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Brandenburg: Der Goldschakal ist auf dem Weg

Brandenburg entwickelt sich zu einem tierischen Einwanderungsland

Potsdam - Nach den ersten Wölfen, die im Süden Brandenburgs und im Norden Sachsens ihr Revier besetzt haben, hat sich der nächste räuberische Vierbeiner auf den Weg aus dem Osten nach Brandenburg gemacht: Der Goldschakal. Davon, dass der sich aus Rumänien über die Slowakei und Tschechien auf den Weg in die brandenburgischen Wälder macht, ist jedenfalls das Landesumweltamt (LUA) überzeugt. „es ist nur eine Frage der Zeit, bis der Goldschakal auch in Brandenburg auftaucht und sich hier ansiedelt“, sagt LUA-Chef Matthias Freude.

Der Jäger aus Rumänien sei schon auf der Wanderschaft, so Freude. In Tschechien sei er schon heimisch. Und über die Balkanhalbinsel und Ungarn ist er auch nach Österreich in die Steiermark, das Waldviertel und nach Salzburg sowie nach Norditalien in die Region um Udine vorgedrungen. Auch in Brandenburg hatte es Canis aureus schon einmal probiert. Kurz nach der Jahrtausendwende wurde in der Lausitz und südlich von Berlin immer wieder ein „komisch aussehender Fuchs“ gemeldet. In der Wildbahn fand man ihn dann nicht mehr: „Wir haben das erlegte Tier dann in der Kühltruhe eines Präparators gefunden“, so Freude. Heute steht der Schakal in Freudes Dienstzimmer in Groß Glienicke – „leider schlecht präpariert“.

Dass der Goldschakal – neben dem mit ihm verwandten Wolf die einzige Canis-Gattung auf dem europäischen Festland – zu einer Gefahr für die heimische Tierwelt werden könnte, glaubt man beim Ökologischen Jagdverband Deutschlands nicht. Er müsse aber auch nicht gesondert geschützt werden – entweder, der 80 und 95 Zentimeter lange und acht bis zehn Kilogramm schwere Schakal schafft es allein, sich hier niederzulassen oder nicht. Angewiesen ist der goldgelb gefärbte Jäger auf die märkischen Lebensräume jedenfalls nicht: Europa ist für ihn eher ein Nebenraum. Er lebt hauptsächlich im Norden und Osten Afrikas und in den subtropischen und tropischen Regionen Asiens. In Europa breitet sich der Schakal, der sich meist von Insekten, Nagetieren, Vögeln, Amphibien und jungen Waldtieren ernährt, vornehmlich dort wieder vermehrt aus, wo der Wolf verschwunden ist.

Doch Wolf und Goldschakal sind für LUA-Chef Freude nur spektakuläre Beispiele dafür, dass Brandenburg ein tierisches Einwanderungsland ist. „Mehr als 1000 Tierarten aus anderen Regionen haben in den vergangenen Jahren probiert, in Deutschland heimisch zu werden. Viele haben es nicht geschafft und sind wieder weg“, so Freude. aber viele blieben auch und andere würden es erneut probieren. So nisten im Kölner Stadtpark Pflaumenkopfsittiche und hacken die Styropordämmung der Häuser an, um dahinter zu nisten. In havelländischen Gräben und Seen tummelt sich die Wollhandkrabbe. Von dem asiatischen Einwanderer leben inzwischen mehrere Fischer der Region, die die riesigen Krabbe an asiatische Großhändler verkaufen (PNN berichteten). In der Oder sind erste asiatische Muschelarten gefunden worden – wie die Wollhandkrabbe vermutlich mit dem Ballastwasser von Hochseefrachtern eingewandert.

Über den Landweg ist schon vor Jahren aus Weißrussland via Polen der Marderhund nach Brandenburg gekommen. Exemplare des Tieres, das eigentlich aus Sibirien stammt, aber einst in Weißrussland ausgewildert worden war, werden fast täglich irgendwo in der Mark überfahren am Straßenrand gefunden.

Und auch zu Luft gibt es neue Tiere in Brandenburg. Über märkischen Wiesen flattert längst der Steppengelbling – ein Schmetterling, der ursprünglich aus asiatischen Steppengebieten kam. Gesellschaft leistet ihm die Feuerlibelle, deren Männchen wegen der knallroten Färbung besonders auffällig sind. Die Libellenart kam aus Südeuropa nach Brandenburg, ebenso wie der neue Heimatvogel Bienenfresser. Selbst neue Möwen kreisen schon über märkischen Seen: Im Juli meldete das Umweltministerium, das die Weißbartseeschwalbe und die Weißflügelseeschwalbe in Brandenburg wieder heimisch geworden sind (trotz des Namens handelt es sich um Möwen).

Mussten sich die Märker wegen Spinnen noch bis vor einigen Jahrzehnten keine sonderlichen Sorgen machen, so müssen sie nun doch auf einen Sechsbeiner achten: Der Dornfinger (Cheiracanthium punctorium) ist heimisch geworden (PNN berichteten darüber ausführlich). Diese Spinnenart ist die einzige auch für den Menschen gefährliche Giftspinne Mitteleuropas. Der Biss der Kiefernklauen des Dornfingers kann beim Menschen Symptome wie bei einem Wespen- oder Bienenstich hervorrufen, starke Schmerzen mit Lähmungserscheinungen, begleitet zuweilen durch Schüttelfrost. Lebensgefahr besteht aber nicht. Gerade in Brandenburg wächst die Population dieser Spinne. Die Trockenheit und die weiten Wiesenlandschaften sind ideal. Eingewandert sind die Dornfinger im Laufe der vergangenen Jahrzehnte aus dem Mittelmeerraum.

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