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Bundeskanzler Olaf Scholz.

© Foto: REUTERS/ MICHELE TANTUSSI

Kanzler dringt auf diplomatische Lösung: Scholz und Putin telefonieren erstmals seit Mai wieder

Auf Deutschland lastet der Druck, auch Panzer an die Ukraine zu liefern. Der Kanzler ergreift zunächst andere Maßnahmen - und versucht Putin im Telefonat zum Waffenstillstand zu bewegen.

Angesichts der militärischen Erfolge der Ukraine hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) einen neuen Versuch unternommen, den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu einem Waffenstillstand und zu diplomatischen Verhandlungen zu bewegen.

Nach wachsendem Druck aus seiner Ampel-Koalition, mit einer Lieferung von Panzern die militärische Hilfe für die Ukraine zu verstärken, telefonierte der Kanzler rund 90 Minuten mit Putin. Es war das erste direkte Telefonat seit Mai.

„Der Bundeskanzler drängte angesichts der Ernsthaftigkeit der militärischen Lage und der Konsequenzen des Krieges in der Ukraine gegenüber dem russischen Präsidenten darauf, dass es so schnell wie möglich zu einer diplomatischen Lösung komme, die auf einem Waffenstillstand, einem vollständigen Rückzug der russischen Truppen und Achtung der territorialen Integrität und Souveränität der Ukraine basiert“, teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit mit.

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„Der Bundeskanzler betonte, dass etwaige weitere russische Annexionsschritte nicht unbeantwortet blieben und keinesfalls anerkannt würden.“

In der Vorwoche hatte Scholz auch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gesprochen. Die ukrainische Regierung fordert von der Bundesregierung dringend eine rasche Ausweitung der bereits erheblichen Militärhilfe, vor allem auch die Lieferung von Schützen- und Kampfpanzern.

Keine „Alleingänge“ Deutschlands

Scholz argumentierte bisher, es sei Konsens der Nato-Partner, keine westlichen Panzer zu liefern. Es dürfe hier keine Alleingänge geben. Die US-Botschaft in Berlin machte jedoch deutlich, dass sie die Argumentation des Kanzlers gegen solche Lieferungen nicht teilt.

„Wir wissen die militärische Unterstützung Deutschlands für die Ukraine zu schätzen und werden uns weiterhin eng mit Berlin abstimmen“, hieß es dazu am Dienstag in einem Tweet der US-Botschaft. „Die Entscheidung über die Art der Hilfen liegt letztlich bei jedem Land selbst.“

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Das wurde bei FDP und Grünen aufmerksam registriert. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) betonte bei Twitter mit Blick auf den Kanzler: „Bei der Frage nach Lieferung von Panzern und schweren Waffen an die Ukraine wird von manchen Seiten gerne abwehrend darauf hingewiesen, dass wir keine Alleingänge ohne unsere Partner machen dürfen. Nur: Unsere Partner selbst geben uns grünes Licht, endlich selbst voranzugehen“.

Da auch die Grünen-Spitze zuletzt das Kanzleramt mit den Worten, es sei angesichts der militärischen Erfolge der Ukraine keine Zeit für weiteres Zögern, unter Druck gesetzt hatte, kündigten Unions-Politiker einen entsprechenden Antrag im Bundestag an. Das würde die Ampel dann dazu zwingen, Farbe zu bekennen.

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SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert hatte mit Blick auf Panzerlieferungen vor der Gefahr einer Eskalation durch Russland gewarnt. Er habe die Lieferungen nicht ausgeschlossen, jedoch auf die Argumentation des Kanzlers, es dürfe keine Alleingänge geben, verwiesen.

Im Fokus des Telefonats: Kriegsgefangene und Saporischschja

Dem Regierungssprecher zufolge forderte Scholz Putin in dem Telefonat auf, gefangengenommene ukrainische Soldaten gemäß der Vorgaben des humanitären Völkerrechts, insbesondere der Genfer Abkommen, zu behandeln sowie einen ungehinderten Zugang des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz sicherzustellen.

Mit Blick auf die Lage am von russischen Truppen besetzten Atomkraftwerk Saporischschja betonte Scholz demnach die Notwendigkeit, die Sicherheit des Atomkraftwerks zu gewährleisten. „Der Bundeskanzler forderte in diesem Zusammenhang, jegliche Eskalationsschritte zu vermeiden und die im Bericht der Internationalen Atomenergieagentur empfohlenen Maßnahmen umgehend umzusetzen“, teilte Hebestreit mit.

Zudem habe Scholz an Putin appelliert, das Abkommen zum Seetransport von Getreide aus der Ukraine „nicht zu diskreditieren und weiter vollständig umzusetzen“.

Ein Massengutfrachter, der im Rahmen der „Getreideinitiative“ mit ukrainischen Getreidepflanzen beladen wird.

© dpa / dpa/Ukrinform/Uncredited

Stellvertretende ukrainische Verteidigungsministerin: „Die Kämpfe dauern an“

Die ukrainischen Streitkräfte kommen bei ihrer Offensive in der Region Charkiw im Nordosten des Lands nach Angaben der Regierung weiter voran. Dies liege daran, dass die Truppe höchst motiviert und die Operation gut geplant sei, sagte die stellvertretende Verteidigungsministerin Hanna Maljar der Nachrichtenagentur Reuters.

Es sei allerdings noch zu früh zu sagen, dass die Ukraine die volle Kontrolle über die Region übernommen habe. „Die Kämpfe dauern an“, sagt Maljar.

Das Ziel ist, die Region Charkiw zu befreien und darüber hinaus alle Gebiete, die von der Russischen Föderation besetzt sind.

Hanna Maljar, stellvertretende Verteidigungsministerin der Ukraine

Ukrainischen Angaben zufolge ziehen sich Russlands Truppen auch aus ersten Orten im Nachbargebiet Luhansk zurück. „Heute ist die Kleinstadt Kreminna völlig leer“, sagte der ukrainische Militärgouverneur von Luhansk, Serhij Hajdaj.

„Es gibt keine Polizei, keine Kommandantur, keine Staatsanwaltschaft – es gibt niemanden mehr, sie sind alle weggelaufen.“ Unabhängig überprüft werden konnten diese Aussagen zunächst nicht.

Unter dem Druck ukrainischer Gegenoffensiven hatte sich Russlands Armee am vergangenen Wochenende aus dem Gebiet Charkiw zurückziehen müssen. Mithilfe westlicher Waffen will Kiew nun auch die besetzten Teile der angrenzenden Regionen Luhansk und Donezk zurückerobern. (mit Agenturen)

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