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Weltweit einmaliges Pilotprojekt: die Digitalisierungsstraße im Naturkundemuseum Berlin.

© Thomas Rosenthal

Im Naturkundemuseum bei der Arbeit zusehen: Ameisen und Bienen im Fotostudio

Die Sammlung des Naturkundemuseums umfasst 15 Millionen Insekten. Jeden Tag werden tausende Tiere digitalisiert und man kann live dabei zusehen.

Eine Kolumne von Birgit Rieger

Es gibt immer wieder Dinge, die mich in Erstaunen versetzen. Dabei müsste ich sie längst kennen. Die verrückte Digitalisierungsstraße im Berliner Naturkundemuseum fiel mir erst kürzlich auf, obwohl sie seit 2021 in Betrieb ist.

Gleich hinter dem Dinosauriersaal liegt ein für Besucher zugänglicher Arbeitsraum, der sich „Digitize!“ nennt. Wissenschaftler:innen sitzen mit dem Rücken zum Publikum an mehreren Arbeitsplätzen an einer großen Maschine, die aussieht wie ein Förderband.

Man kann live dabei zusehen, wie an dieser Digitalisierungsstraße hunderttausende von Insekten aus der Sammlung des Naturkundemuseums auf einem Förderband heranfahren und von den Mitarbeitenden fürs Fotografieren fertiggemacht werden. Eine digitale Kamera in der Mitte des Förderbands macht hochauflösende Bilder der Tiere.

Die Mitarbeiter:innen öffnen an ihren Arbeitsplätzen die Insektenkästen, heben die teils winzigen Tierchen auf eine lange Nadel, legen die QR-Code-Schildchen mit der eindeutigen Bezeichnung des Tieres dazu – und schicken es dann auf dem Förderband auf die Reise. Nachdem die Tiere automatisch vor die Kamera gefahren und abgelichtet worden sind, kommen sie auf dem Förderband wieder zum Mitarbeiter zurück und werden in den Kasten zurückgesetzt.

Die Aufbewahrungskästen werden übrigens in einem vorhergehenden Schritt im großen Stil erneuert, da sie teils schon recht alt und noch mit handschriftlichen Zetteln versehen sind. Ein Ziel für die Zukunft: die Angaben zu Fundort und Sammlungszeit, die bisher oft noch per Hand herausgesucht werden müssen, sollen bald ebenfalls digital verknüpft sein. Das wäre ein großer Gewinn für die Forschung, sagt Frederik Berger, der die Digitalisierungsprozesse des Berliner Naturkundemuseums verantwortet.

Aber zunächst herrscht Freude über das neue System. Seit etwa fünf Monaten läuft es „sehr stabil“, sagt Berger. „Wir können inzwischen in einer Acht-Stunden-Schicht mit fünf Mitarbeiter:innen 2500 Tiere pro Tag bearbeiten.“

Die Insektensammlung des Naturkundemuseums umfasst 15 Millionen Tiere. Nicht alle müssen durch die Digitalisierungsstraße, weil sie teils schon in Datenbanken erfasst sind. Zunächst waren die Bienen, Wespen und Ameisen der Sammlung dran. Etwa 400.000 sind bisher erfasst worden. Voraussichtlich im April werden dann die ersten 40.000 neu digitalisierten Bilder der Tiere über das Online-Portal des Museums öffentlich zugänglich sein (portal.museumfuernaturkunde.berlin). Als Nächstes kommen die Schmetterlinge und Käfer dran.

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