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Kultur: Ein Schlüssel zum Schloss

Nun liegen sie endlich in Wort und Schrift gegossen vor, die Empfehlungen der Internationalen Expertenkommission Historische Mitte Berlin, in der Öffentlichkeit auch kurz und treffend als Schloss-Kommission bekannt. Mit dem gestrigen Tag und der Übergabe des Abschlussberichts samt Materialienbandes an Bundesbauminister Kurt Bodewig und Berlins Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit beendete die 17-köpfige Kommission unter Vorsitz des ehemaligen Wiener Baustadtrates Hannes Swoboda ihre 15-monatige Arbeit.

Nun liegen sie endlich in Wort und Schrift gegossen vor, die Empfehlungen der Internationalen Expertenkommission Historische Mitte Berlin, in der Öffentlichkeit auch kurz und treffend als Schloss-Kommission bekannt. Mit dem gestrigen Tag und der Übergabe des Abschlussberichts samt Materialienbandes an Bundesbauminister Kurt Bodewig und Berlins Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit beendete die 17-köpfige Kommission unter Vorsitz des ehemaligen Wiener Baustadtrates Hannes Swoboda ihre 15-monatige Arbeit.

Überraschungen blieben bei der Pressekonferenz im ehemaligen DDR-Staatsratsgebäude aus, schließlich waren die Empfehlungen im einzelnen bereits vorgestellt worden. Die Kernpunkte liegen fest und wurden gestern nochmals von Swoboda zusammengefasst. Demzufolge soll - erstens - die Nutzung eines künftigen Gebäudes vier Elemente umfassen: die Übersiedelung der Ethnographischen Sammlungen und der Museen außereuropäischer Kunst der Stiftung Preußischer Kulturbesitz aus Berlin-Dahlem, die Aufstellung der wissenschaftsgeschichtllichen Lehr- und Kuntssammlungen der Humboldt-Universität, die Zusammenführung der beiden Standorte der Zentral- und Landesbibliothek Berlin sowie die Schaffung eines "Agora" genannten Ortes wissenschaftlicher und kultureller Kommunikation der Bürger: ein "lebendiger kultur- und wissenschaftsgeprägter Ort als bürgerliche Mitte der deutschen Hauptstadt", wie es der Abschlussbericht formuliert.

Ein solches Gebäude soll - zweitens - in der Stereometrie des ehemaligen Schlosses erstehen, also seinen Grundriss und seine Ausmaße nachvollziehen. Die einstige urbane Situation soll näherungsweise wiederhergestellt werden, unter anderem durch die Bebauung brachliegender Bereiche wie der einstigen "Stechbahn".

Kontrovers diskutiert wurde in der Kommission die Empfehlung - drittens - zur Architektur des Gebäudes. Hier gab es bekanntlich nur eine 8 : 7-Mehrheit zugunsten der Empfehlung, die historischen Fassaden an den drei Seiten Richtung Süden, Westen und Norden sowie auf den Innenseiten des Schlüterhofes des Schlosses zu rekonstruieren. Die Disposition und Gestaltung des Inneren wie auch der Umgang mit dem Eosander-Hof sind dem durch Wettberwerb zu ermittelnden Architekten anheimgegeben.

Bleibt - viertens - die Finanzierung. Die Kommission ermittelte einen Bedarf in Höhe von 670 Millionen Euro, ist sich aber angesichts der Nutzer im klaren, dass ein erheblicher Teil aus öffentlichen Kassen fließen muss, unter anderem durch Verwertung frei werdender Immobilien und Einrechnung ansonsten fälligen Renovierungsbedarfs. Das gilt für Dahlem wie für die Häuser der Landesbiblitohek.

Bauminister Bodewig skizzierte sodann die nächsten Schritte aus Sicht der Bundesregierung. Er sah überall "Prüfungsaufträge". Zunächst müsse es zu einer "Vertiefung und Konkretisierung des Nutzungskonzeptes" kommen, die wiederum Voraussetzung sei "für die Klärung des Finanzierungskonzeptes". Erst dann - nach mindestens einem Jahr - könne die "Ausgestaltung des Wettbewerbs" in Angriff genommen werden. Aus dem umkämpften Votum zur Schlossfassaden-Rekonstruktion leitete Bodewig den "Prüfungsauftrag" ab, ob diese Empfehlung "eine feste Vorgabe sein oder als eine Option zugelassen werden" soll. Mithin ein Hintertürchen für die Moderne-Lobby.

Schließlich ergriff Klaus Wowereit in bekannt forscher Diktion das Wort. "Wie gestaltet man dieses Areal mit allen seinen Nebenflächen, das ist meines Erachtens die zentrale Frage", holte der Regierende ganz weit aus - und lobte den "Palast der Republik" als einstigen "Ort der Lebendigkeit". Am dem von der Kommission unstreitig empfohlenen Abriss des Palast-Skelettes ließ allerdings auch Wowereit keinen Zweifel: "Eine solche Aussage wäre vor fünf Jahren nicht möglich gewesen!"

Ganz vorsichtig wurde der Senatschef bei der Frage der Finanzierung. "Für die vorgeschlagenen Nutzungen müssen die Träger dieser Einrichtungen erklären, ob sie die Finanzierung anteilig übernehmen." Die aber werden ohnehin von Bund und Land alimentiert. Auf die Landesbibliothek angesprochen, antwortete Wowereit, eine Finanzierungszusage könne das Land Berlin derzeit nicht übernehmen.

Die Frage der "Fassaden" schließlich werde sich nach der Klärung des Nutzungskonzeptes "fast emotionsfrei beantworten" lassen: "Wir reden ja nicht mehr darüber, das Schloss wiederaufzubauen. Es geht um die Fassaden an drei Seiten des Gebäudes - oder um eine komplett neue Architektur. Ich persönlich bin für die zweite Lösung." Wenn sich aber aus dem Nutzungskonzept ergeben sollte, "dass die historische Fassade notwendig" sei, dann, na ja, werde sie realisiert. Zweite Hintertür: und zwar die zum Ausstieg aus dem Kommisionsvotum für Schlüters Fassaden. Immerhin will Wowereit "alles tun", um die Kommissionsvorgaben "zu einem Ergebnis zu führen."

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