Brandenburgs Rechnungshof prangert Vergeudung an: 120 verschwundene Headsets und ein überteuerter Massagesessel
Laxe Dienstwagen-Praxis bei Polizeiärzten, überhöhte Bewilligungen für den Landessportbund: Was die oberste Finanzkontrollbehörde Brandenburgs in diesem Jahr rügt.
Im aktuellen Jahresbericht des Rechnungshofes finden sich wieder zahlreiche Fälle von Missmanagement und Schlendrian in Ministerien und Behörden. Besonders sticht diesmal das von Minister Michael Stübgen (CDU) geführte Innenministerium heraus, mit gleich drei der zehn Einzelrügen.
Laut dem Jahresbericht, den Rechnungshofpräsident Christoph Weiser am Montag in Potsdam vorstellte, entsprach beim Polizeiärztlichen Dienst die Dienstwagen-Praxis nicht den Vorschriften.
Vor Dienstfahrten hätten die Polizeiärzte und Mitarbeiter in 755 sogenannten „Überführungsfahrten“ die Wagen bereits am Vorabend zum Wohnort mitgenommen, an „wohnortnahen Polizeidienststellen“ abgestellt, um von dort am nächsten Morgen zu starten. Doch diese Fahrten führten dann nicht selten wieder am Standort vorbei, heißt es.
Kostenfrei Fußpilzsalbe, Aspirin und mal ein Deo für Polizisten
Außerdem wurden Medizinprodukte großzügig ausgegeben. Demnach erhielten Polizisten über die freie Heilfürsorge kostenfrei auch Mittel wie Fußpilzsalben, Aspirin und Lutschtabletten, „oder auch mal ein Deodorant“, so der Hof. „Über ein Drittel der Arzneimittelbestellungen des Polizeiärztlichen Dienstes betraf solche Produkte.“ Das sei nicht zulässig.
Zudem seien 120 Headsets verschwunden, ungeeignete Fußstützen und ein überteuerter Massagesessel gekauft worden. Und die Internetwache der Brandenburger Polizei erfülle nicht die Anforderungen der digitalen Barrierefreiheit, da keine Dateianhänge übermittelt werden können.
Der Bericht weist aber auch auf eine krasse Überlastung im Einsatz- und Lagezentrum der Polizei hin. Statt der mindestens 96 Mitarbeitenden am Tag seien es zeitweise nur 83 gewesen, vereinzelt hätten Leitstellenplätze nicht besetzt werden können, hieß es. Der Krankenstand sei hoch, eine Folge der hohen Grundlautstärke durch das stetige Funken und Telefonieren.
Wieder Gelbe Karte für Ministerin Ernst wegen Sportförderung
Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) gerät erneut wegen der Förderung des Landessportbundes (LSB) ins Visier, der jährlich 10 Millionen Euro erhält - 400.000 Euro zu viel, so der Hof. Das Ministerium übernehme ungeprüft zu hohe Ausgabenanträge des LSB und habe keinen Überblick über Förderungen des LSB durch andere Ministerien, weshalb die Gefahr von Doppelförderungen bestehe. Der Rechnungshof hatte das Bildungsministerium in den vergangenen Jahren bereits wegen zu viel Geldes für das LSB-Projekt „Haus des Sports“ in Potsdam (2021) und wegen Verstößen bei der Förderung der Internationalen Schule Kleinmachnow (2018) gerügt.
Gefährliche Haltestellen für Sehbehinderte
Verkehrsminister Guido Beermann (CDU) wird vorgehalten, dass der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) nicht wie vorgeschrieben seit 1. Januar 2022 barrierefrei ist, trotz eines Extra-Programms mit 48 Millionen Euro zum Umbau von Haltestellen. Fortschritte gibt es zwar für Gehbehinderte. Doch sei die Lage für sehbehinderte Menschen kritisch, warnt der Bericht. Die Elemente für Sehbehinderte seien an den Haltestellen „überwiegend nicht DIN-konform“ ausgeführt worden.
Falsch verlegte Leitsysteme und Abgrenzungen der Oberflächen seien gefährlich. Das Wirtschaftsministerium unter Minister Jörg Steinbach (SPD) kritisiert der Hof, weil das 6-Millionen-Programm für E-Auto-Ladesäulen zu kompliziert gewesen sei und mit dem Geld mehr als 347 E-Auto-Ladesäulen im Land hätten installiert werden können. Es habe keine Steuerung gegeben, sodass die regionale Verteilung dem Zufall überlassen worden sei.
Kulturvereine gehen zu leger mit Fördermitteln um
Der Rechnungshof stellte auch „systematische Mängel in der Kulturförderung“ fest, für die Vereine „Kulturfeste im Land“, „Brandenburgische Literaturlandschaft“ und „Landesmusikrat“. Es geht um fehlerhafte Abrechnung von Reisekosten, zweckwidrige Bewirtungen und unsorgfältige Vergaben. Das Kulturministerium habe die bei allen Vereinen festgestellten gravierenden Mängel über Jahre nicht erkannt, die Verwendung selbst bei Anhaltspunkten für Unstimmigkeiten nicht geprüft.
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