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Ketzin

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CO2-Einlagerung: Ab in die Tiefe

Kann der Klimakiller Kohlendioxid im Untergrund gespeichert werden? Im brandenburgischen Ketzin wird genau das versucht: das CO2-Gas soll in 600 Metern Tiefe eingelagert werden.

Ketzin - Unter der Kleinstadt Ketzin im Havelland wächst seit Montagabend eine mächtige Kohlendioxidblase. Jede Stunde nimmt sie um rund eine Tonne zu, doch die Ketziner merken davon nichts. Denn der poröse Sandstein, der sich nun langsam mit dem Treibhausgas füllt, liegt in einer Tiefe von 600 bis 800 Metern, nach oben abgedichtet von einer Tonschicht. Ohne die nun regelmäßig am Ortsrand haltenden Tanklastwagen und die inmitten eines Rohrnetzes stehenden weißen Tanks würde wohl kaum jemand etwas von dem Experiment mitbekommen. Da fallen die ausländischen Gäste in den Ketziner Restaurants schon eher auf. Sie interessieren sich für das Pilotprojekt zur Verpressung von Kohlendioxid im Untergrund.

Das Geoforschungszentrum Potsdam leitet den 20 Millionen Euro teuren Großversuch, an dem Forschungsinstitute und Energieunternehmen aus neun Staaten beteiligt sind. „Wir wollen testen, wie sich das Kohlendioxid in den Gesteinsschichten verhält“, sagt Reinhard Hüttl, Vorstandschef des Geoforschungszentrums. Ist der Versuch erfolgreich, könnten in Zukunft möglicherweise große Mengen des Treibhausgases CO2 aus Kraftwerken im Untergrund gespeichert werden. „Das wäre ein großer Zeitgewinn für die Entwicklung und Einführung von CO2-armen Energietechnologien“, sagt Hüttl. Der Ausgang des Ketziner Experiments sei aber offen.

Hoch sensible Messgeräte halten die Wissenschaftler ständig über die Ausbreitung des Gases in der Sandsteinschicht, die chemischen Reaktionen und den Druck auf dem Laufenden. Die Messfühler befinden sich in zwei Bohrlöchern, die parallel zum eigentlichen Strang für das Verpressen des Gases angelegt wurden. Sollte Gas wider Erwarten unkontrolliert entweichen, lösen Apparaturen an der Einfüllstation sofort Alarm aus.

Bis 2004 diente der löchrige Ketziner Untergrund bereits als Speicher für Stadt- und Erdgas. „Der befand sich allerdings nur in einer Tiefe von 300 Metern“, erklärte Projektleiter Professor Frank Schilling. „Wir gehen nun mehr als doppelt so tief.“ Ein ähnliches Versuchsprojekt betreibt der Energiekonzern Vattenfall bei Salzwedel in Sachsen-Anhalt.

Das Kohlendioxid für das Experiment wird eigens von einem Gashersteller in Leunau bezogen. Insgesamt hat das Geoforschungszentrum 60 000 Tonnen CO2 für rund sechs Millionen Euro geordert, die im Laufe des zweijährigen Projektes in die Erde gepumpt werden. Zum Vergleich: Allein vom Braunkohlekraftwerk „Schwarze Pumpe“ in der Lausitz werden jährlich zwölf Millionen Tonnen Kohlendioxid in die Luft geblasen. Doch gibt es dort keine technischen Möglichkeiten, das beim Verfeuern der Kohle entstehende Treibhausgas abzutrennen und etwa nach Ketzin zu bringen.

Ketzins Bürgermeister Bernd Lück (FDP) hält seine Stadt trotz des Gases im Untergrund für sicher. „Wir wurden über alle Schritte informiert und in die Planungen stets einbezogen“, sagt er. Zusammen mit der Windenergie- und der Biogasanlage sei die Stadt nun eine Vorzeigestadt im Klimaschutz.

Greenpeace und andere Umweltorganisationen halten das Projekt dagegen für wenig sinnvoll. Das Geld sollte lieber für eine stärkere Vermeidung von Kohlendioxid verwendet werden, fordern sie.

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