort Schwielowsee um den inzwischen verurteilten Hotelier und früheren Stasi-Geschäftsmann Axel Hilpert ist Brandenburg erneut auf Fördermittel-Betrüger hereingefallen. Diesmal geht es wie berichtet um die Firma Human Bioscience (HBS), die in Luckenwalde ein neues Werk für angeblich heilende Wundpflaster hochziehen wollte, und dafür vom Land 6,5 Millionen Euro erhielt. Das Geld ist verschwunden, die Firma pleite, die Manager sitzen in Untersuchungshaft. Immer neue Einzelheiten werden bekannt. Und in immer größere Erklärungsnöte geraten die Landesförderbank (ILB) und Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke).

Christoffers, der bereits seit Wochen unter Druck steht, weil er der Firma Odersun kurz vor deren Pleite eine Drei-Millionen-Rettungsbeihilfe hatte überweisen lassen, sagte zu den Entwicklungen um HBS: „Man wird kriminelle Energie nie ausschließen können.“ Und: „Ich sehe weder Grund noch Anlass, zurückzutreten.“ Das werde er auch in der Sondersitzung des Landtages deutlich machen, die die CDU-Opposition wegen der beiden Förderpleiten beantragte. Er schloss allerdings nicht aus, dass als Konsequenz aus dem aktuellen Fall das ILB-Bewilligungsregime verschärft werden muss.

Tatsächlich werden immer neue Merkwürdigkeiten und Widersprüche um die Förderung der Pflasterfirma publik. So hatte die ILB der HBS am 28. September 2012 weitere 3 Millionen Euro überwiesen, obwohl Hinweise auf deren Unseriosität vorlagen. Zwar verwies Christoffers erneut darauf, dass die HBS mit dem Förderbescheid aus dem Jahr 2008 – erteilt unter Vorgänger Ulrich Junghanns (CDU) – einen Rechtsanspruch auf Auszahlung der insgesamt bewilligten 13 Millionen Euro hatte, wenn sie die Auflagen erfüllt. „Und das war der Fall“, sagt er. Die ILB habe das intensiv geprüft. Doch genau das ist zweifelhaft. So war das angebliche Wunderpflaster nach Recherchen des RBB-Magazins „Klartext“ in den USA gar nicht als Heilmittel zugelassen, gab es seit Anfang 2012 eine Warnung der US-Gesundheitsbehörde vor irreführender Werbung. Das werde geprüft, sagte Christoffers. Und statt einer Referenzfabrik in den USA – der Minister war 2011 im Rahmen einer Wirtschaftsreise dort – fanden die Fernsehleute vor Ort in Gaithersburg/Maryland eine kleine Halle mit acht Mitarbeitern, zwei davon in der Produktion. Zudem war der frühere HBS-Manager Manoj J. seit 2004 – in Brandenburg Berater des Projektes, bei Verhandlungen dabei– in den USA just wegen Förderbetruges verurteilt, was der ILB und dem Ministerium auch noch bekannt war. Beide argumentieren, dass trotzdem ausgezahlt werden musste, da der Mann hier weder Geschäftsführer noch Gesellschafter der geförderten Firma war. Die ILB zahlte die Millionen aus, obwohl sie nur fünf Monate vorher wegen Hinweisen auf Betrügereien die  Staatsanwaltschaft selbst eingeschaltet hatte. Diese Hinweise seien nach eigenen Überprüfungen ausgeräumt gewesen, hatte ILB-Chef Tilmann Stenger jüngst dazu im Wirtschaftsausschuss erklärt.

Und merkwürdig bleibt auch, dass das Unternehmen gefördert wurde, obwohl es – ähnlich wie Hilpert – kein Eigenkapital hatte. Hilpert hatte die Bestätigung einer Hausbank, die HBS nicht einmal das. Als Nachweis, dass die Gesamtfinanzierung steht, dass für Investitionen auch eigene Mittel eingesetzt wurden, reichte der ILB – für den Förderbescheid 2008, für die Auszahlungen 2011 und 2012 – eine Erklärung der Steuerberatungsgesellschaft der HBS selbst. Dies hatte Stenger mit der internationalen Konstruktion der Firma erklärt. Der ILB-Chef hat Christoffers gestützt, bestätigt, dass die Auszahlung – anders als bei Odersun – nicht auf Weisung des Ministers vorgenommen worden sei.

Christoffers selbst hatte letzte Woche im Wirtschaftsausschuss eingestanden, dass es im Konflikt um die auf Eis liegenden Fördermittel im Sommer 2012 – das letzte am 26. September am Rande einer Landtagssitzung – Gespräche mit HBS-Vertretern gab, am Tisch auch er, Mitarbeiter von Ministerium und ILB. Damit korrigierte er eine frühere Aussage gegenüber dem RBB, dem er Tage zuvor gesagt hatte: „Ich bin mit dem Verfahren nicht persönlich vertraut.“ Am Donnerstag sagte er, die Gespräche seien keine Einmischung, sondern sein Job als Wirtschaftsminister gewesen. Und obwohl veröffentlichte E-Mails zwischen Wirtschaftsministerium und ILB auch andere Schlüsse zulassen, hält Christoffers an einer Aussage weiterhin eisern fest: „Es hat keinen Druck auf die ILB gegeben.“ Christoffers, sein Ministerium und die ILB sehen im Fall Human Bioscience und die in den Sand gesetzten Millionen trotzdem nicht besser aus.

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