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Emmanuel Macron (links) und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) unterhalten sich am Rande des G20-Gipfels im Tahura Ngurah Rai Mangrovenwald.

© Foto: dpa/Kay Nietfeld

Sieht so Versöhnung aus?: Das Klima zwischen Deutschland und Frankreich wird besser – aber die Streitpunkte bleiben

Nach der Absage des gemeinsamen Ministerrates sind Berlin und Paris um eine neue Harmonie bemüht. Den richtigen Draht zu Macron aber findet Scholz nicht.

Ein Kommentar von Albrecht Meier

Die Franzosen nennen es „réconciliation“, wenn sich ein Paar wieder aussöhnt. So gesehen, waren die zurückliegenden Tage eine „semaine de la réconciliation“ – eine Woche der Versöhnung für das deutsch-französische Duo. Die Regierungen in Berlin und Paris hatten eine ursprünglich für Oktober geplante gemeinsame Kabinettsbegegnung wieder abgesagt.

Der Grund lag vor allem im Desinteresse in Berlin. Nun soll nach den zahlreichen Ministerbesuchen in Berlin und Paris und der abschließenden Visite der französischen Premierministerin Élisabeth Borne bei Kanzler Olaf Scholz wieder alles gut werden.

Aber wird es das? Sicher, die von Scholz und Borne in Berlin unterzeichnete Partnerschaft im Energiebereich hilft beiden Ländern, über den Winter zu kommen.

Man hätte sich schon wirklich ernsthaft Sorgen um den Zustand des Verhältnisses zwischen beiden Ländern machen müssen, wenn beide Seiten noch nicht einmal zur gegenseitigen Nothilfe fähig gewesen wären: Frankreich, wo zahlreiche Atommeiler wartungsbedingt stillstehen, braucht in den nächsten Monaten vermehrt Strom aus Deutschland. Und umgekehrt sind in Deutschland nach der Abkopplung von Russland Gaslieferungen aus Frankreich sehr willkommen.

Dennoch besteht in Paris nicht zu Unrecht der Verdacht, dass der Ukraine-Krieg die Gewichte in der EU verschoben hat. Polen, das schon frühzeitig vor den Folgen der Abhängigkeit vom russischen Gas warnte, macht seine Forderungen in der Sanktionspolitik oder bei der Deckelung der EU-Gasimportpreise lautstark geltend.

Scholz hat immer noch keinen richtigen Draht zu Macron

Die Bundesregierung ist also in der Tat gut beraten, künftig mehr auf den – schwierigen – polnischen Partner zu achten. Nicht nur nach Westen und Richtung Frankreich schauen, sondern auch nach Osten: Das muss die Devise für Berlin sein.

Hinzu kommt, dass der eher spröde wirkende Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der gerne schon einmal ein rhetorisches Feuerwerk zelebriert, immer noch keine Ebene im persönlichen Miteinander gefunden haben.

Aber der Vorwurf, die Bedeutung des deutsch-französischen Tandems in der EU völlig zu unterschätzen, trifft ja nicht nur Scholz. Auch der Außenministerin Annalena Baerbock waren die Schulferien im Oktober wichtiger als der deutsch-französische Ministerrat.

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) bei ihrem jüngsten Besuch in Paris.

© Foto: dpa/Michel Euler

So gesehen, war es schon einmal ein Fortschritt, dass sich etwa Baerbock bei ihrem Besuch in Paris jetzt dafür aussprach, wieder mehr Schüleraustausche zwischen beiden Ländern zu organisieren. Solche Begegnungen sind kein verstaubtes Relikt aus der Nachkriegszeit, sondern die Essenz, die in der breiten Bevölkerung das Verständnis fürs Nachbarland am Leben erhält.

In der politischen Substanz gab es in der zurückliegenden Woche nur geringe Fortschritte bei den zahlreichen deutsch-französischen Streitpunkten. Dazu gehört auf EU-Ebene die Auseinandersetzung um einen Deckel beim Einkauf von Gas, dessen Preis im vergangenen Sommer schwindelerregende Höhen erreichte, weil Deutschland beim Run auf den Rohstoff die EU-Partner einfach überbot.

Das jüngste Tête-à-Tête von Wirtschaftsminister Robert Habeck bei Macron im Elysée-Palast änderte nichts daran, dass Berlin und Paris beim Brüsseler Streit um den Preisdeckel auf unterschiedlichen Seiten stehen: Frankreich will eine wirksame Preisbegrenzung, Deutschland warnt vor den Folgen eines Markteingriffes.

Wie bei Bornes Besuch in Berlin deutlich wurde, gibt es auch beim gemeinsamen Luftkampfsystem FCAS, das Deutschland gemeinsam mit Frankreich und Spanien plant, immer noch nicht den endgültigen Durchbruch für die nächsten Entwicklungsphase. Macron sieht das neue System, das den Eurofighter und den französischen Jet „Rafale“ ersetzen soll, als einen Ausdruck der von ihm immer wieder beschworen europäischen Souveränität.

Immerhin: In Berlin erklärte Borne, dass die beteiligten Flugzeugbauer Dassault und Airbus eine Einigung gefunden hätten, die aber noch umgesetzt werden müsse. Es geht voran zwischen Berlin und Paris. In Trippelschritten.

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