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Netzwerkkabel an einem Großrechner (Symbolbild).

© Getty Images/iStockphoto

Künstliche Intelligenz? : Ein Irrtum. Auch der stärkste Computer ist niemals kreativ.

Ein neuer Chatbot soll so intelligent und kreativ sein wie Menschen. In dieser Fantasie spiegelt sich nur eines: menschlicher Größenwahn.

Ein Kommentar von Caroline Fetscher

Alle Menschen träumen, alle Menschen denken, ahnen, sind schöpferisch. Sie können ganze Gesellschaften organisieren, Städte, Parks und Energienetze planen. Sie können komponieren, Romane verfassen, Filme drehen. Menschen können ihren Trieben – Gier, Lust, Aggression – durch ethische Normen und Gesetze Grenzen setzen, ihrem Zusammenleben Rahmen geben. Sie können sich selber reflektieren. Menschen besitzen Intelligenz.

Seit geraumer Zeit wird nun von „künstlicher Intelligenz“ – KI - gesprochen, die Computern zugeschrieben wird, digitalen Maschinen. Schon seit Längerem reden wir davon, was ein Computer „kann“, dass er etwas „will“ oder „nicht will“. Füttert man einen Computer mit Mozarts Symphonien, dann spuckt er, da entsprechend programmiert, mozartoide Kompositionen aus.

Seit neuestem fasziniert der Chatbot ChatGPT. Er hat einen wahren KI-Hype im Netz ausgelöst. Entwickelt wurde seine Software von der 2015 gegründeten Firma OpenAI in Kalifornien, die der Öffentlichkeit gratis eine Testversion zur Verfügung gestellt hat. Anfangs zählte der Zampano Elon Musk zum Unternehmen, Microsoft gehört noch dazu. Der sagenhafte KI-Chatbot soll Sprache verstehen und ganz wie ein Mensch auf Fragen reagieren. Er könne Lyrik verfassen, wird geschwärmt, er könne Texte zusammenfassen und Kontexte begreifen. Er ist ein Gegenüber!

Nein, er ist keins. Es ist vielmehr ein großer Irrtum, der durch den pausenlosen Gebrauch des Wortes „Intelligenz“ pausenlos perpetuiert wird. Es handelt sich um einen Fall von Animismus: Auf ein unbelebtes Objekt wird Belebtheit, Lebendigkeit projiziert, wie in der Fantasie vom Homunculus, dem lateinischen Wort für einen künstlich geschaffenen, kleinen Menschen. Sie entstand im späten Mittelalter bei magisch denkenden Alchemisten. Goethe spielte mit der Figur in seinem „Faust II“. Doch im „Menschlein“ steckte schon damals ein Größenwahn der Menschen. Das ist heute nicht anders. 

Nein. Ein Computer kann nicht denken, er verfügt nicht über Intelligenz, er ist auch nicht kreativ. Er träumt nicht. Er hat keine Psyche. Er ahnt nichts. Er „kann“ Denken vortäuschen, Intelligenz simulieren, Kreativität auf Basis eingespeister Daten nachahmen. Künstliche Intelligenz gibt es so wenig wie künstliche Liebe.

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