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ORTSTERMIN: Duell mit einem Abwesenden

Es ist eine Art politischer Fern-Wettkampf, den Jürgen Trittin am Dienstag in der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) austrägt. Gegner Guido Westerwelle ist nicht anwesend an diesem Abend, sein Name kommt in Trittins Manuskript auch kein einziges Mal vor.

Von Hans Monath

Es ist eine Art politischer Fern-Wettkampf, den Jürgen Trittin am Dienstag in der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) austrägt. Gegner Guido Westerwelle ist nicht anwesend an diesem Abend, sein Name kommt in Trittins Manuskript auch kein einziges Mal vor. Aber präsent ist der FDP-Chef durchaus in der Rede des Grünen-Spitzenkandidaten. „Kontinuität allein“, so doziert Trittin nach wenigen Minuten, „ist noch kein hinreichendes außenpolitisches Konzept.“

Vor acht Wochen hatte die DGAP Westerwelle zum Vortrag geladen, zu einer Bewerbungsrede um den Posten des Außenministers. Bei seinem Auftritt hielt sich der liberale Parteichef eisern an sein Manuskript, als ob er einen schweren Test bestehen musste. „Kontinutität“ lautete der Schlüsselbegriff Westerwelles, weshalb Trittins namenloses Urteil nun den Vorredner treffen soll.

Mit dem liberalen Hüter des bürgerlichen Lagers verbindet den Ex-Linksradikalen Trittin nur wenig. Doch wie Westerwelle hält sich auch Trittin für einen fähigen Außenminister. Seit Joschka Fischers Abschied hat sich der Fraktionsvize systematisch in die auswärtige Politik eingearbeitet, hat mit China und Brasilen die „neuen Akteure der Weltpolitik" besucht, aber auch die Krisenregionen Iran, Naher Osten und Afghanistan. Erst am Wochenende kehrte er aus den USA zurück. Eine Woche lang sprach er dort mit der neuen US-Regierung, mit Kongress und Think Tanks über die Regulierung der globalen Finanzmärkte, den Klimaschutz, die Chancen der Abrüstung und die Zukunft Afghanistans und Irans.

Das Mängel-Urteil über reines Kontinuitätsdenken verführt Trittin zwar nicht dazu, mit allen Traditionen deutscher Außenpolitik abzurechnen. Doch mit einem „Weiter-so“, so warnt er, ließen sich die globalen Risiken Klimawandel, Ressourcenkonkurrenz, Armut und Aufrüstung nicht begrenzen: Außenpolitik werde künftig „multilateraler, ökonomischer und ökologischer“ sein müssen. Dafür solle auch die deutsche Diplomatie sich umstellen und glaubwürdig auf eine gerechtere Weltordnung hinarbeiten.

Weit kritischer als Vorredner Westerwelle geht Trittin mit der Außenpolitik der großen Koalition ins Gericht: Beim Klimaschutz sei Deutschland unter Kanzlerin Merkel gar „zum Bremser geworden“. Und mit dem „Change“ (dem Wandel) der US-Politik unter Obama, da habe die Koalition doch größte Probleme.

Der ferne Konkurrent Westerwelle hat den Umfragen zufolge bessere Chancen als Trittin, im Herbst nach dem Amt des Außenministers zu greifen. Seine Rede Anfang Mai lockte weit mehr Zuhörer in die DGAP. Doch der grüne Kandidat kommt gut an beim fachkundigen Publikum. „Wären Sie bereit, falls Sie im Auswärtigen Amt ankommen, den Namen zu ändern in Amt für Auswärtige Angelegenheiten und globale Fragen“, will eine Zuhörerin von ihm wissen. Da lächelt der grüne Weltumbauer. „Der Name“, antwortet Trittin, „ist nicht das Problem.“

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