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Der frühere Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU).

© Imago/Political-Moments

Schadenersatzforderungen gegen Ex-Minister?: Dann droht dem Land der Stillstand

Verkehrsminister Volker Wissing will prüfen, ob sein Vorgänger Andreas Scheuer finanziell für das Maut-Fiasko haften muss. Das ist der völlig falsche Schluss aus einem schweren Fehler.

Ein Kommentar von Felix Hackenbruch

Mit vier Jahren Verspätung könnte Andreas Scheuer doch noch für das Pkw-Maut-Debakel zur Verantwortung gezogen werden. Als Verkehrsminister saß der CSU-Politiker erst die krachende Niederlage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) und dann einen Untersuchungsausschuss aus. Weil Scheuer mit Betreiberfirmen voreilig Verträge unterzeichnete, während der EuGH noch beriet, ist dem Bund ein Schaden in Höhe von 243 Millionen Euro entstanden.

Eine Viertelmilliarde Euro Steuergeld. Über den Vorgang belog Scheuer womöglich sogar das Parlament.

Dass der CSU-Politiker zu keiner Zeit politische Verantwortung für die fahrlässige Steuergeldverschwendung übernehmen wollte, hat dem Vertrauen in die Politik generell geschadet. Dass Scheuers Amtsnachfolger Volker Wissing nun prüfen lässt, ob der CSU-Politiker persönlich zur Kasse gebeten werden kann, ist aber der völlig falsche Schluss.

Zu Recht setzt sich gerade Wissings FDP vehement dafür ein, dass Vorhaben in Deutschland wieder schneller umgesetzt werden. Bürokratie soll abgebaut, Genehmigungen sollen vereinheitlicht, Planungen beschleunigt werden.

Dass der Bau eines Windrads acht Jahre benötigt, die Beschaffung der Bundeswehr für Ausrüstung und Material mitunter Jahrzehnte verschlingt oder ausländische Fachkräfte an den Mühlen deutscher Amtsstuben scheitern, sind unhaltbare Zustände, die von der Ampelkoalition erkannt wurden.

Doch für schnelle Entscheidungen braucht es auch entschlossene Entscheider auf allen Ebenen. Politikerinnen und Politiker, die bereit sind, ins Risiko zu gehen und sich nicht erst noch mit dem sechsten Gutachten absichern.

„Bedenken second“ hat die FDP vor einigen Jahren im Wahlkampf plakatiert. Doch wenn Minister fürchten müssen, für ihr Handeln später mit ihrem Privatvermögen haften zu müssen, droht dem Land der Stillstand.

Deutschland brauche eine Fehlerkultur, wird in Sonntagsreden immer wieder beteuert. Doch Wissings Gutachten zu Regressforderungen gegen Scheuer und Ampel-Überlegungen, das Ministergesetz zu verschärfen, bewirken das Gegenteil – zumal eine mögliche Ministerversicherung ebenfalls vom Steuerzahler gestemmt werden müsste.

Die Regierung sollte sich stattdessen überlegen, welche Sicherheitsgurte sie für zukünftige Entscheidungen einbauen will. Etwa ein verpflichtendes Rücktrittsrecht bei Vertragsschlüssen mit der Privatwirtschaft. Denn letztlich setze Scheuer – wenn auch voreilig – einen Beschluss des Parlaments um. Das wurde mit der vergangenen Wahl und der Abwahl der Union bereits in Haftung genommen.

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