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Reservisten salutieren bei einem Appell in der Fürst-Wrede-Kaserne.

© dpa/Tobias Hase

Ist unsere Sicherheit noch selbstverständlich? : Lesermeinungen zu mehr Reservisten und zur Rückkehr der Wehrpflicht

Sollten mehr Reservisten rekrutiert und die Wehrpflicht wieder eingeführt werden? Das meint die Tagesspiegel-Community zur Forderung des Chefs des Reservistenverbands.

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Im Gespräch mit dem Tagesspiegel forderte Patrick Sensburg, Chef des Reservistenverbandes, eine starke personelle Aufstockung der Bundeswehrreservisten sowie die Einführung einer Dienstpflicht, welche auch die Wehrpflicht beinhalten würde.

„Wir sind endgültig aus der rosaroten Wolke heraus, in der wir uns einredeten, dass unsere Sicherheit selbstverständlich ist. Immer mehr Menschen in Deutschland realisieren, dass Frieden erarbeitet werden muss.“, meint Sensburg zur Verteidigungsbereitschaft der Deutschen.

Unsere Leserinnen und Leser haben das Thema kontrovers diskutiert. Ist Deutschland auf den Ernstfall vorbereitet? Lesen Sie hier eine redaktionelle Auswahl von Kommentaren und Erfahrungsberichten aus der Tagesspiegel-Community.


Der.Prinzipienreiter
Wo soll dieses Weltbild zur (militärisch) wehrhaften, freiheitlichen Demokratie denn herkommen? Jahrzehnte war alles Militärische böse, Soldaten waren Mörder. Diesen Zeitgeist zu vertreiben, wird Jahrzehnte dauern, falls sich dazu überhaupt noch gesellschaftliche Mehrheiten finden lassen. Da bleibt nur hoffen und beten, dass die Bösen so lange anderes zu tun haben.


Ralffrh
Klar war es nach dem Zusammenbruch des Warschauer Pakts schön. Haben wir nicht alle geglaubt, dass Europa ein Kontinent des Friedens ist? Nun, die Zeiten haben sich wieder geändert. Ein faschistisches Regime hat wieder ein friedliches Nachbarland überfallen und droht fast wöchentlich mit der Einäscherung unserer Städte.

Sicher, Deutschland ist von Freunden umgeben, aber sollen die auch die Verteidigung Eures Landes übernehmen, wenn Ihr nicht bereit seid, Euren Anteil zu leisten?

Ich bin Reservist und ja, ich weiß, dass es auch Sterben bedeuten kann. Trotzdem habe ich mich damals dafür entschieden, als Reservist Poručík (OF-1) im Sanitätscorps der Tschechischen Streitkräfte zu dienen. Ja, ich weiß, was Sterben heißt, ich bin im Zivilleben Intensivpfleger und kenne den Tod sicher besser, als die meisten, die hier schreiben.

Ich weiß auch, wie ich von meinen ehemaligen deutschen Kollegen belächelt wurde, wenn ich einmal im Jahr nach Prag zur Reserveübung gefahren bin. Ich bin trotzdem gefahren. Auch wenn ich mit meinem Kommentar hier anecke, ich bin bereit, auf Befehl meines Präsidenten, meine Heimat und das Bündnisgebiet zu verteidigen. Auch Euch, liebe Freunde in Deutschland.


Realo
Herr Sensburg hat völlig recht. Wir lebten bisher tatsächlich wie in einer rosaroten Wolke und wollten die störende(!) Realität nicht sehen.

Ich war auch mal naiver Pazifist, beziehungsweise auf der Seite der Pazifisten, weil ich ja schließlich Frieden will. Aber schon vor vielen Jahren – spätestens aber seit dem 24. Februar 2022 – bin ich aus dieser Traumwelt aufgewacht. Glücklicherweise! Ich sehe die Welt, wie sie ist – und nicht mehr so, wie ich sie haben will, nur weil ich es mir so wünschte.

Es ist doch bekannt, dass Frieden, Freiheit, Demokratie in unserer heutigen Welt keine Selbstverständlichkeit mehr sind, sondern verteidigt werden müssen.

Forist „Realo“

Wer von den Foristen hier aber weiter träumen will und glaubt, Frieden und Freiheit wächst auf den Bäumen, der kann ja weiter träumen. Er muss sich dann aber nicht wundern, wenn das ganz große Erwachen für ihn vielleicht zur persönlichen großen Katastrophe wird, weil er es versäumt hat, die Realität anzunehmen. Es ist doch bekannt, dass Frieden, Freiheit, Demokratie in unserer heutigen Welt keine Selbstverständlichkeit mehr sind, sondern verteidigt werden müssen.


Hotte80
Sollte es zu einem Konflikt der Nato mit Russland oder China kommen, wird der nicht ohne Atomwaffen ablaufen, daran werden auch Reservisten nichts ändern können. Zivilschutz, wie zu Zeiten des Kalten Krieges, existiert in Deutschland übrigens kaum noch. Gegen Atomschläge wäre allerdings auch der weitgehend nutzlos.

Wenn Deutschland einmal wieder am Hindukusch verteidigt werden soll oder es um die militärische Sicherung von Rohstoffquellen und Transportwegen geht, sollte man lieber auf richtige Berufssoldaten oder sogar Söldner setzen, die sinnvollerweise direkt von den Profiteuren solcher Aktionen finanziert werden.


EmilGalotti
Natürlich spült der Krieg in der Ukraine Themen an die Oberfläche, die sonst im Leben kaum eine Relevanz besitzen, mit dem Zusammenbruch der UDSSR und des Warschauer Paktes entfiel das Bedrohungsszenario, mit der entsprechenden Reduzierung der Truppen.

Wenn jetzt fast im Tagesrhythmus die Verteidigungsfähigkeit angezweifelt wird, fehlt mir grundsätzlich die Diskussion über den Willen der Bevölkerung, noch Dienst an der Waffe zu verrichten. Der Wandel der Gesellschaft wird weitgehend außer Acht gelassen, man schaut nur auf den jeweiligen kleinen Teilausschnitt des eigenen Agierens, nie aber auf das Gesamte.

In Zeiten, in denen in konstanter Folge Empfindlichkeiten und Sensibilitäten eine immer größere Rolle spielen, können wir doch nicht an eine personelle Aufstockung der Armee denken, wo doch schon seit Jahren die Anzahl der relevanten Zeitsoldaten rückläufig ist.



Meister_haemmerlein
Sollte es während dieser Jahre tatsächlich keinen Handlungsbedarf gegeben haben? Kann ich kaum glauben. Die Tatsache, dass sich nach dem Wegfall der Wehrpflicht immer weniger Freiwillige zur Bundeswehr meldeten, scheint auch in der Führungsspitze der Bundeswehr keine Beunruhigung hervorgerufen zu haben. 

Ursachenforschung war scheinbar nicht erwünscht. Womöglich waren es die Arbeitsbedingungen bei der Bundeswehr, das unvorteilhafte Image, die schlechte Ausstattung, vernachlässigte Liegenschaften, die schlechte Bezahlung im Vergleich zur Privatwirtschaft? Fragen über Fragen.

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