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Der Bundesrat lässt das Jahressteuergesetz am Freitag passieren.  

© imago/Political Moments

Keine höheren Freibeträge bei Erbschaftsteuer: Warum die CSU im Bundesrat ganz allein stand

Bauchlandung in Abwesenheit: Im Bundesrat gibt es nur wenig Unterstützung für die Forderung von Markus Söder. Aber eine klare Mehrheit für die Ampel

Markus Söder war gar nicht im Bundesrat am Freitagmorgen. So war es sozusagen eine Bauchlandung in Abwesenheit, die der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef erleben musste. Denn für das umstrittene Jahressteuergesetz der Ampel-Koalition kamen am Ende doch genügend Stimmen zusammen. Es kann nun zum 1. Januar in Kraft treten.

Das aber hatten die Bayern verhindern wollen – und nicht nur sie. Der Grund: Eine Änderung der Bewertungsweise von Immobilien, verlangt vom Bundesverfassungsgericht, hat auch Auswirkung auf die Erbschaftsteuer. Mit der Folge, dass wohl nicht wenige Erben künftig über den bisherigen Freibeträgen liegen – und jene, bei denen das bisher schon der Fall war, dann noch weiter darüberliegen.

Das bedeutet, dass demnächst mehr Erbschaftsteuer zusammenkommt. Denn wenn nun künftig der tatsächliche Verkehrswert angesetzt wird, schlagen die massiven Preissteigerungen bei Immobilien in den vergangenen Jahren bei der Steuerbemessung durch.

So forderte die Union, voran Söders Regierung, eine deutliche Steigerung der Freibeträge. Von einem Plus von 65 Prozent war zuletzt im Bundestag die Rede. Die FDP wäre auch dabei, würde aber nur um 25 Prozent erhöhen (die Inflation über alle Waren hinweg lag bis vor Kurzem immerhin deutlich unterhalb des Preisauftriebs bei Häusern, Wohnungen und Grundstücken).

SPD, Grüne und auch die Linken, die über vier Regierungsbeteiligungen in den Ländern ein bisschen mitreden können, hatten aber kein Problem damit, dass die Freibeträge bleiben, wie sie sind. Was vor allem den bayerischen Löwen reizte. Getrieben aus München und von Teilen der Unions-Fraktion, vor allem der CSU-Landesgruppe, wurde daher seit Wochen vorbereitet, dem Jahressteuergesetz die Zustimmung zu verweigern.

Das Ziel: Die Ampel sollte vorgeführt werden, nicht zuletzt die FDP von Bundesfinanzminister Christian Lindner. Die Vetomacht der Union im Bundesrat sollte ausgespielt werden, ähnlich wie beim Bürgergeld vor drei Wochen. Das aber ging am Freitag krachend schief.

Jahressteuergesetz bringt viele Verbesserungen und spürbare Bürokratie-Erleichterungen.

Katja Hessel, Finanzstaatssekretärin

Angeführt von Nordrhein-Westfalen, wo Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) mit den Grünen regiert, stimmten auch Baden-Württemberg (grün-schwarz), Schleswig-Holstein (schwarz-grün) und Sachsen-Anhalt (schwarz-rot-gelb) für das Gesetz. Das angestrebte Vermittlungsverfahren war damit vom Tisch.

Denn das Interesse an höheren Freibeträgen sinkt, wenn es weniger wohlhabende Erben gibt. In den Ost-Ländern – auch Brandenburg, wo die CDU mitregiert, stimmte zu – ist es erheblich geringer als in Bayern. Gleichzeitig profitieren finanzschwächere Länder über den Finanzausgleich von den besonders hohen Erbschaftsteuereinnahmen im Süden. So war der Elan unter den CDU-Ministerpräsidenten deutlich geringer als in der von Friedrich Merz geführten Unions-Fraktion im Bundestag.

Unterschiedliche Interessen

Zudem hatte die Ampel natürlich die Liste der Vorhaben parat, die bei einem Nein im Bundesrat und einem Vermittlungsverfahren zumindest einige Wochen verzögert worden wären. Jahressteuergesetze stecken üblicherweise voller mehr oder weniger wichtiger Einzelmaßnahmen. Aber SPD, FDP und Grüne hatten einige breiten- und damit werbewirksame Beschlüsse darin untergebracht. Finanzstaatssekretärin Katja Hessel (FDP) sprach im Bundesrat von „vielen Verbesserungen“ und einer „spürbaren Bürokratie-Erleichterung“.

Zu den Vorhaben, die nach dem Scheitern der Erbschaftsteuer-Falken in der Union nun umsetzbar sind, gehört die Verlängerung der Homeoffice-Pauschale samt mehr Möglichkeiten, Heimarbeit steuerlich anzusetzen. Aufwendungen für die Altersvorsorge können jetzt schon ab 2023 komplett bei der Einkommensteuer angesetzt werden. Der Sparerpauschbetrag wird erhöht, der Ausbildungsfreibetrag ebenfalls. Zudem wird die Anschaffung und der Betrieb von Photovoltaikanlagen in hohem Maß von Steuern befreit. Die Abschreibung von Wohngebäuden wird attraktiver für Eigentümer.  

All das hätte über die Feiertage in den Medien gestanden mit der Zeile „Union blockiert“ – und das wegen höherer Freibeträge für Erben, von denen nicht wenige, gerade beim Erben der Elternhäuser, ohnehin kaum deutlich höhere Belastungen zu erwarten haben. Das erschien dann doch einigen Granden in der Union zu riskant.

Söders Finanzminister Albert Füracker (CSU) hatte die Aufgabe, die bayerische Linie im Angesicht einer breiten Ablehnungsfront zu verteidigen (immerhin: Hessen, wo 2023 wie in Bayern Wahlen anstehen, stimmte auch nicht zu). Es sei ja nicht alles schlecht beim Jahressteuergesetz, meinte Füracker zwar.

Die Aufforderung aus der Ampel, man werde höhere Freibeträge mittragen, wenn sich im Bundesrat dafür eine Mehrheit finde, schmeckte dem Abgesandten aus München natürlich nicht. Bayern solle sich damit abfinden, dass es diese Ländermehrheit nicht gebe. Aber man werde nicht nachlassen beiden Freibeträgen, kündigte Füracker an. „Wir werden das Thema forcieren.“

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