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SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sprach im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg von „einfrieren“.

© Imago/dts Nachrichtenagentur

„Zäsur“ in der Ukraine-Politik: FDP wirft SPD Abkehr von der Zeitenwende vor

Der Ampel-Streit um die Taurus-Lieferung eskaliert. In einem scharfen Ton greift die FDP Kanzler Scholz und SPD-Fraktionschef Mützenich an. Auch die Grünen haben weiter Gesprächsbedarf.

Der Streit um die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern in der Ampelkoalition eskaliert zunehmend. Die FDP greift Kanzler Olaf Scholz (SPD) und SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich wegen ihrer Ukraine-Politik frontal an.

„Mützenichs herabsetzende Bemerkungen über Andersdenkende in der Koalition und sein Unwort vom Einfrieren des Konflikts steht zusammen mit der Regierungserklärung des Kanzlers für eine außenpolitische Zäsur“, sagte FDP-Fraktionsvize Michael Georg Link dem Tagesspiegel.

„Was ist die Zeitenwende noch wert, wenn Scholz und Mützenich der Ukraine immer nur gerade so viel helfen, dass sie momentan nicht untergeht?“, fragte Link.

Die Liberalen wollen noch einmal mit Scholz sprechen, um ihn doch zu einer Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern zu bewegen, kündigte der erste parlamentarische Geschäftsführer, Johannes Vogel, im Tagesspiegel an. Seine Ablehnung hatte Scholz damit begründet, dass Taurus nur mithilfe von Bundeswehr-Soldaten sinnvoll eingesetzt werden könnten. Grüne und FDP halten das für vorgeschoben.

Nach den Worten von Link stellt sich allerdings die Frage, wie die Liberalen Scholz zu einem Richtungswechsel bewegen wollen. Gäbe Scholz jetzt nach, wäre die Autorität des Kanzlers geschwächt.

Grünen wehren sich gegen Kanzler-Schlusswort

Dennoch haben auch die Grünen weiter Gesprächsbedarf, den sie allerdings deutlich weniger offensiv formulieren als die Liberalen. Wie die FDP wollen sie unbedingt Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine liefern. Bei der von der Union beantragten namentlichen Abstimmung im Bundestag zu dem Thema trugen die Grünen am Donnerstag die Koalitionslinie zwar mit. Dutzende Grüne stellten in einer persönlichen Erklärung allerdings fest, dass sie eine Lieferung eigentlich befürworten.

Man bleibe dazu mit den Regierungspartnern im Gespräch, sagte die erste parlamentarische Geschäftsführerin, Irene Mihalic, dem Tagesspiegel. „Die Debatte hierzulande wird weder mit einem Schlusswort enden, noch hilft es der Ukraine, sie aus innenpolitischen Erwägungen immer weiter anzuheizen, wie es die Union versucht.“

Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil verteidigte Mützenich nach dessen umstrittenen Äußerungen zum Einfrieren des Ukraine-Kriegs in der Bundestagssitzung am Donnerstag. Klingbeil sagte am Samstag in Berlin, natürlich werde auch über die Frage diskutiert werden müssen, wie Frieden erreicht werden könne. Wer aber Mützenichs Worte in Verbindung damit bringe, dass die SPD, der Kanzler oder die SPD-Fraktion von der Ukraine abrücken würden, der habe Mützenichs Rede bewusst missinterpretiert oder wolle sie missinterpretieren.

Grüne und FDP verärgert über Leak im Verteidigungsausschuss

Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, verlangte von Scholz eine Erklärung, warum er zu zwei Taurus-Sitzungen des Ausschusses nicht erschienen ist. Die FDP-Politikerin schrieb in dem von der „Bild“-Zeitung veröffentlichten Brief an Scholz: „Aus Respekt vor dem Parlament wären weitere Informationen zu Ihrer Abwesenheit oder zumindest ein schriftlicher Bericht zu Ihrer Haltung in der Frage der Nichtabgabe von Taurus-Marschflugkörpern wünschenswert.“

Es ging demnach um die Sitzungen am 11. und 13. März. Auf Arbeitsebene habe das Kanzleramt mitgeteilt, dass Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) an der Sondersitzung am 11. März teilnehme, schrieb Strack-Zimmermann. „Eine darüber hinausgehende Begründung für Ihr persönliches Ausbleiben erfolgte nicht.“

Geheimnisverrat ist etwas, was nicht stattfinden darf.

Bundeskanzler Olaf Scholz

Die FDP-Politikerin zeigte sich zudem verärgert darüber, dass aus dem Ausschuss geheime Information über die Steuerung der Marschflugkörper an das Narichtenportal „T-Online“ geleaked wurden. Grüne und FDP vermuten das Leck bei der SPD. So solle eine Lieferung verhindert werden, so der Vorwurf.

Bundeskanzler Scholz sprach sich für Aufklärung aus. „Geheimnisverrat ist etwas, was nicht stattfinden darf“, sagte der SPD-Politiker am Flughafen Berlin Brandenburg. „Und deshalb ist es immer richtig und auch in diesem Fall richtig, dass dem nachgegangen wird.“ (mit dpa)

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