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Björn Höcke in Oranienburg.

© IMAGO/mix1/IMAGO/Daniel Lakomski

In Thüringen gestaltet die AfD nun mit: CDU und FDP haben das Stoppschild überfahren

Sollen demokratische Parteien Positionen räumen, nur weil die AfD sie vereinzelt auch teilt? Nein! Wer sie aber wie jetzt in Thüringen zur Mehrheitsbeschafferin macht, stärkt und normalisiert sie.

Ein Kommentar von Christopher Ziedler

Wer in Thüringen für 50.000 Euro Bauland kauft, um sich den Familientraum von den eigenen vier Wänden zu erfüllen, zahlt künftig nach dem Willen des Erfurter Landtags womöglich nur noch 2500 statt 3250 Euro Grunderwerbsteuer. Eine Riesenentlastung ist das bei den noch viel höheren Gesamtkosten eines Bauvorhabens nicht unbedingt, aber in Zeiten hoher Preise immerhin ein willkommenes Steuersenkungssignal.

Das Problem daran ist kein sachliches, von Haushalts- und Zuständigkeitsfragen abgesehen. Wer wollte CDU und FDP vorwerfen, sich für eins ihrer traditionellen Anliegen eingesetzt zu haben? Verwerflich an dem Landtagsbeschluss vom Donnerstag ist die Tatsache, dass er nur mit der AfD zustandekommen konnte, die in Thüringen mit ihrem Landesparteichef Björn Höcke als gesichert rechtsextremistisch eingestuft ist.

Nun können demokratische Parteien tatsächlich nicht nur deshalb Positionen räumen, wenn diese vereinzelt auch von der AfD geteilt werden. Und sicher wäre es gut nicht ständig aufzuheulen, wenn Gesetze und Beschlüsse auch die Zustimmung von Rechtsaußen erhalten.

Die zweite Mehrheit nach 2020

Ein klares Stoppschild aber muss es dort geben, wo die AfD Gestaltungsmacht bekommt, wo eine politische Entscheidung ohne ihr Zutun so nicht zustande gekommen wäre. Im Thüringer Landtag wurde es willentlich überfahren, wo sich erneut jene Mehrheit zusammenfand, die Anfang 2020 den FDP-Mann Thomas Kemmerich zum Kurzzeit-Ministerpräsidenten wählte.

Es rächt sich jetzt, dass bis auf wenige Ausnahmen wie in Schleswig-Holstein nie definiert wurde, was genau unter der „Zusammenarbeit“ mit der AfD zu verstehen ist, die der Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU untersagt.

Die Thüringer Christdemokraten können sicher zu Recht von sich behaupten, keine Absprachen getroffen oder den Ultrarechten gar Zusagen gemacht zu haben. Trotzdem war absehbar, dass die Abgeordneten der rot-rot-grünen Minderheitsregierung dem Gesetzentwurf aus verschiedenen Gründen nicht zustimmen würden und es an der AfD hängen würde.

Die AfD greift die Vorlage nur zu gern auf

Sie hat auch ohne formale Zusammenarbeit nur allzu gerne die Vorlage aufgegriffen, als normale Partei auftreten zu können, die einen politischen Unterschied macht.

Im Bundestag werden der AfD noch Ausschussposten verweigert, im Thüringer Landtag macht sie schon Gesetze. Hier sind CDU und FDP definitiv zu weit gegangen, um sich vor der Landtagswahl in einem Jahr zu profilieren. Sie hätten die Steuersenkung in ihr Wahlprogramm schreiben sollen und diese niemals zusammen mit der AfD beschließen dürfen.

Die Bundesspitzen beider Parteien sollten das keinesfalls hinnehmen oder den Vorgang kleinreden. Sie sollten es der AfD auf ihrem derzeitigen Höhenflug nicht noch leichter machen als ohnehin schon.

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