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Die Genossenschaften und die Pro Potsdam besitzen tausende Wohnungen in älteren Plattenbauten aus DDR-Zeiten.

© Andreas Klaer,PNN,Tsp

70 000 Mieter in Potsdam betroffen: Nebenkosten steigen stark an

Mehrere große Potsdamer Wohnungsunternehmen kündigen 63 Prozent höhere Betriebskosten an. Aber es hätte noch schlimmer kommen können.

Potsdam - Es ist eine direkte Folge der Energiekrise: Zehntausende Mieter der kommunalen Bauholding Pro Potsdam und der großen Genossenschaften müssen ab dem kommenden Jahr mit rund 63 Prozent höheren Betriebskosten rechnen. Damit steigt die Miete pro Jahr bei einer durchschnittlichen 60-Quadratmeter-Wohnung um rund 80 Euro pro Monat oder um die 1000 Euro pro Jahr - je nach Sanierungsgrad, Wohnungslage und eigenem Heiz- und Warmwasserverbrauch.

Details und Hintergründe der Erhöhungen stellten am Donnerstag die Unternehmen im Potsdamer Arbeitskreis Stadtspuren vor, die zusammen über 40 Prozent aller Mietwohnungen in der Stadt besitzen. Betroffen sind rund 70 000 Potsdamer, knapp ein Drittel der Einwohner. 

Gasumlage kommt noch obendrauf

Zur Erhöhung der Betriebskosten um 63 Prozent im kommenden Jahr kommt in vielen Fällen noch die von der Bundesregierung beschlossene Gasumlage hinzu, die bereits ab Oktober greift. Für die besagte Durchschnittswohnung wäre das ein Plus von rund 30 Euro pro Monat. Die Betriebskosten stiegen damit im nächsten Jahr insgesamt um 86 Prozent. Unklar ist noch, ob Zehntausende Potsdamer Fernwärme-Kunden diese Umlage zahlen.

Es hätte aber noch schlimmer kommen können, betonten die Unternehmen unisono. So habe man gemeinsam jeweils langfristige Wärme- und Strom-Verträge mit der kommunalen Stadtwerke-Tochter EWP aushandeln können. Das bedeutet: Für das aktuelle Jahr 2022 müssten bei der Pro Potsdam und den Genossenschaften noch die gleichen Preise wie vor der Krise gezahlt werden.

Und für das kommende Jahr haben die Unternehmen bereits in diesem Juli einen Liefervertrag mit der EWP ausgehandelt, der für zwei Jahre gelten soll. Damit habe man einen Schutz der Bewohner vor weiteren plötzlichen Kostensteigerungen erreicht, sagte Bodo Jablonowski von der Genossenschaft „Karl Marx“. Angesichts der im Juli schon dynamischen Preisentwicklungen auf dem Gasmarkt habe man bei den Verhandlungen mit der EWP innerhalb weniger Minuten einem Gaspreis für die nächsten zwei Jahre zustimmen müssen, hieß es.

Im Juli stellte sich bekanntlich bereits die Frage, ob und wie stark Russland seine eigentlich zugesagten Gaslieferungen für Deutschland kürzt. Die Unsicherheit trieb die Preise in die Höhe. Inzwischen hat das Regime in Moskau seine Lieferungen eingestellt und will sie nur bei einem Ende der Sanktionen wiederaufnehmen.

Anderswo werden Betriebskosten noch teurer

Insofern hätten die Unternehmen im Arbeitskreis vieles richtig gemacht, befand Matthias Brauner vom Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen. Denn bei den Mitgliedsfirmen seien durchweg Preissteigerungen bei den Betriebskosten zu verzeichnen - zwischen 50 und 400 Prozent. Damit liege Potsdam mit rund 63 Prozent noch am unteren Ende der Skala, so Brauner.

Der Potsdamer Stadtteil Schlaatz.

© Ottmar Winter

Auch Gregor Jekel vom Wohnamt im Rathaus sagte, die Mehrkosten bei den Stadtspuren-Unternehmen lägen unter dem Schnitt der zusätzlichen Belastungen für andere Potsdamer Mieter. Die Briefe mit den Erhöhungen sollen in den nächsten Wochen verschickt werden, hieß es. Gerade Mieter unsanierter Wohnungen werden noch höhere Energiekosten zu tragen haben, bestätigten die Unternehmen.

Die allgemeine Krisenlage mache sich nicht nur bei den Preisen für Warmwasser und die Heizung bemerkbar, so der Arbeitskreis in einer Erklärung - alle Betriebskostenarten seien betroffen, auch durch die Anhebung des Mindestlohns und allgemeine Gehaltssteigerungen, die zum Beispiel Hausmeister verteuern. Man treffe bereits Vorkehrungen, um die Zahlungsfähigkeit zu sichern, sagte Jablonowski. Zum Beispiel bei unvorhergesehenen Kostenexplosionen.

Wir lassen niemanden allein.

Pro-Potsdam-Chef Jörn-Michael Westphal

Doch diese Sicherungsmaßnahmen könnten sich negativ auf schon geplante Investitionen auswirken, so die Unternehmen, ohne Details zu nennen. Bisher noch nicht geplant seien signifikante Einsparungen, etwa das Drosseln der Heizungen. Allerdings gebe es schon erste Bewohner-Wünsche nach solchen Maßnahmen, sagte Jablonowski. Sparen könne man aber auch durch das eigene Heizverhalten, machte Anja Ronneburg von der Baugenossenschaft 1903 eg deutlich.

Alle Unternehmen erklärten, man wolle unabhängiger vom Gas werden - zum Beispiel mit neuen Photovoltaik- oder Solaranlagen. Für die Pro Potsdam war zudem bereits ein Verzicht auf Mieterhöhungen bis Oktober 2023 ausgerufen worden. Für Mieter in Zahlungsschwierigkeiten wolle man „individuelle Lösungen“ suchen, sagte Pro-Potsdam-Chef Jörn-Michael Westphal: „Wir lassen niemanden allein.“ Auch das Rathaus hatte schon angekündigt, das Personal im Wohnungsamt aufzustocken. „Es ist unser Anspruch, unseren Bewohnern auch in der aktuellen Situation, die eine Folge des russischen Kriegs gegen die Ukraine ist, ein sicheres und bezahlbares Wohnen zu ermöglichen“, so der Arbeitskreis in seiner Erklärung.

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