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Robert Sesselmann bei einer Wahlkampfrede in Sonneberg

© AFP/Ferdinand Merzbach

Nach AfD-Wahl in Sonneberg: Das sagt die Tagesspiegel-Community zum Sieg Robert Sesselmanns

Viele Tagesspiegelleser hat das Wahlergebnis nicht gewundert. Auch wenn wenig Verständnis dafür vorliegt, können unsere Leser nachvollziehen, wie es dazu kam.

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Die AfD stellt zum ersten Mal einen Landrat in Deutschland auf. Robert Sesselmann gewann in einer Stichwahl gegen den CDU-Kandidaten Jürgen Köpper. Die AfD feiert diesen Sieg als „politisches Erdbeben“, die anderen Parteien als „Warnschuss“.

Viele Tagesspiegel-Leserinnen und -Leser hat dieser Wahlausgang nicht gewundert. Lesen Sie in einer redaktionellen Auswahl unserer Leserkommentare, was die Tagesspiegel-Community zur Wahl in Sonneberg meint.


Mostrichmeister
Das ist doch echte Realsatire: Vor der Wahl hat man noch den demokratischen Schulterschluss – Alle gegen die AfD – beschworen, nun wirft man mit gegenseitigen Schuldzuordnungen um sich. Dass dieses Verhalten auf viele Menschen nicht gerade sehr überzeugend, genauer gesagt abstoßend wirkt, merkt man leider gar nicht.

Einzig Ramelow hebt sich mit seiner Aussage davon ab. Mit dem Kindergarten sorgt man bestenfalls für Nichtwähler und schlimmstenfalls für weitere AfD-Stimmen.


DJT
Ausgrenzung funktioniert halt nicht und kann wie hier auch das Gegenteil bewirken. Soll der AfD-Mann doch mal zeigen, ob er ernsthafte Politik kann. Das kann helfen, die AfD zu entzaubern oder vielleicht sie zu mäßigen. Polemik und Populismus funktioniert in der Opposition nämlich viel besser, als wenn man selbst Verantwortung übernehmen muss.


Fischerei
Tja, erster AfD-Politiker hat eine Wahl gewonnen und ein Amt. So weit musste es leider kommen, weil die demokratischen Parteien sich leider viel zu weit von der Mehrheitsgesellschaft entfernt haben.

Wir, die Mehrheitsnormalos (ohne einer Minderheit anzugehören), werden leider immer weniger von CDU, SPD erreicht, FDP und Grüne sind eh reine Klientel-Parteien, die Linke ist gerade dabei, sich selber abzuwickeln.

Wenn SPD und CDU so weitermachen wie die letzten beiden Jahrzehnte, dann wird es hierzulande bald auch AfD-Ministerpräsidenten geben.


peeka
Wenn die Wähler nicht die Dummen sein sollen, warum ist man dann der Meinung, die AfD nicht als ernsthafte Partei zu betrachten, die Forderungen aufgestellt hat und die nun umgesetzt werden sollen?

Zu „Dummen“ werden die Wähler doch von denen gemacht, die behaupten, die AfD würde gar nicht gewählt werden, weil man ihr Programm umsetzen wollte, sondern lediglich aus „Protest“. Damit spricht man genau diesen Wählern den Intellekt ab, zu wissen, was sie eigentlich – inhaltlich – gewählt haben.


Thueringerin
Langsam wird es unangenehm zu sagen, dass man aus Thüringen kommt. Man neigt permanent zur Rechtfertigung, dass man kein Freund der „Blauen“ ist. Das ist wie ein Reflex, bloß nicht mit denen in einem Atemzug genannt zu werden. Mir graut ehrlich vor der Landtagswahl 2024.


einweitererberliner
Was macht die Leute im Osten so wütend, dass sie nicht mehr die „normalen“ Parteien wählen, sondern eine Partei, die außer ein paar schlimmen plakativen Forderungen kaum programmatische Aussagen macht.

Da kommt vieles zusammen, aber die Hauptaspekte sind Angst vor einer ungeregelten Migration, tatsächliche oder vermeintliche Entwertungserfahrungen und der von links betriebene Kulturkampf, der im Osten flächendeckend auf völliges Unverständnis bis grundsätzliche Ablehnung stößt.

