zum Hauptinhalt
Ob die Sache nach dem Triell klarer ist? Wahlplakate in Frankfurt am Main.

© dpa

Vor dem Triell mit Scholz, Laschet und Baerbock: Die Entscheidung? Es ist ein Kreuz

Nie war die Entscheidung bei einer Bundestagswahl so schwer wie diesmal. Ob das Triell nun hilft? Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Ein Lehrstück in Sachen Demokratie – das sagt man zwar fast jedes Mal in Bundestagswahlkämpfen; aber diesmal, nicht wahr, stimmt es nun wirklich. Denn die Hälfte der Bundesbürger, die ihre Stimme abgeben dürfen, weiß noch nicht, welcher Partei und damit welchem Spitzenkandidaten. Es ist ein Kreuz. Das heißt: Alles zählt. Und darum ist jedes „Triell“ von Annalena Baerbock, Armin Laschet und Olaf Scholz so wichtig. Man kann sich ein Bild machen, über den Moment hinaus.

Die Umfragen werden, aufs Ganze gesehen, immer aufregender. Was bedeutet, dass diese Wahl auf den letzten Metern entschieden werden wird, möglicherweise sogar erst im Wahllokal, beim Blick auf den Zettel. So sehr geht es rauf und runter bei den drei größeren Parteien. In diesem Moment sind noch Mikroreaktionen im Mienenspiel wichtig, im nächsten könne es dann noch die Inhalte werden.

In diesem Wahlkampf, dem ersten ohne Angela Merkel, ist alles möglich. Alle wissen jetzt: Gelacht werden darf nur noch an der richtigen Stelle. Wer sich da nicht kontrolliert, verliert. Doch wer die Inhalte nicht hinreichend durchbuchstabiert, auch. Und deshalb rechnen sich alle drei noch Chancen aus. Zurecht.

Auch Laschet kann hoffen. Nichts ist verloren, solange er nicht verloren hat, so ungefähr lautet sein Mantra für die Union in den verbleibenden Wochen. Ja, sicher, ein anderes bleibt ihm nach Lage der Dinge nicht; aber das heißt nicht, dass es nicht stimmt. Immerhin muss er sich jetzt ja auch zunächst einmal selbst motivieren. Dafür gilt es übrigens diesen Lehrsatz: Nur wer von sich selbst überzeugt ist, kann andere überzeugen.

Die wichtigsten Tagesspiegel-Artikel zur Bundestagswahl 2021:

Das muss niemand Olaf Scholz zweimal sagen. Überzeugt ist er von sich, war er immer schon. Ob als Hamburgs Erster Bürgermeister oder als Bundesfinanzminister. Dass er denkt, keiner könne besser regieren, hat er alle Kolleg:innen ein ums andere Mal wissen lassen. Das gilt nach innen. Nach außen ist er der Unaufgeregte, der Superpragmatiker, immer geblieben, und es scheint, als würden ihn immer mehr dafür, nein, nicht lieben, aber seine Art mögen.

Das ist bei Annalena Baerbock keine Frage. Sie ist schlagfertig, voller Energie, jünger in Art und Auffassung. Sie verkörpert ihr Programm – Scholz und Laschet dagegen sind die Fortsetzung der Ära Angela Merkel mit ihren Mitteln. In Gestus und Habitus sind die Unterschiede nicht eben groß.

Nun geht es dieses Mal, ohne Merkel, nicht um „asymmetrische Demobilisierung“ des Wahlvolks, aber schon um eine Sedierung. Oder so: um Entpolitisierung durch Entdramatisierung. Beim einen norddeutsch, beim anderen rheinisch. Motto: Lass mich nur machen. Deshalb am liebsten keine allzu genauen oder engen Antworten. Doch das trägt fürden Moment, nicht für die Wahlperiode.

[Wenn Sie die wichtigsten News aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere runderneuerte App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräteherunterladen können.]

Die Stimmung ist nämlich einerseits aufgeladen, weil eine Mehrheit doch spürt, dass es nicht so bleiben kann, dass so vieles verändert, von von Grund auf neu betrachtet und gemacht werden muss. Übrigens bis hin zum unmodernen Zuschnitts des Kabinetts.

Andererseits sucht eben diese Stimmung Personen, die Orientierung versprechen; versprechen auch im Machen und im Sein. Die aber nicht so ausgebufft und überprofessionell erscheinen, dass nichts mehr sie berührt.

Die Entscheidung? Es ist ein Kreuz.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false