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Diese F-35-Kampfjets, wie sie die US-Luftwaffe zuletzt nach Estland verlegt hat, sollen künftig auch für die Bundeswehr im Einsatz sein.

© U.S. Air Force/HandoutREUTERS

Kampfjet-Projekt der Verteidigungsministerin: Erste Bedenken sind ausgeräumt, das Blamagepotential bleibt

35 US-Tarnkappenbomber sollen für den nuklearen Ernstfall angeschafft werden. Kostenpunkt: Mindestens 10 Milliarden Euro. Für Lambrecht wird der Kauf zur Bewährungsprobe.

Kurz vor dem Jahreswechsel versucht Christine Lambrechts Verteidigungsministerium, den Vorwurf der Opposition zu entkräften, das neue 100-Milliarden-Sondervermögen nicht schnell genug zur Modernisierung der Bundeswehr einzusetzen.

Also liegt dem Haushaltsausschuss nun eine Vorlage für das zentrale Beschaffungsprojekt der Luftwaffe vor. Er soll am 14. Dezember den Kauf von 35 US-Kampfjets des Typs F-35A Lightning II für zehn Milliarden Euro billigen. Und schon gibt es die nächsten Irritationen.

Der Grund sind finanzielle und logistische Risiken, die das Ministerium der Bitte um Zustimmung beigefügt hat. Diese hängen mit der sogenannten nuklearen Teilhabe zusammen: Weil die Bomber, die von 2026 bis 2029 ausgeliefert werden und die überalterte Tornado-Flotte ablösen sollen, im Ernstfall vom rheinland-pfälzischen Flugplatz Büchel aus mit Atomsprengköpfen starten müssten, stellt die US-Seite „aufwendige Forderungen“ und „wesentliche Dokumente und Informationen (…) erst nach Vertragsschluss zur Verfügung“.

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Daher warnt das Verteidigungsministerium in der dem Tagesspiegel vorliegenden Vorlage vor „Verzögerungen und Mehrkosten“.

Skepsis aus der Opposition

Abgesehen davon, dass Die Linke die nukleare Teilhabe ohnehin ablehnt, sieht ihre Verteidigungsexpertin Żaklin Nastić auch Mängel in der Umsetzung. „Obwohl das Verteidigungsministerium im Sommer kritische Gutachten vorliegen hatte, fiel die hastige Entscheidung trotzdem zugunsten eines US-Herstellers – die Folgekosten sind bisher nicht kalkulierbar.“

Allein die Sicherheitsüberprüfung der Bauarbeiter für die Hangars könnte sich ziehen. Das von der SPD-Ministerin geführte Ressort verweist ebenso auf das Risiko, die luftfahrttechnische Zulassung könne nicht fristgerecht erfolgen.

Dass die „Preise auf konservativen Prognosen“ Washingtons beruhen und „unter dem Vorbehalt der Anpassung“ stehen, kommt hinzu. Bei den 9,99 Milliarden Euro für Maschinen, Munition, Ausbildung und Umbau in Büchel dürfte es also nicht bleiben.

Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums betont, sein Haus habe nur auf mögliche Risiken hingewiesen, sie hätten sich jedoch bisher „nicht materialisiert“. Auch die Fachpolitiker der Ampel-Koalition, die sich ebenfalls am Montag mit dem F-35-Kauf befassten, sehen in der neuen Risikobewertung nichts, was das Projekt zu Fall bringen könnte.

Eigentlich sollte der Beschaffungsbeschluss für die US-Kampfjets Handlungsstärke demonstrieren – Ministerin Christine Lambrecht (SPD) hat die Parlamentarier jedoch relativ spät über Risiken informiert.

© dpa / Michael Kappeler

„Ob die Hangars nicht rechtzeitig fertig werden, ob die Genehmigung für den zivilen Luftraum verspätet erteilt wird, das sind alles keine Show-Stopper, die zu einem Abwarten bei der Bestellung führen sollten“, sagt FDP-Mann Alexander Müller.

Man wolle schließlich „nicht riskieren, in der Nato künftig als unzuverlässiger Luftikus zu gelten, der ständig wegen irgendwelcher Bedenken die nötigen Beschaffungen verhindert oder verzögert“. Der SPD-Verteidigungspolitiker Kevin Leiser steht ebenfalls weiter zur F-35-Maschine: „Sie wird auch von mehreren europäischen Partnern geflogen. Das hat Vorteile zum Beispiel für gemeinsame Übungen und Operationen.“

Obwohl sie die Risiken für beherrschbar halten – auch unter Koalitionären sorgt Lambrechts Informationspolitik erneut für Irritationen. Über die Bedenken der Beamten erfuhren viele Parlamentarier erst aus dem offiziellen Schriftstück. So stärkt ihr auch der Versuch, Handlungsstärke beim Sondervermögen zu demonstrieren, nicht den Rücken.

Sie steht ohnehin dauerhaft in der Kritik – zuletzt wegen des vergleichsweise kleinen Etats für neue Munition und im Zusammenhang mit dem Angebot, deutsche Patriot-Raketen nach Polen zu liefern. Die „Bild am Sonntag“ berichtete über eine Bitte, die Offerte vertraulich zu behandeln, die Lambrecht jedoch in einem Zeitungsinterview Mitte November publik machte. Der CSU-Verteidigungspolitiker Florian Hahn hat Kanzler Olaf Scholz (SPD) schon vergangene Woche geraten, seine Ministerin auszutauschen.

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