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Nicht mehr länger in der Linkspartei: Oskar Lafontaine, hier auf einem Archivfoto aus dem Jahr 2010.

© Imago

Austritt aus der Linkspartei: Lafontaine geht als großer Gescheiterter

Oskar Lafontaine hört auf mit der Politik. Mit seinen Ideen war er oft Jahre vor den anderen. Und doch bleibt er ein Gescheiterter. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Oskar Lafontaine: Oberbürgermeister von Saarbrücken, SPD-Landesvorsitzender, Ministerpräsident des Saarlandes, SPD-Kanzlerkandidat, SPD- Bundesvorsitzender, Bundesfinanzminister, Mitgründer der Linkspartei, deren Partei- und Fraktionsvorsitzender im Bundestag und Fraktionschef im Landtag – und seit gestern parteilos. Wieder trennt er sich von einer, seiner Partei, wieder im Zorn.

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Das Ende eines langen Streits wird zum Ende einer großen Karriere. Was bleibt, ist das Gefühl, dass er als großer Gescheiterter in die bundesdeutsche Parteiengeschichte eingehen wird.

44 Zeilen schreibt er zum Abschied. Dass die Linke „keine Alternative zur Politik sozialer Unsicherheit und Ungleichheit“ mehr sei, teilt Lafontaine unter anderem mit

Nun, wer sich in sein Gedankengebäude begibt, ihm folgt, kann nicht anders, als festzuhalten: Stimmt. Wer aber seine Grundannahmen in Zweifel zieht, der wird sich fragen, ob mit ihm noch die neue Zeit gezogen ist, frei nach einem alten Lied der Arbeiterbewegung.

Ja, im politischen Spektrum sollte es auf der Linken eine Herausforderung geben, die den meist mittigen Regierenden den Spiegel vorhält und sie „die Interessen der Arbeitnehmer und Rentner und eine auf Völkerrecht und Frieden orientierte Außenpolitik“ nicht vergessen lässt.

Doch hilft Rigorismus in der praktischen Politik nicht weiter. Und ja, die Linke hat ihr Profil zu mehr Pragmatismus verändert; selbst die Linken an der Spitze sind nach dem russischen Überfall auf die Ukraine für steigende Rüstungsausgaben und umfassende Waffenlieferungen.

Lafontaine, gewissermaßen ein ewig Unzeitgemäßer

Doch die Zeiten von Sozialabbau durch Hartz-Reformen - nachdem Lafontaine im März 1999 als SPD-Chef und Finanzminister aufgegeben hatte - sind lange vorbei; auch durch sein Zutun. Und skrupulöse Außenpolitik, Willy Brandts eingedenk, als dessen „Enkel“ Lafontaine lange firmierte, wirkt bis heute fort. Nicht zuletzt durch die Partei Die Linke.

Lafontaine, gewissermaßen ein ewig Unzeitgemäßer: Mit seinen Ideen war er oft Jahre vor den anderen, ob Kapitalertragsteuer oder binationale Brigaden. Oder seine Vorhersage, was zum Beispiel die Deutsche Einheit kosten werde – in eingeweihten Kreisen legendär, nur noch zu vergleichen vielleicht mit CSU-Chef Franz Josef Strauß. Aber seine Rechthaberei eben auch. Nach 50 Jahren aktiver Politik hört Oskar Lafontaine auf.

Aber wie: mit Vorwürfen an die Linke in Bund und Land. Ob der Bruch mit der SPD ein Fehler war? Das, sagte der 78-jährige unlängst, könne er „auch heute nicht beantworten“. Und: Vielleicht hätte er mehr erreichen können. „Aber das Geschehene kann man nicht mehr ungeschehen machen.“ Ein trauriger Schluss.

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