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Nicht mehr gefragt. Weißrusslands Präsident Alexander Lukaschenko darf nicht mehr in die Europäische Union einreisen, ebenso wie seine beiden ältereren Söhne und Dutzende weitere aus der Führungselite. Foto: Nickolay Petrov/dpa

© dpa

Politik: EU verhängt Sanktionen gegen Minsk

Visumserleichterungen werden zurückgenommen / Weißrusslands Opposition kritisiert die Maßnahmen als symbolisch

Bei ihrem ersten Treffen nach der Wahlfarce in Weißrussland und den folgenden Unruhen haben die EU-Außenminister am Montag in Brüssel umfassende Strafmaßnahmen gegen das Regime von Alexander Lukaschenko beschlossen. Die vor zwei Jahren vereinbarten Visumserleichterungen, die damals als Belohnung für seinen vorübergehend proeuropäischen Kurs zugestanden worden waren, werden bereits in den kommenden Tagen zurückgenommen. Zudem werden mehr Personen als zuvor auf eine schwarze Liste gesetzt, die nun nicht mehr in die EU einreisen dürfen – insgesamt 160 Personen. Des weiteren wird Vermögen, das sie bei Banken in EU-Staaten besitzen, eingefroren. Auch die USA beschlossen neue Sanktionen.

„Wir wollen aber nicht“, schränkte ein österreichischer EU-Diplomat ein, „dass der Dialog zwischen der EU und der Regierung in Minsk komplett zum Erliegen kommt.“ Dies dürfte auch der Grund dafür sein, dass keine Wirtschaftssanktionen verhängt wurden. Gleichwohl kann sich der Diplomat nicht mehr vorstellen, dass Lukaschenko etwa noch zu dem Gipfeltreffen kommen darf, mit im Mai in Ungarn die „Östliche Partnerschaft“ mit sechs Staaten, darunter Weißrussland, besiegelt werden sollte. Die weißrussische Zivilbevölkerung soll nicht nur von den Maßnahmen ausgenommen sein, sondern bevorzugt behandelt werden. „Diese gezielten Sanktionen betreffen nur jene, die grundlegende demokratische Rechte untergraben haben“, sagte Jerzy Buzek, der polnische Präsident des Europaparlaments: „Die heutige Entscheidung richtet sich nicht gegen das weißrussische Volk. Wir stehen an seiner Seite.“

Der Opposition zugeneigte Beobachter in Minsk schwankten am Montagabend zwischen Zustimmung und Enttäuschung über die von den EU-Außenministern beschlossenen Sanktionen. „Auch der EU liegt das eigene Hemd näher am eigenen Leib“, spottete das unabhängige Internetportal Naviny.by. Die Sanktionen seien rein symbolisch, titelte das Portal. Unter den EU-Außenministern hätten sich in Brüssel die „Pragmatiker“ gegen die „Engagierten“ durchgesetzt.

Dass die „schwarze Liste“ neu auch die beiden älteren Lukaschenko-Söhne Dmitri und Wiktor umfasst, freute hingegen die Opposition in Minsk. Auch die Blockierung ihrer EU-Konten, das im ex-sowjetischen Raum für Fluchtgelder beliebte Zypern eingeschlossen, stieß auf große Zustimmung. Optimisten haben sich schon lange ausgerechnet, dass ein breites Reise- und Bankkontenembargo einen Teil von Lukaschenkos Spitzenbeamten gegen den Autokraten aufbringen könnte. Immerhin hat die EU diesmal die Anzahl der Ausgesperrten gegenüber der alten Liste von 2008 fast vervierfacht und erstmals auch eine Reihe von lokalen Wahlkommissionsleitern eingeschlossen. Das weißrussische Außenministerium kritisierte die neue EU-Einreisesperre – von der Außenminister Sergej Martynau übrigens ausgeschlossen ist – scharf. Am Montagabend wurden in Minsk erneut drei Oppositionelle in einem Schnellverfahren zu Haftstrafen verurteilt.

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