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Klaus Mäkelä im prachtvollen Saal des Amsterdamer Concertgebouw

© Marco Borggreve

Kolumne „Der Klassiker“ (Folge 25): Vom Umgang mit Debütanten

Würden die Berliner Philharmoniker einen jungen Dirigenten, den sie nicht mögen, im Konzert auflaufen lassen? Früher vielleicht. Heute hat das Orchester da subtilere Möglichkeiten.

Eine Kolumne von Frederik Hanssen

Als der 27-jährige finnische Dirigent Klaus Mäkelä jüngst sein mit größter Spannung erwartetes Debüt bei den Berliner Philharmonikern gab, fielen die Rezensionen überraschend heterogen aus. Kai Luehrs-Kaiser zeigte sich bei „RBB Kultur“ absolut begeistert von dem jungen Maestro, der bereits Chefdirigent von drei Spitzenorchestern in Oslo, Paris und Amsterdam ist. Peter Uehling hatte in der „Berliner Zeitung“ zwar einiges im Detail zu kritisieren an Mäkeläs Interpretationen von Schostakowitsch und Tschaikowsky, befand die Interpretationen im Ganzen dann aber doch als interessant.

Bei Klaus Mäkelä fielen die Kritikern überraschend heterogen aus

Felix Stephan behauptete dagegen in der „Morgenpost“, das Orchester habe dem Shootingstar „die kalte Schulter“ gezeigt und ihn „gnadenlos auflaufen lassen“. Würden die Berliner Philharmoniker so etwas wirklich tun?

Wer das Orchester schon lange kennt und verehrt, mag sich an Momente in den 1980er Jahren erinnern, wo Taktstock-Nachwuchstalente durchaus ihre Schwierigkeiten hatten, hier respektiert zu werden. Wenn Herbert von Karajan mal wieder der Rücken plagte und er kurzfristig Dirigate an unerfahrene Newcomer abgab, dann hätten manche Altgediente in den Reihen der Musiker durchaus auch mal absichtsvoll falsche Töne eingestreut, erinnert sich eine Insiderin.

Solche Zeiten sind aber definitiv vorbei. Gemeinsam bestmöglich Musik zu machen, darum geht es den Philharmonikern von 2023. Schlechte Leistungen abzuliefern, verbietet sich da schon aus Selbstachtung. Das schärfste Mittel, um Unmut auszudrücken, besteht für das Orchester heutzutage darin, einen Debütanten oder eine Debütantin nicht erneut einzuladen. Ein Aufritt mit dem Weltspitzenorchester, dem kein zweiter folgt, das liest sich im Lebenslauf ebenso entlarvend wie „Er hat sich stets bemüht“ im Zeugnis vom Arbeitgeber.

Mit Klaus Mäkelä übrigens, dem fantastischen Finnen, haben die Berliner Philharmoniker natürlich längst die nächsten gemeinsamen Konzerttermine fixiert.

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