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Christian Lindner am 14. August 2023 in der Ukraine.

© REUTERS/ALINA SMUTKO

„Verbessert nicht die Lebenschancen der Kinder“: Lindner bleibt im Streit um Kindergrundsicherung bei seiner Position

Familienministerin Paus stoppte das von Lindner vorgelegte Wachstumschancengesetz. Nun formuliert der Finanzminister im „FAZ“-Interview seine Bedingungen für die umstrittene Kindergrundsicherung.

Die Beschlussfassung zum Wachstumschancengesetz von Finanzminister Christian Lindner (FDP) liegt nun auf Eis – und zwar bis zur Kabinettsklausur in Meseberg am 29. und 30. August. Der Grund: Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) legte am Mittwoch im Kabinett überraschend ein Veto ein. Sie streitet mit Lindner um mehr Geld bei der Kindergrundsicherung.

Nach dem Veto hat Lindner (FDP) nun seinerseits Bedingungen für Paus' Pläne zur Kindergrundsicherung formuliert.

„Eine fünfköpfige Familie, die Bürgergeld bezieht, erhält heute schätzungsweise 36.000 bis 38.000 Euro im Jahr vom Steuerzahler“, sagte Lindner im Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ der Freitagausgabe.

Zusätzliche Transfers verbessern nicht die Lebenschancen der Kinder, meint Lindner

Aus seiner Sicht helfe es aber wenig, „ihnen jetzt hohe zusätzliche Transfers zu zahlen, seien es 1000 oder gar 3000 Euro im Jahr.“ Solchen Familien „einfach nur mehr Sozialtransfers zu überweisen, verbessert nicht zwingend die Lebenschancen der Kinder“, betonte Lindner.

Zu Paus‘ Veto zum Wachstumschancengesetz sagte Lindner: „Es ist nicht hilfreich, ganz unterschiedliche Vorhaben sachfremd miteinander zu verknüpfen.“ Außerdem gelte: „Die logische Voraussetzung einer neuen Leistung wie etwa der Kindergrundsicherung ist, dass wir überhaupt eine prosperierende Wirtschaft haben.“

Paus hat angekündigt, bis Ende des Monats ein konkretes Konzept zur Kindergrundsicherung vorzulegen, mit der sie Leistungen für Familien zusammenfassen und diese zugleich erhöhen will.

Lindner machte deutlich, dass es dafür nicht nur wegen knapper Haushaltsmittel Begrenzungen geben müsse: „Es muss auch spürbare Anreize geben, die Hilfen des Sozialstaats zu Sprachförderung, Qualifikation und Arbeitsaufnahme anzunehmen“, mahnte Lindner. Dies sei nicht zuletzt „eine zentrale Frage der Gerechtigkeit all jenen gegenüber, die für ihr Einkommen arbeiten.“

Linder: „Der Staat steht sich selbst im Weg“

Lindner äußerte außerdem Verständnis für Bürger, die den Staat derzeit für überfordert halten. Er bleibe unter seinen Möglichkeiten. „Wir lähmen uns derzeit durch Bürokratismus. Der Staat steht sich selbst im Weg. Er ist enorm kostenträchtig.“

Lindner betonte: „Bis heute machen wir keinen Haushalt, der Mittel einspart. Wir begrenzen nur das zusätzliche Ausgabenwachstum. Aber wir schaffen es gegenwärtig trotzdem nicht, mit den enormen Finanzmitteln die wirklichen Probleme zu lösen. Das Problem besteht aus immer mehr Umverteilung durch einen immer weniger treffsicheren Sozialstaat.“

Darum fehlten die Mittel dort, wo sie für Modernisierung gebraucht würden. „Das muss sich ändern, dann wächst auch wieder das Vertrauen der Menschen in den Staat.“

Zugleich warnte Lindner davor, aus Frust über Missstände in Deutschland die AfD zu wählen.

„In der Partei gibt es ein Programm, das mit dem Austritt aus der Europäischen Union und der NATO unser Land isolieren, wirtschaftlich ruinieren und dadurch politisch und gesellschaftlich destabilisieren würde. Die Probleme, die sich für Großbritannien aus dem Brexit ergeben, würden um ein Vielfaches übertroffen werden von dem, was sich aus der Umsetzung des AfD-Programms für unser deutsches Vaterland – ich verwende das Wort bewusst – ergeben würde.“

Paus sagte der „FAZ“ zum Streit um die Kindergrundsicherung: „Immer wieder heißt es, wir müssten erst mal erwirtschaften, was wir verteilen können.“ Dabei sei es doch umgekehrt: „Wir brauchen gute Rahmenbedingungen für Familien, auch damit Eltern überhaupt erwerbstätig sein können.“

Die Ministerin zeigte sich zuversichtlich, dass es bis zur Kabinettsklausur Ende des Monats im brandenburgischen Meseberg eine Einigung geben werde. „Bis Meseberg sind alle offenen Punkte besprochen und abgestimmt – das gilt auch für die Kindergrundsicherung.“ Der Gesetzentwurf sei von ihrer Seite aus fertig. Nun liefen die finalen Besprechungen innerhalb der Bundesregierung. (Tsp, AFP)

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