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Die Ministerpräsidenten Boris Rhein (CDU) und Markus Söder (CSU) haben bessere Karten als ihre Herausforderer.

© picture alliance/dpa/Sebastian Gollnow

Neue Landtage in Bayern und Hessen: Deutschland vor einer kleinen Bundestagswahl

An diesem Sonntag werden die Landesparlamente in München und Wiesbaden neu gewählt. Die Ministerpräsidenten Markus Söder und Boris Rhein haben bessere Karten als ihre Konkurrenten.

Mit den Wahlen in Bayern (13,4 Millionen Einwohner) und Hessen (6,4 Millionen Einwohner) an diesem Sonntag ist fast jeder vierte Deutsche zur Stimmabgabe aufgerufen. In der Mitte der Legislaturperiode des Bundestags sind die Doppel-Wahlen in zwei der wirtschaftsstärksten Länder der Republik zudem ein Test für die Akzeptanz der Ampel-Koalition in Berlin.

Geht es nach den letzten Umfragen, so müssen sich die drei Koalitionspartner im Bund, also SPD, Grüne und FDP, in beiden Wahlen auf Stimmeneinbußen einstellen.

Die letzten Erhebungen sehen die CSU in Bayern und die CDU in Hessen mit enormem Abstand als jeweils stärkste Partei. Das beschert den Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU), der Bayern seit 2018 regiert, und dem seit 2022 amtierenden hessischen Regierungschef Boris Rhein (CDU) gute Karten für eine jeweils weitere Amtszeit.

In Bayern koaliert die CSU, die seit 1957 den Ministerpräsidenten stellt, mit den Freien Wählern. Auf Basis der letzten Umfragen kann dieses Bündnis fortgesetzt werden. Beide Parteien haben sich dafür ausgesprochen, die CSU hat eine Koalition mit den Grünen hingegen ausgeschlossen.

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Jahre lang stellt die CSU den bayerischen Ministerpräsidenten, seit 1957 bis heute.

Die CDU im Bund und den Ländern wird an diesem Sonntag genau nach München schauen. Das Abschneiden der CSU kann Auswirkungen haben auf die Avancen Söders auf die CDU/CSU-Kanzlerkandidatur 2025, für die bisher der glücklose CDU-Vorsitzende Friedrich Merz als natürlicher Anwärter gilt. Wird Söder zu diesem Thema politische Signale setzen?

Die CSU lag in der letzten Umfrage der Forschungsgruppe für ZDF und Tagesspiegel bei 37 Prozent, also auf dem Niveau ihres relativ schlechten Abschneidens bei der Wahl 2018 (37,2 Prozent). Die Freien Wähler (FW) werden in der jüngsten Umfrage bei 15 Prozent taxiert. Das wäre nach 2018 (11,6 Prozent) ein Zugewinn. Die Flugblatt-Affäre um FW-Chef Hubert Aiwanger hätte demnach eher einen Nutzen denn einen Schaden gebracht.

Grüne im Sinkflug, AfD im Aufwind

Die Grünen wurden zuletzt bei 16 Prozent bewertet, leicht unter ihrem letzten Wahlergebnis (17,6 Prozent). Die AfD käme demnach auf 14 Prozent, deutlich besser als bei der Wahl 2018 (10,2 Prozent). Ihr mit der Bundesebene vergleichbar bescheidener Umfragewert ist unter anderem auf die Stärke der FW zurückzuführen. Die traditionell erfolglose bayerische SPD muss einen erneuten Nackenschlag befürchten. Nach nur 9,7 Prozent 2018 wurde sie zuletzt bei neun Prozent gesehen.

Auf Basis der letzten Umfrage flöge die FDP mit drei Prozent aus dem Bayerischen Landtag, in den sie 2018 nur schwerlich, mit 5,1 Prozent, eingezogen war. Die Linke wurde in der jüngsten Umfrage nicht einmal mehr aufgeführt.

Gute Chancen für Boris Rhein

In Hessen hat die CDU gute Chancen, das von ihr seit 1999 geführte Amt des Ministerpräsidenten zu verteidigen. Bei 32 Prozent sah die Forschungsgruppe Wahlen in ihrer Umfrage für ZDF und Tagesspiegel die Partei von Ministerpräsident Boris Rhein. Das entspräche nach 27 Prozent bei der Wahl 2018 einem soliden Zugewinn. Die hessische CDU schnitte damit auch besser ab als die CDU bundesweit in Umfragen.

Eng umkämpft ist in Hessen der letzten Umfrage zufolge Platz Zwei und Drei. SPD und Grüne lagen hier bei jeweils 17 Prozent, nach jeweils 19,8 Prozent bei der Wahl 2018. Die AfD wurde bei 16 Prozent bewertet, vor fünf Jahren erzielte sie im Land ihrer Gründung 13,1 Prozent.

Auf Basis dieser Zahlen haben die Kandidaten von SPD und Grünen für das Amt des Ministerpräsidenten, Bundesinnenministerin Nancy Faeser und Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir, kaum eine Chance auf den Einzug in die Staatskanzlei. Die CDU könnte demnach mit den Grünen, also wie bisher, oder mit der seit 25 Jahren in der Opposition darbenden SPD regieren.

Kanzler will an Faeser festhalten

Faeser bliebe, heißt es in SPD-Kreisen, selbst nach einer krachenden Niederlage Bundesinnenministerin. Kanzler Olaf Scholz (SPD) habe die umstrittene Doppelrolle gebilligt, er neige nicht zu Rauswürfen und habe keine geeignete Nachfolgerin für den Posten inmitten einer sich verschärfenden Migrationskrise.

Eine Zitterpartie droht der FDP, sie lag in der letzten Umfrage bei fünf Prozent, nach 7,5 Prozent bei der Wahl 2018. Ein Scheitern an der Sperrklausel dürfte den Unmut der FDP über die Ampel-Koalition nähren. Unter Druck käme wohl auch die Landesvorsitzende, Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger.

Während die Linke (letzte Umfrage drei Prozent, Wahl 2018 6,3 Prozent) damit rechnen muss, aus dem Landtag zu fliegen, können sich die Freien Wähler womöglich Hoffnungen auf einen erstmaligen Einzug in das Wiesbadener Parlaments machen. Die letzte Umfrage sah die FW bei vier Prozent, 2018 hatte sie drei Prozent erzielt.

Jedes Ergebnis über fünf Prozent wäre für die FW in Hessen ein Triumph. Er würde, neben dem Abschneiden in Bayern, die Debatte um eine Kandidatur bei der Bundestagswahl 2025 anheizen. Nicht nur in Bezug auf die Freien Wähler ist das bundespolitische Signal dieses 8. Oktober nicht zu unterschätzen.

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