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Politik: Kohl erzählt, Stoiber verwirrt

Der Altkanzler erhält in München einen Preis im Namen von Franz Josef Strauß

Die Oboe keckerte im Molto Allegro von Mozarts D-Dur-Divertimento bereits munter vor sich hin, als Helmut Kohl wie weiland der Lauterer Stopper Werner Liebrich in den Kaisersaal der Münchner Residenz walzte. Vorne, aufgereiht wie Orgelpfeifen, die Strauß-Kinder: Moni, Franz-Georg, Max. Als Kohl aufstand, um den Preis entgegenzunehmen, den die Hanns-Seidel-Stiftung in memoriam Franz Josef Strauß „großen Staatsmännern“ verleiht (vormals Henry Kissinger, José Mariá Aznar, George Bush der Ältere und Roman Herzog), da keckerte die Oboe wieder, und so führte sich der Alt- Kanzler den vierten Satz des Stückes stehend zu Gemüte. Ein kleiner protokollarischer Fauxpas, der ihn, wie Kohl betonte, ganz und gar nicht gestört habe: „So viele junge Menschen“, er meinte die Musikanten des BR-Sinfonieorchesters, freuten ihn immer. Man kann ihnen viel erzählen.

Derart harmonisch ging es alleweil zu, die 500 Gäste ließen sich auch vom bayerischen Ministerpräsidenten nicht aus dem Konzept bringen. Edmund Stoiber war ausersehen worden, den Festvortrag zu halten, outete den Pfälzer Kohl zur allgemeinen Erheiterung zunächst als gebürtigen Bayern (die Pfalz war vor 1945 bayerisch, in Kohls Geburtsjahr 1930 aber von den Franzosen besetzt), und verlor sich im Weiteren bis hin zu Aristoteles und dessen Negation der Zufallstheorie. Hauptsächlich aber montierte Stoiber die Redemodule der vergangenen Wahlkampfwochen zusammen, bis man den Eindruck haben konnte, es müsse jetzt eigentlich nur einen Donnerschlag tun, Helmut Kohl säße wieder oben am Kabinettstisch – und in Deutschland wäre alles wieder gut.

Das Publikum war, gelinde gesagt, ein wenig verwirrt, doch konnte ihm geholfen werden in Person von Stoibers Intimfeind Theo Waigel. Finanzminister a. D. Waigel erwähnte als Laudator, dass FJS dem Einheitskanzler gewiss ein „Respekt, Helmut!“ zugerufen hätte.

Am Ende der Altkanzler, immer mehr Monument seiner selbst, aber stets wachsam noch, wenn es darum geht, ein wenig Tagespolitik zu machen für „meine Union“. Die habe nun „ihre Pflicht zu tun für das Land“, auch wenn man da – wegwerfende Handbewegung – am Tische sitze mit Leuten, „die nichts, aber auch gar nichts“ für die Bundesrepublik geleistet hätten. Ausklingend versöhnlichere Töne, Bubenerinnerungen an München, das er zuerst als Flakhelfer 1945 sah, eine Würdigung des visionären Potenzials von Strauß („ja, wir hatten unseren Streit“) und die Warnung vor dem „Hegelschen Leviathan“. Nie hätte Kohl im Übrigen gedacht, dass er einmal einen Preis im Namen von Franz Josef Strauß erhalten werde. So gesehen war es („im Leben fügt sich manches“), für den Geehrten tatsächlich „eine große Stunde“.

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