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Hubert Aiwanger, Vorsitzender der Freien Wähler, läuft beim Handwerkertag auf der Michaelismesse in Richtung Festzelt.

© dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Update

Flugblatt-Affäre um Aiwanger: Söder fordert schnelle Klärung – und die Ampel mögliche Konsequenzen

Trotz der Antisemitismus-Vorwürfe bleibt Hubert Aiwanger vorerst im Amt. Doch der bayrische Ministerpräsident Söder stellt Bedingungen an seinen Vize.

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Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat seinen Vize Hubert Aiwanger aufgefordert, alle im Raum stehenden Vorwürfe betreffend dessen Schulzeit schnell und umfassend zu klären. „Alle Fragen müssen zweifelsfrei geklärt werden. Da darf kein Verdacht übrig bleiben“, sagte Söder am Mittwoch am Rande eines Termins im oberbayerischen Beilngries.

Das gelte für Fragen, die es seit dem Wochenende gebe, und auch für neue Fragen und Vorwürfe, die inzwischen dazugekommen seien, erklärte der CSU-Vorsitzende.

Dies müsse aber in einem fairen Verfahren stattfinden, betonte Söder. Deshalb habe der Freie-Wähler-Chef nun die Gelegenheit, sich zu äußern und zwar „vernünftig, fair und aber auch umfassend“. 25 Fragen habe man ihm übermittelt.

„Dazu sollen wir eine zeitnahe und maximal transparente Antwort auch erhalten, sodass wir dann auch eine glaubwürdige Diskussion darüber führen können, wie wir das bewerten“, betonte Söder. „Wir hoffen sehr, dass das am Ende endlich gelingen kann, diese Sachen zweifelsfrei zu klären. Denn eines ist klar: Solche Vorwürfe dürfen nicht weiter im Raum stehen.“

Die Spitzen der Ampel-Koalition forderten am Mittwoch zum Abschluss der Kabinettsklausur bei Meseberg eine umfassende Aufklärung – und mögliche Konsequenzen für Bayerns Vize-Regierungschef Hubert Aiwanger.

Alles das, was bisher bekannt geworden ist, ist sehr bedrückend. 

Bundeskanzler Olaf Scholz

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte: „Alles das, was bisher bekannt geworden ist, ist sehr bedrückend. Und deshalb ist für mich sehr klar, dass alles aufgeklärt werden muss.“ Wenn das geschehen sei und nichts „vertuscht“ werde, müssten notwendige Konsequenzen daraus gezogen werden.

Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) sagte, er finde den Umgang Aiwangers mit Berichten unaufrichtig. Vor allem habe Aiwanger in verschiedenen Redebeiträgen „offensichtlich“ in der jüngsten Vergangenheit eine Sprache des „rechten Populismus“ benutzt. Es sei eine Frage an Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU), ob er mit einem Kollegen, der so agiere, weiter zusammenarbeiten wolle. „Ich finde es schwer vorstellbar.“

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sagte: „In Deutschland darf es niemals Platz für Antisemitismus geben. Das ist der demokratische Grundkonsens. Er darf auf keinen Fall relativiert werden.“ Die Vorwürfe gegen Aiwanger seien bestürzend. „Der Umgang und die Aufklärungsbereitschaft sind in meinen Augen bislang nicht glaubwürdig.“ Es müsse dringend Klarheit geschaffen werden mit den dann gegebenenfalls notwendigen Konsequenzen, die Aiwanger selbst oder Ministerpräsident Söder ziehen müsse.

Das heißt, es darf jetzt auch nichts mehr dazukommen.

Markus Söder, bayrischer Ministerpräsident, über die Affäre um das antisemitische Flugblatt in Aiwangers Schulranzen.

Aiwanger (52) hatte am Samstagabend schriftlich zurückgewiesen, zu Schulzeiten in den 1980er Jahren ein antisemitisches Flugblatt geschrieben zu haben, über das die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet hatte. Gleichzeitig räumte er aber ein, es seien „ein oder wenige Exemplare“ in seiner Schultasche gefunden worden. Kurz darauf gestand Aiwangers älterer Bruder ein, das Pamphlet geschrieben zu haben.

Aiwangers Aussagen im Koalitionsausschuss am Dienstag reichten für eine abschließende Klärung „definitiv nicht aus“, hatte Söder am Dienstag gesagt. Es dürften „keine Restzweifel“ bleiben.

Er machte aber auch deutlich, dass er mindestens vorerst an Aiwanger festhält: „Bis zur abschließenden Klärung, solange kein neuer Beweis vorliegt oder bisher Gesagtes komplett widerlegt werden kann, wäre eine Entlassung aus dem Amt eines Staatsministers ein Übermaß.“ Er fügte hinzu: „Das heißt, es darf jetzt auch nichts mehr dazukommen.“

Freie Wähler stehen geschlossen hinter Aiwanger

Nun gibt es erstmals seit vier Tagen auf dem Profil von Bayerns Vize-Regierungschef Hubert Aiwanger auf X (ehemals Twitter) einen neuen Eintrag: „#Schmutzkampagnen gehen am Ende nach hinten los. #Aiwanger“, stand dort am Mittwoch zu lesen. In aller Regel verfasst der Freie-Wähler-Chef sämtliche Posts selbst. Ob das auch diesmal der Fall war, dafür gab es zunächst keine Bestätigung.

Die Freien Wähler in Bayern stehen weiterhin geschlossen zu Aiwanger. Das sagten mehrere Mitglieder des Partei- und Fraktionsvorstandes am Mittwoch nach gemeinsamen Beratungen im Landtag in München. Aiwanger, der ebenfalls mit dabei war, äußerte sich allerdings selbst nicht. „Wir stehen als Freie Wähler hundertprozentig hinter Hubert Aiwanger. Und das werden wir auch weiter tun“, sagte Generalsekretärin Susann Enders.

Es gebe eine „geschlossene Rückendeckung“. Enders kritisierte Teile der medialen Berichterstattung, Rücktrittsforderungen der Opposition und sprach wörtlich von einer „üblen Schmutzkampagne“.

Fraktionschef Florian Streibl betonte ebenfalls, man stehe geschlossen hinter Aiwanger. „Wir sind mit ihm solidarisch“, sagte er. Streibl fügte in Reaktion auf Äußerungen von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) vom Dienstag hinzu: „Eine Botschaft müssen wir senden: Eine Koalition in Zukunft wird es auch nur mit Hubert Aiwanger geben.“

Auf Spekulationen, Aiwanger könnte in einer Art Rochade aus dem Ministeramt an die Spitze der Freie-Wähler-Fraktion wechseln, ging Streibl nicht ein. „Aiwanger wird immer irgendwie dabei sein“, betonte er lediglich. „Ohne wird’s nicht gehen.“ Auch Fraktionsvize Bernhard Pohl sagte: „Für mich ist es völlig unvorstellbar, dass wir ohne Hubert Aiwanger weitermarschieren.“(dpa) 

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