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Die Verbündeten blicken auf Olaf Scholz in Abwehrpose, hier beim G-20-Gipfel.

© dpa/Bundesregierung/Steffen Hebestreit

Ramstein-Gipfel zur Waffenhilfe für Kiew: Scholz ist knapp am Alleingang vorbei geschrammt

Am Ende wagt Kanzler Scholz es nicht, Verbündete an Panzerlieferungen zu hindern. Doch die Irritationen über seinen Umgang mit den Europäern wie den USA wirken fort.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Ende gut, alles gut? Noch nicht. Deutschland hat den Bündnis-Konsens nicht gesprengt. Aber es war nahe dran, als eine Art zweite Türkei wahrgenommen zu werden. Als Land, das sich anmaßt, die Militärhilfe, die viele Alliierte für richtig halten, zu blockieren, indem es ihnen die Genehmigung zum Export ihrer Kampfpanzer aus deutscher Produktion in die Ukraine verweigert. Nun wird geprüft. Das ist noch kein Ja, aber ein Zeichen in die richtige Richtung.

Deutschland darf durchaus entscheiden, bestimmte Waffen selbst nicht zu liefern, wenn es das für falsch oder gar gefährlich hält. Aber es sollte, erstens, Verbündete nicht am Handeln hindern. Und, zweitens, sehr gute Gründe haben, wenn es aus dem Konsens der Mehrheit ausscheren möchte.

Daran hat es der Kanzler zuvor fehlen lassen. Kurz vor dem Treffen in Ramstein ließ er den Eindruck entstehen, er wolle die Zustimmung zur Übergabe der deutschen Leopard-Panzer von der Lieferung amerikanischer Abrams abhängig machen. Das war ein schwer wiegender Fehler. Wer hat Scholz da falsch beraten?

Über Kreuz mit EU-Partnern, über Kreuz mit den USA

Die Abrams sind aus mehreren Gründen nicht geeignet für die Ukraine, vom Treibstoff bis zur raschen Verfügbarkeit. Die Leos sind die beste Lösung. Die Verknüpfung beider Lieferungen endete blamabel für Deutschland. Es wirkte wie ein Vorwand. Die USA sahen sich veranlasst, das Ansinnen öffentlich zurückzuweisen.

Scholz fährt einen schwer nachvollziehbaren Zickzackkurs. Erst sagte er: keine Alleingänge. Als immer mehr europäische Verbündete Leos liefern wollten, ließ der Kanzler durchblicken, entscheidend für ihn sei die Abstimmung mit den USA.

Schon das war heikel. Aber zugleich eine Positionsbestimmung, die sich nüchtern an der sicherheitspolitischen Realität zu orientieren schien. Die Europäer sind für ihre Sicherheit auf den Beistand der USA angewiesen.

Doch wenn Scholz den Partnern in Europa so klar zeigt, dass sie weniger zählen als die USA, darf er erst recht keine Bruchlinien mit der Führungsmacht zulassen. Die sind nun aber sichtbar. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin kritisierte Deutschland zwar nicht offen, nahm aber auch kein Blatt vor den Mund. Die Zeit dränge, aber Deutschland habe noch keine Entscheidung getroffen. Die Ungeduld war leicht herauszuhören.

Europäische Partner wie Polen kündigen an, dass sie ihre Leos im Zweifel auch ohne Genehmigung der Ukraine geben werden. So weit hat Olaf Scholz es kommen lassen. Der Respekt vor Deutschland wird aufgekündigt.

Der Kanzler, der keine Alleingänge erlauben wollte, hat Deutschland im Bündnis in eine einsame Ecke geführt. Auch wenn er demnächst einlenken sollte: Der Schaden wirkt über das Treffen in Ramstein hinaus.

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