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Bei dieser Pressekonferenz zur politischen Kriminalität haben sich Innenministerin Nancy Faeser und BKA-Chef Holger Münch noch freundlich zugelächelt – inzwischen ist die Stimmung in Wiesbaden nicht mehr so gut.

© Imago/Ipon

Sparen bei der Sicherheit?: Ampelkoalition nimmt Faesers Etat unter die Lupe

Bei der Verabschiedung des Haushalts lobte Innenministerin Faeser ihren Einsatz für das Budget der Sicherheitsbehörden. Doch das Bundeskriminalamt hätte nächstes Jahr weniger Geld zur Verfügung.

Als Kämpferin hat sich Ministerin Nancy Faeser präsentiert, als vor zwei Wochen ein Sparhaushalt für das nächste Jahr im Bundeskabinett verabschiedet wurde. „Der Schutz der inneren Sicherheit hat für uns höchste Priorität“, ließ die Sozialdemokratin damals zum Etatbeschluss mitteilen, „trotz besonders schwieriger Vorzeichen und eines harten Sparkurses.“

Nur dank ihres persönlichen Einsatzes gegenüber FDP-Finanzminister Christian Lindner – so die kaum versteckte Botschaft – bleibe das Budget ihres Hauses mit 12,9 statt bisher 13,1 Milliarden Euro annähernd stabil.

Tatsächlich lesen sich einige ihrer Haushaltszahlen durchaus beeindruckend. So sind von Faesers Gesamtetat insgesamt 6,49 Milliarden Euro für die dem Innenministerium unterstellten Sicherheitsbehörden reserviert. Davon entfallen als größte Posten auf die Bundespolizei 4,28 Milliarden Euro, was einem Plus von immerhin 140 Millionen Euro entspricht.

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Grund dafür ist, dass 1000 Planstellen für bereits eingestellte Anwärterinnen und Anwärter geschaffen werden. Beim Bundeskriminalamt (BKA) ist mit 871 gegenüber 875 Millionen Euro im Vorjahr nur ein minimales Minus zu verzeichnen.

Großes Minus im Vergleich zu 2022, ein kleineres zu 2023

Erst auf den zweiten Blick offenbart sich jedoch, dass gerade das BKA im Haushaltsentwurf bluten muss. So bestätigt ein Sprecher der in Wiesbaden ansässigen Behörde dem Tagesspiegel in Teilen eine auf anonyme Sicherheitskreise beruhende Darstellung durch das „Redaktionsnetzwerk Deutschland“, wonach den Beamtinnen und Beamten nächstes Jahr 90 Millionen Euro weniger für Sachmittel zur Verfügung stünden.

Die Differenz ergibt sich demnach aus dem Vergleich mit dem Haushaltsjahr 2022. Damals standen dem Bundeskriminalamt mit 906 Millionen Euro bereits 31 Millionen Euro mehr zur Verfügung als im laufenden Jahr, was sich dem Sprecher zufolge damit erklärt, dass Mittel aus dem Corona-Konjunkturpaket an die Behörde flossen.

Nach Abzug der Personalausgaben, Kosten für die verschiedenen Liegenschaften und Beiträge für internationale Organisationen hätten damals 327 Millionen Euro für die eigentliche Arbeit des BKA bereitgestanden. Im nächsten Jahr verbleiben nach demselben Rechenvorgang lediglich, so der Sprecher, „238 Millionen Euro für die Kernaufgaben des BKA“.

Das hat nicht nur mit dem im Vergleich zu 2022 etwas kleineren Etat, sondern vor mit den deutlich höheren laufenden Kosten zu tun. Entfielen damals „nur“ 474 Millionen Euro auf die Personalkosten, sind es im aktuellen Haushaltsjahr auch wegen des höheren Tarifabschlusses bereits 524 und im nächsten dann 528 Millionen Euro.

In diesen bewegten Zeiten sind Kürzungen im Sicherheitsbereich hochproblematisch.

Konstantin von Notz, Grünen-Innenpolitiker

Im Vergleich zum laufenden Jahr halten sich die Kürzungen tatsächlich in Grenzen – für originäre Aufgaben des BKA stehen aktuell auch nur 243 Millionen Euro zur Verfügung. Das Absinken auf 238 Millionen Euro im Jahr 2024 lässt die folgende Aussage von Faesers Ministerium zumindest nicht völlig falsch erscheinen: „Einsparungen oder Kürzungen bei den Sicherheitsbehörden sieht der Regierungsentwurf nicht vor.“

Mehr Aufgaben, aber kein Plus

Gleichwohl sorgt auch das Mini-Minus für Unmut beim Bundeskriminalamt, das wegen seiner stetig steigenden Aufgabenfülle von 5478 Personalstellen im Jahr 2010 auf 8139 im Jahr 2022 angewachsen ist.

Denn die Aufgaben sind nicht nur in der jüngeren Vergangenheit, etwa durch den Aufbau einer eigenen Cybercrime-Abteilung oder die Zentrale Meldestelle für strafbare Inhalte im Internet, mehr geworden. Auch gegenwärtig erfordern die Ermittlungen zum geplanten Reichsbürger-Putsch oder zu den Nord-Stream-Sprengungen eigentlich mehr Geld statt weniger.

Deshalb muss die Arbeit neu organisiert werden. „Aufgrund der aktuell zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel und der absehbaren Entwicklung wird im BKA derzeit geprüft, wie vorhandene Mittel effizienter genutzt werden können, wo Einsparpotenzial besteht und wie Kosten trotz gestiegener Aufgaben und wachsendem Personalkörper in der Zukunft gesenkt werden können“, sagte ein Sprecher auf Tagesspiegel-Anfrage: „Diese Prüfung dauert an. Inwieweit darüber hinaus Priorisierungen in der Aufgabenwahrnehmung und in der Aufrechterhaltung und Fortentwicklung der Fähigkeiten des Bundeskriminalamtes notwendig werden, ist deshalb noch offen.“

Innenpolitiker der Berliner Regierungskoalition wollen das nicht abwarten. „In diesen bewegten Zeiten sind Kürzungen im Sicherheitsbereich hochproblematisch“, sagte der Grünen-Innenpolitiker Konstantin von Notz dem Tagesspiegel: „Wir werden in den nächsten Wochen und Monaten darum ringen, dass das BKA, die Bundespolizei und der Verfassungsschutz nicht zulasten der Sicherheit sparen müssen.“

Bevor der Bundestag im Herbst das letzte Wort beim kommenden Haushalt hat, will auch sein FDP-Kollege Thorsten Lieb sicherstellen, dass nicht an der falschen Stelle gespart wird „Bei der inneren Sicherheit sprechen wir über die Kernfunktion staatlichen Handelns – da wird es keine Abstriche geben.“

Noch aber fehlen ihm die detaillierten Haushaltspläne aus dem Ministerium, und auch ein Gespräch mit dem BKA steht noch aus. „Sollten wir tatsächlich zu der Einschätzung kommen, dass die Arbeit des BKA durch den Etatentwurf der Innenministerin eingeschränkt würde“, so Lieb weiter, „wird der Bundestag das als Haushaltsgesetzgeber ändern.“

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