Es beginne mal mit Framing. Linke Leute denken, wenn sie alles, was nicht auf ihrer Linie ist, als „rechts“, „rassistisch“, „Nazi“ etc. bezeichnen, dann gehen die anderen in sich und sagen, dann übernehmen wir eben die linke Denke.

Nichts könnte falscher sein. Wenn Begriffe und Werte wie „Mama“ und „Papa“ „rechts“ sein sollen, die Ablehnung von zu vielen Zuwanderern, die Verweigerung, zu gendern, die Bratwurst auf dem Grill, wenn das alles als „rechts“ bezeichnet wird, denken die Leute, dann bin ich eben „rechts“.

Um diejenigen, die ihnen diese Zuschreibung geben, zu ärgern, wählt man eine Protestpartei, die, na, „rechts“ ist. Das linke Framing treibt die Leute zur AfD.

Was sollte man stattdessen tun? Die Wähler ernst nehmen, die sich über all diese Dinge ärgern. Aufhören, jeden, der nicht links-grün ist, als „rechts“ abzuqualifizieren. Mit den Leuten wie Erwachsene reden, sie nicht als Minderbemittelte behandeln, die die Segnungen von Rot-Grün bloß noch nicht kapiert haben. Die AfD-Politiker auf jeden einzelnen Punkt in ihrem Programm festnageln.


Tennyson
Rechtsextreme wählt man doch nicht, wenn man Freiheit und Gleichberechtigung und Humanismus und Demokratie wertschätzt. Das eigene Fundament schießt man doch nicht freiwillig weg, dieses Fundament wurde über Generationen schwer erarbeitet.


Charybdis66
Fingerpointing auf die Wähler in Sonneberg mag sich subjektiv gut anfühlen. Überheblichkeit allerdings ist ein sehr schlechter Ratgeber. Diese Haltung („AfD-Wähler sind doof, bekloppt, verloren, sowieso irgendwie rechtsradikal“) ist nämlich EIN (allerdings nicht unwesentlicher) Grund, weshalb in Sonneberg der AfD-Kandidat gewonnen hat und die (für mich absolut unwählbare) AfD so viel Erfolg derzeit erzielt.


Martin_Kniffke
Demokratisch ist nicht, wer in einer demokratischen Wahl in ein demokratisches Parlament gewählt wurde. Demokratisch ist, wer demokratische Haltung, Politik, Gestaltung in Auftritt, Haltung, Rede, Programm, Praxis und in der jeweiligen Sache vorweisen kann. Mehrheiten sind eben nicht per se Ausdruck von Demokratie.


AdeleSandrock
Niemand schreibt ihnen vor, was sie zu tun oder wen sie zu wählen haben. Wenn sie aber eine rechtsextremistische Partei wählen, können sie keinen Applaus von Demokraten erwarten. Wer sich von der Politik nicht wichtig genommen fühlt, erreicht nicht mehr Aufmerksamkeit, wenn er rechtsextreme Demokratiefeinde wählt, sondern nur mehr Ausgrenzung.


torsten379
Noch vor einigen Tagen habe ich hier im Forum geschrieben, dass ein Sieg des AfD-Kandidaten unwahrscheinlich sei. In der Demokratie zählen aber nicht falsche Prognosen, sondern die Entscheidung der Mehrheit.

Deshalb wäre es politisch klug, wenn die Mitbewerber der AfD oder die Medien dieses regionale Ereignis nicht dramatisierten, sondern die Sorgen und Ängste vieler Menschen ernster nähmen. Nur durch eine vernünftige Sachpolitik und bessere Argumente lassen sich enttäuschte Wähler zurückgewinnen.



MeineMeinung
Wie kann es sein, dass unsere politisch Verantwortlichen auf die Idee kommen, sie hätten keine Verantwortung für die Stimmung in diesem Land, dieser Umstand allein sollte uns schon mit Sorge zurücklassen.

Wenn Einsicht der erste Schritt zur Veränderung ist, sind wir in der Veränderung noch weit von der Veränderung entfernt.

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