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Gesundheitsreform: "Qualität geht vor Schnelligkeit"

Die gesetzlichen Krankenkassen fordern eine Verschiebung der Gesundheitsreform. Auch aus der CSU kommen kritische Stimmen.

Berlin - Die Absicht der Bundesregierung, trotz anhaltender Differenzen zwischen Union und SPD am Sonntag die Eckpunkte der Gesundheitsreform festzulegen, gerät zunehmend in die Kritik. Auch innerhalb der Koalition wachsen offenbar die Zweifel an einer Einigung. CSU-Generalsekretär Markus Söder sagte: «Das Ergebnis ist wichtiger als der Tag der Verkündung.»

Söder betonte: «Qualität geht vor Schnelligkeit.« Solange nicht alles ausdiskutiert sei, könne es auch keine Einigung geben. Strittig ist weiterhin, wie groß der Anteil der Steuerfinanzierung sein soll und inwieweit die privaten Krankenkassen einbezogen werden. Unklar bleibt auch, wie das Milliardenloch in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gestopft werden soll.

Dabei zeichnet sich ab, dass nur eine ungefähre Kompromisslinie präsentiert werden könnte. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Olaf Scholz erwartet «sehr grobe Eckpunkte» für die parlamentarischen Beratungen, «die uns das nächste halbe Jahr beschäftigen werden».

Ein Gesundheitsfonds sei bereits 2007 nicht zu realisieren, «dazu ist die Materie zu komplex», sagte der Chef der Barmer Ersatzkasse, Eckart Fiedler. Vor 2009 werde das nicht funktionieren. Auch die Kaufmännische Krankenkasse (KKH) warnte vor übereilten Entscheidungen. Die große Gesundheitsreform solle verschoben werden, «damit bei den Beratungen nicht ein verhängnisvoller Kompromiss herauskommt, der das System beschädigt», sagte Vizechef Rudolf Hauke.

"Steuererhöhung treibt Kosten"

Indessen dringen die Kassen auf Klarheit über ihre Finanzlage im kommenden Jahr. Gerechnet wird mit einem Minus von sieben Milliarden Euro, das zu Beitragserhöhungen von 0,7 Prozentpunkten führen könnte. DAK-Chef Herbert Rebscher nannte es «skandalös», dass die Regierung durch die Mehrwertsteuererhöhung auch die Gesundheitskosten in die Höhe treibe. Dies werde 2007 mit einer Milliarde Euro zu Buche schlagen.

Ein weiteres Milliardenloch droht nach Einschätzung des Essener Gesundheitsökonomen Jürgen Wasern durch die vom Marburger Bund verlangte Übertragung des Länder-Ärztetarifvertrags auf die Kommunen. Dies werde bis zu einer Milliarde Euro kosten. Es gelte als wahrscheinlich, dass die Städte und Landkreise den «Scheck» an die Krankenkassen weiterreichen.

Die von der Koalition bislang geplanten Einsparungen von 2 bis 3,5 Milliarden Euro könnten auch durch ein neues Honorarsystem für die Ärzte ins Wanken geraten. Einem Bericht der «Ruhr Nachrichten» zufolge drohen der GKV durch eine Umstellung der Vergütung auf Pauschalen weitere Milliardenbelastungen.

DIHK spricht von Wahlbetrug

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) warf der Union Wahlbetrug vor. Das Vorhaben, nun auch noch die Einkommenssteuer zu erhöhen, stehe «im krassen Gegensatz zu den Ankündigungen im Wahlkampf», sagte Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben.

Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach verteidigte dagegen die geplante stärkere Steuerfinanzierung. Es gehe darum, die Krankenkassenbeiträge zu senken. Wenn dies nicht gelänge, «dann wäre die Reform gescheitert». (Von Jan Staiger, ddp)

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