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Besucher im Amsterdamer Rijksmuseum drängen sich um Vermeers „Dienstmagd mit Milchkrug“ (1658-1660).

© Bernhard Schulz

Vermeer-Ausstellung in Amsterdam: Sturm und Gedränge

Das Amsterdamer Rijksmuseum zeigt 28 der 35 überlieferten Gemälde von Jan Vermeer. Die Ausstellung ist längst ausverkauft. Wer eine Karte ergattert, sieht trotzdem vor allem eines: Hinterköpfe.

Der Frust ist groß bei allen, die gerne die Ausstellung der Werke Jan Vermeers sehen würden. Oder eher: gesehen hätten. Denn eine realistische Aussicht, doch noch die zehn Säle des Amsterdamer Rijksmuseums zu betreten, in denen 28 der insgesamt nur 35 überlieferten Gemälde des Delfter Meisters gezeigt werden, besteht nicht. Es sei denn, man versuche bei eBay eines der Tickets zu ersteigern, was im Einzelfall bis zu 2000 Euro gekostet haben soll.

Das Hundertfache des regulären Ticketpreises! Doch die 450.000 Zeitfenstertickets waren ruckzuck ausgebucht; wenngleich nicht binnen zwei Stunden, wie berichtet wurde, sondern jeweils, sobald eine neue Tranche bereitgestellt war, um auch späteren Interessenten eine Chance zu geben.

Wie dem auch sei, der Hype ist angefacht, die Vermeer-Retrospektive ein absolutes Muss des Kunstbetriebs. Da lässt die Nachricht aufhorchen, dass ein 90-minütiger Dokumentarfilm über die Ausstellung ins Kino kommen soll – vorerst in Großbritannien, dort aber in gleich 300 Vorführsälen.

Die einen haben das authentische Erlebnis, die anderen aber den besseren Blick: Denn wer in Amsterdams heilige Gemächer hat vordringen dürfen, sieht vor allem die Hinterköpfe der Schaulustigen vor ihm, oftmals ganzer Gruppen, die durch die Säle gelotst werden. Die Filmkamera aber kann ungestört aufnehmen, kann jede Einzelheit umkreisen und Vergleiche vornehmen.

Warum dann nicht gleich Film – und nur Film? Die Frage klingt banausig, denn was ginge über das Original! Sie berührt jedoch den wunden Punkt des Ausstellungsbetriebs: den Transport.

Und zwar sowohl der Bilder, für die jede Ortsveränderung eine Gefahr bedeutet (und die in Amsterdam nicht gezeigten Vermeers durften genau deshalb nicht reisen), als auch den der Kunstfreunde, die zu Tausenden hin- und herreisen, um für ein paar Stunden die Originale zu sehen oder auch nur die Hinterköpfe der Vorderleute.

Darüber wird mittlerweile sehr ernsthaft nachgedacht. Und dann – erliegt man am Ende doch dem Zauber des Originals. Und dem Erlebnis, weit entfernt bewahrte Kunstwerke an einem Ort sehen zu können. Es gibt keinen Ausweg aus dem Dilemma. Aber im Falle Vermeers immerhin einen Film.

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