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7. Schlossnacht Caputh: „La Bohème“ und „West Side Story“ zum Jubiläum

Die 7. Auflage der Schlossnacht Caputh war klein, aber fein – trotz Regens

Schwielowsee - Nass, aber mitnichten ins Wasser gefallen, so könnte man die 7. Caputher Schlossnacht vom Samstagabend beschreiben. Wellenförmig zogen dunkle Wolkenfelder ostwärts übers Land, dazwischen gab es auch mal Sonne. Zu wenig Sicherheit für den schönen Plan, die Mittsommer-Operngala auf der Freitreppe zum Templiner See hin aufzuführen. Zu nass, zu ungewiss. Aber es gab ja die vielfach bewährte Konzertvariante B in Stülers Kirche gegenüber, groß genug, um alle 300 Gäste, die trotz der Wolkenwellen nicht zu Hause blieben, wohl und gut bedacht zu unterhalten. Sie brachte natürlich eine ganz andere, eine betont konzertante Seite ins Programm, was nicht ohne Folgen für die Erwartungshaltung der Zuschauer blieb, stillschweigend wenigstens. Jedes hat eben einen anderen Reiz.

Um es vorweg und rundum zu sagen: Diese Gala im 20. Jahr der Caputher Musiken war ein Knüller, ein Knaller, ein voller Erfolg, dafür nicht so „zeitenfrisch“ wie frühere Ereignisse. Diesmal war ja eine Mammut-Matinee aus den schönsten und gängigsten Parts von Oper, Operette und klassischem Musical geplant. Keines, was der situierte Kultur- und Bildungsbürger nicht gekannt, geliebt und manchmal heimlich mitgesummt hätte. Hier waren all diese Illustren der späteren und jüngeren Vergangenheit versammelt: Der Herr Marquis aus der „Fledermaus“, die lustige Witwe, ein Vogelhändler samt der radelnden Christl von der Post, Loewes faire Lady, Giuditta mit kussbereiten Lippen, Czardasfürstin und Gräfin Mariza, Elisabeth nach Levay, Carmen, Rusalka, sogar die „Königin der Nacht“ aus der „Zauberflöte“ gab sich die Ehre – um nur mal ein paar Namen zu nennen.

Dargeboten wurden diese seligen Ohrwürmer von sieben „Gesangstudierenden“ der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn-Bartholdy“ aus Leipzig. Drei Soprane, ein Mezzo, ein Tenor, ein Bariton, kräftige, schöne Stimmen, die im letzten Teil allerdings sukzessive nachließen. Alle haben bereits gehörige Auftrittserfahrung, einige absolvieren in Leipzig derzeit ein Zweitstudium. Für Mittzwanziger eine mehr als gediegene, wenn man so will auch vorbildliche Willensleistung. Für die Moderation sorgte die Leipziger Professorin und freiberufliche Sängerin Evelyn Fischer auf sehr gefällige Art. Hätte ruhig etwas anspruchsvoller werden können. Matthias Oldag war für die Regie zuständig, Diego Romano leitete das höchst musizierfreudige „Salonorchester Felix“ mit besonders viel Temperament. Ungefähr nach dem dritten Titel war das Publikum ganz und gar hin und in diesem Reich der Musik restlos gefangen. Ab und zu gab es stehende Ovationen, wie beim Finale auch. Zugaben dann sowieso. Eine brillante Konzertatmosphäre die gesamte Zeit bis hoch zur Empore drinnen, ein vielgestaltiges Catering drüben auf dem durchweichten Schlosshof.

Was dem kulinarischen Geist nur gefiel, war hier über ein geändertes Verkaufssystem zu haben: Schmalzstullen und Veganküche, Tierisches und Gezähmtes, Gegrilltes und Gebackenes, Selbstgebrautes und fremd Vergorenes, Fernes und Nahes. Dazu Traumtänzer und Stelzenläufer mit bunten Kostümen sehr galant, ein Wissensquiz auf der Wäscheleine, liebevolle Details, leicht zu übersehen. Drei Musikblöcke also, dazwischen reichlich Pause – die Leute waren sichtbar zufrieden, zumal auch das kurfürstliche Schloss als Mitveranstalter zur gefälligen Besichtigung offenstand. Niemand ließ sich die gute Laune verderben. Bewundernswert, mit welcher Ruhe die ehrenamtlichen Mitglieder des Vereins sich auf regennasse Variante B einstellten!

Im Anbau, wo eine großformatige Fotoausstellung über das postindustrielle Kulturerbe Oberschlesiens in Sachen Architektur berichtet, hatte die Lesebühne Wilhelmshorst ihre gutbesuchten Auftritte. Vier Damen und ein Herr lasen mit sichtbarem Vergnügen Curt Goetzens Einakter-Schnurre „Der Hund im Hirn“, darin ein Professor den heimlichen Liebhaber seiner Gattin Eva so richtig „vorführt“. Tja, wer die Frau eines anderen verführt und sich dann auch noch von Hektor, dem Haushund, beißen lässt, hat es nicht anders verdient. Gut gemacht, Wilhelmshorst, eine echte Bereicherung im Jubiläumsjahr der „Musiken“.

Nun, wenn auch die Abschluss-Überraschung am Seeufer ob tropfnasser Regenwolken ausfiel – sie ist für die nächste „Lange Nacht“ versprochen –, so war diese kleine, aber auch diesmal sehr feine Veranstaltung doch wieder etwas für Kenner und für Genießer, trotz oder wegen des populären Repertoires. Sollte man denn mehr verlangen, im Rahmen des Möglichen? Gerold Paul

Gerold Paul

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