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Geredet hat er - nur nichts erklärt, meint Peter Tiede.

© dpa

Meinung: ...und viele Fragen offen

Dietmar Woidke hat seine erste Regierungserklärung gehalten – und dabei wenig erklärt

So, nun hat er eine Regierungserklärung gehalten. Das ist auch schon so gut wie alles, was sich über die Premierenrede von Dietmar Woidke als Regierungschef Brandenburgs sagen lässt: Eine Rede ist gehalten worden; von ihm. Wohin er regieren will? Man weiß es nicht. Nur so viel: Im Wesentlichen soll es so weitergehen. Das Problem: Schon von seinem Vorgänger wurde kein klarer Kurs überliefert. „Gutes Geld für gute Arbeit“, „Ein Land für alle“, „Alle mitnehmen“ – Nebelkerzen als Leuchtfeuer.

Nun konnte auch keine Aufbruchsrede erwartet werden, denn das würde ja heißen, dass Dietmar Woidke meint, nach Matthias Platzeck täte ein Aufbruch Not. Es hätte aber seine Rede sein können. Seine eigene. Eine Rede, der man anmerkt, dass er sie halten wollte, dass er etwas zu sagen hat – er ganz persönlich; dass ihn etwas bewegt; eine Rede über das, was er bewegen will. Eine Rede des ersten Nicht-Potsdamers an der Regierungsspitze gab die Chance auf: eine andere Perspektive. Nur irgendwie hat jedes Ressort irgendwas dazugeliefert. Das Produkt: Häkelware aus dem Regierungsapparat. Als Politik verkauftes Verwaltungshandeln. Woidke? Nicht erkennbar. Zur Fairness: Platzecks Reden war meistens auch nicht besser; er konnte sie nur besser vortragen.

Ja, Woidke hat „zentrale Fragen“ benannt. Bildung und Umwelt kamen in dieser Prioritätenliste nicht vor – das Wort „Umwelt“ oder gar „Umweltschutz“ in der ganzen Rede nicht; Bildung immerhin später. Das war dann auch das einzig Konkrete, ein kleiner Anfang: Er hat angekündigt, mehr Geld für die Vertretungsreserve an Schulen bereitzustellen. Immerhin: Die Ministerin hatte bisher sogar den Bedarf dafür geleugnet. Trotzdem: ein Pflaster statt der Antwort auf die eigentliche Frage; nämlich die, wie das desaströse Schulsystem Brandenburgs irgendwann einmal dem deutschen Durchschnitt entgegengeführt werden soll. Erst recht nicht darauf, wie von seiner Regierung das größte Manko behoben werden soll: dass es im weiten Brandenburg mehr vom Wohnort als vom Stand der Eltern abhängt, welche Bildungschancen Kindern geboten werden.

Auch außen vor: Berlin – das große Ding mitten in Brandenburg, das mal geheiratet werden sollte und an dessen Speckrand Brandenburg hängt wie Putzerfische am Dickfisch. Die Stadt, in der Deutschland regiert wird und mit der man meinte, einen Flughafen bauen zu können, ohne sich drum zu kümmern. Als könnte man sich vor diesem Problem wegducken – und vor den Wahrheiten. Stattdessen falsche Höflichkeit: Seinem Vorgänger bescheinigt er, sein Nebenamt im Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft mit „Umsicht und Zielstrebigkeit ausgeführt“ zu haben. Das und die Tatsache, dass er nicht in den Aufsichtsrat will, war alles, was er zu der BER-Pleite zu sagen hatte, die Milliarden kosten wird.

So hat es Dietmar Woidke im ersten Anlauf verpasst, zu beweisen, dass seine Stärke schon für das neue Amt reicht: das unaufgeregte Erkennen, Benennen und Anpacken eines Problems. Sein Problem: Er hat jetzt mehr davon – Schule oder Flughafen oder Klimapolitik sind jetzt alles seine Baustellen. Er ist jetzt der Chef. Noch ist er aber der der alten „Regierung Platzeck“. Die größte Frage an ihn daher: Wann macht er daraus die seine? Weil es eben doch nicht immer nur so weitergehen kann.

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