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Eine Polizistin spricht in einem Lager auf der griechischen Insel Lesbos mit Flüchtlingskindern.

© REUTERS/Yara Nardi

Kontrolle von Flüchtlingen an den EU-Außengrenzen: So hadern die Grünen mit dem Ampel-Beschluss

Die Ampel-Parteien haben sich für Asylverfahren an den EU-Außengrenzen ausgesprochen. Doch einige Grüne haben damit ein Problem.

Vor einem entscheidenden Treffen der EU-Innenminister in Luxemburg am 8. Juni streiten die Grünen über mögliche Asylverfahren an den EU-Außengrenzen. In der Partei gibt es unterschiedliche Ansichten darüber, wie viel Zugeständnisse man im Detail an die Befürworter einer härteren Linie bei der europäischen Asylpolitik machen soll.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) setzt darauf, dass sie und ihre europäischen Amtskolleginnen und -kollegen bei dem Treffen Anfang Juni in Luxemburg bei der Reform des EU-Asylsystems einen großen Schritt vorankommen. Ein Teil der Vorarbeit für das EU-Treffen war in Berlin beim Bund-Länder-Flüchtlingsgipfel zur Entlastung der Kommunen Anfang des Monats geliefert worden: Nach dem Willen der Gipfelteilnehmer soll die Bundesregierung den Grenzschutz an den EU-Außengrenzen unterstützen. Bereits zuvor hatte Faeser verkündet, dass die Ampel-Koalition sich einig sei, Asylverfahren an den EU-Außengrenzen anzustreben.

Im Fokus der Diskussion auf EU-Ebene stehen unter anderem verpflichtende Grenzverfahren. Hier geht es darum, Menschen an den EU-Außengrenzen in Zentren festzuhalten. Bei Migranten aus Herkunftsländern, für die eine geringe Anerkennungsquote gilt, soll noch vor Ort ein Asylverfahren durchgeführt werden.

Doch es gibt etliche Grüne, die mit der Festlegung der Ampel für solche Grenzverfahren hadern. So twitterte die Landesarbeitsgemeinschaft Migration und Flucht der Grünen in Berlin jüngst, es brauche ein „grünes Veto gegen die Pläne von Nancy Faeser und eine Rückkehr zur Achtung der Menschenwürde im Umgang mit Asylsuchenden in der EU“.

Auch der Grünen-Europaabgeordnete Erik Marquardt hatte zum Bund-Länder-Gipfel per Twitter erklärt: „Wer eine funktionierende Asylpolitik will, darf nicht mit Debatten um Zäune, Haftlager und Grenzkontrollen davon ablenken, dass die Kommunen jetzt schnell nachhaltige Unterstützung brauchen.“ Nach den Worten von Marquardt müssten Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) die Realitäten endlich anerkennen, „sonst gewinnt der Hass“.

Von der Grünen-Parteiführung ist derweil wenig zu dem Thema zu hören. So hatte Co-Chefin Ricarda Lang vor dem Bund-Länder-Treffen erklärt, dass Flüchtlinge in Deutschland schneller Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten sollten. Ein solches Vorgehen fördere „die Integration der Geflüchteten, hilft Unternehmen, die händeringend Arbeits- und Fachkräfte suchen, und entlastet die öffentlichen Kassen“, sagte sie.

Soll es Asylverfahren an den EU-Außengrenzen geben? Nein. Wird es sie geben? Ja.

Reinhard Bütikofer, Grünen-Europaabgeordneter

In der Frage der umstrittenen Verfahren an den EU-Außengrenzen gibt es indes bei den Grünen durchaus unterschiedliche Ansichten. Der Bundestagsabgeordnete Julian Pahlke sagte bei der Debatte zum EU-Asylrecht am Donnerstagabend, es sei ein Trugschluss, wenn man glaube, dass man die Kommunen in Deutschland durch Zäune an den EU-Außengrenzen entlasten könne. Wer Zäune errichte, werfe Flüchtlinge „vor den Bus“, erklärte Pahlke.

Zudem forderte er eine schnellere Verteilung der Flüchtlinge in der EU, damit Länder wie Griechenland und Italien nicht allein gelassen werden. Die Verteilung müsse Teil der geplanten Reform des Asylsystems sein, verlangte Pahlke. Nach dem gegenwärtigen Stand der Verhandlungen unter den 27 EU-Staaten vor dem Innenministertreffen am 8. Juni ist es tatsächlich denkbar, dass es im Rahmen einer so genannten „verpflichtenden Solidarität“ zu einer begrenzten Verteilung von Flüchtlingen in der EU kommt.

Andere Grünen-Vertreter wollen die geplanten Kontrollverfahren an den EU-Außengrenzen hingegen nicht komplett ausschließen. Der Grünen-Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer sagte dem Tagesspiegel: „Soll es Asylverfahren an den EU-Außengrenzen geben? Nein. Wird es sie geben? Ja. Was also tun? Unbeirrt für das mögliche Maximum an Humanität eintreten.“

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