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Merz im Sturm – händeringend sucht er seinen Kurs.

© dpa/Michael Kappeler

Merz ist unter Druck: Wie hält es die CDU mit ihrem Parteichef?

Wieder wird es eng an der CDU-Spitze. Friedrich Merz versprach Stabilität durch Klarheit. Wenn er aber das eine wie das andere schuldig bleibt, läuft seine Zeit ab.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Die nächsten Wahlen kommen – und mit ihnen die Stunden der Wahrheit. Besonders für einen: für Friedrich Merz. Kann sein, dass er danach die längste Zeit CDU-Chef gewesen ist.

Merz muss kämpfen, im Amt zu bleiben, so sehr, wie er es musste, überhaupt ins Amt zu kommen. Es wirkt, als könne er es einfach nicht: sich wie der Vorsitzende einer demokratischen Volkspartei verhalten und dem Ethos der Verantwortung gerecht werden.

Stattdessen zeigt Merz ein Maß an Unsensibilität für die Strömungen seiner Partei, der CDU, das erstaunt. Konservativ, liberal, sozial, von diesen dreien bedient er vor allem das Konservative – und das noch bemerkenswert ungeschickt. Oder ungeübt.

Das Aufsehen erregende Beispiel sind seine jüngsten Äußerungen zur AfD. Die Beschlusslage der CDU schließt jede Form der Zusammenarbeit mit der in weiten Teilen rechtsextremen AfD aus. Und dieser Extremismus beginnt ja nicht erst auf Bundesebene. Das geht bis zum Kommunalen. Da darf es keinen falschen Ton geben, sonst wird die Partei öffentlich durchgeschüttelt.

Merz aber schafft es nicht, den Ton zu treffen. Sagen wir es so: Der Liebhaber der Klarinette haut auf die Pauke – und das dann oft an der falschen Stelle. Das Leise-sein scheint ihm so gar nicht zu liegen. Und das Dagegen mehr als das Erklären des Wofür.

Die Zahl der Kritiker wächst

Die Zahl der von Merz Enttäuschten wächst wie die Zahl seiner Kritiker. Da sprechen die einen sprechen von Gutsherrenmanier – weil er sich kernig äußert, ohne zuvor mit seinen Leitungsgremien gesprochen und die mit seinen Vorstellungen befasst zu haben. Die anderen reden von einer Mischung aus Ignoranz und Arroganz.

Viel fehlt nicht mehr, bis der Unmut unüberhörbar wird. Denn auch die Diskussion über das Grundsatzprogramm zeigt, wie wenig gerade die Grundwerte gelten, auf die die CDU aber schon auch stolz ist.

Politik auf der Grundlage des christlichen Menschenbildes – das klänge aus dem Mund von Merz geradezu befremdlich. Tatsache ist: Das Christliche gehört zum Markenkern der CDU, aber findet sich so immer weniger wieder.

Merz bedient das Vorurteil von einer CDU als Partei der Besserverdienenden, des Wohlstands, des gehobenen Mittelstands. Man schaue nur auf die politische Herkunft des neuen Partei-Generalsekretärs Carsten Linnemann. Der Abschied vom Sozialpolitiker Mario Czaja wird Programm.

Es ist auch ein Kampf um die Wertebasis

Das kann aber noch zu Gegenwehr führen. Denn die CDU ist gegründet eben nicht als wirtschaftsgetriebene Zentrumspartei, sondern gedacht als Union katholischer wie evangelischer Christen, Bürgerlicher in ihren unterschiedlichen Spielarten – und als eine, die nach rechts hin nur integriert, was zu ihrer Wertebasis passt und der folgt.

Darum auch ist das Thema AfD für diese Christlich-Demokratische Union so sensibel: weil sie mit der christlichen Grundierung von Politik ganz und gar nicht zusammenpasst, im Gegenteil. Empathie, Demut und mitfühlender Konservativismus widersprechen der Empathielosigkeit und Überheblichkeit der Rechtspopulisten und -radikalen.

Für diese Linie muss ihre Parteispitze ein politisch-psychologisches Gefühl haben oder entwickeln. Zumal sich in den Kirchen mit ihren insgesamt immer noch gut 40 Millionen Mitgliedern weiter viele Wähler gewinnen lassen. So viele, dass die Union nicht dauerhaft an oder unter der 30-Prozent-Marke verharrt.

CDU-Klientel ist allein mit blankem Konservativismus nicht zu locken, mit übermäßiger Betonung von Wirtschaftsexpertentum sogar noch zu vertreiben. Die CDU ist kein Investmentfonds.

Und so liegt Merz folgerichtig unter den Zustimmungswerten seiner Partei. Wer redet wie ein verhinderter Unternehmensführer und ein verirrter Freidemokrat, wem es an Wertschätzung für die Diversität des Angebots der CDU mangelt – dem wird nicht zwangsläufig politische Kompetenz zugebilligt. Schon gar nicht die, die Partei dorthin zu leiten, wohin sie gar nicht geleitet werden will.

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