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Tierisch menschlich. Manche Figuren in „Beastars“ sind auch äußerlich von realen Personen inspiriert.

© Kazé Manga

Manga-Psychothriller „Beastars“: Wer hat das Alpaka gefressen?

Die mehrfach ausgezeichnete Manga-Reihe „Beastars“ erzählt von einer fragilen anthropomorphen Gesellschaft. Seit Kurzem läuft die Anime-Adaption auf Netflix.

Im Whodunit-Psychothriller „Beastars“ (Kazé Manga, bislang 5 Bände, 200/216 S., je 7,50 € ) erkundet die japanische Zeichnerin Paru Itagaki die Animositäten unter Raub- und Beutetieren. Durch den tödlichen Angriff auf ein Alpaka wird die ohnehin von Misstrauen geprägte Ko-Existenz von Fleisch- und Pflanzenfressern an einer Schule tief erschüttert.

Wer hat den Alpaka-Hengst Tem auf dem Gewissen? Die Polizei vermutet, dass einer der Fleischfresser an der Schule und damit einer seiner Mitschüler der Täter gewesen ist. Auch der sanftmütige Grauwolf Legoshi gehört zum Kreis der Verdächtigen, denn er ist nicht nur Beleuchter bei der Theater-AG, der auch Tem angehörte, sondern war auch ein guter Freund des Opfers.

Ist er vielleicht seiner wahren Natur erlegen und hat sich an dem hilflosen Herbivoren gütlich getan? Die ohnehin misstrauischen Pflanzenfresser begegnen ihren fleischfressenden Klassenkameraden von nun an noch vorsichtiger. Gerüchte machen die Runde. Und Legoshi? Der versucht seinem Freund Tem ungeachtet der Umstände einen letzten Gefallen zu erweisen …

Ein Raubtier im Gefühlschaos

Kurz nach dem noch nicht aufgeklärten Mord begegnet Legoshi zudem Haru, einem zarten Kaninchenmädchen, das widerstreitende Gefühle in dem großen Raubtier auslöst. Er fühlt sich zu ihr hingezogen, will sie gar mit Haut und Haaren verschlingen.

Freund oder Feind? Ein Bild aus der Anime-Adaption.

© Netflix

Haben seine Instinkte tatsächlich die Oberhand gewonnen oder gibt es einen anderen Grund, warum ihn Haru anzieht? Haru wiederum glaubt, es wie immer schlicht mit einem triebhaften jungen Männchen zu tun zu haben und macht dem Grauwolf ein eindeutiges Angebot …

Legoshi ist nicht der große böse Wolf, wie man ihn aus den Märchen kennt und doch bleibt ein letzter Zweifel, ob in ihm nicht doch ein Monster schlummert. Auch er selbst hadert mit seinen naturgegebenen Instinkten.

Genau dieser Gegensatz zwischen seinem offensichtlich friedvollen Charakter und seiner Furcht einflößenden Erscheinung macht Paru Itagakis Figur so interessant.

„Alle sind verschieden und das ist gut so“

Als Kontrapunkt in der Manga-Reihe fungiert das promiskuitive Zwergkaninchen Haru. Das Phytophagenmädchen ist keine engagierte Judy Hopps. Sie ist ein selbstbewusstes, mutiges Karnickel, das wenig auf Konventionen und Kategorien geschweige denn Rassen- und Klassenabgrenzung gibt.

Sie wünscht sich im Gegensatz zu Legoshi, ihren Instinkten folgend zu handeln. Sie gerät damit in eine Außenseiterposition in dieser angepassten aber fragilen Gesellschaft.

Ein weiteres Bild aus der Anime-Adaption.

© Netflix

Für Paru Itagaki macht eine gute Story stets ein konsistentes Thema aus. Bei „Beastars“ handelt es sich laut ihrer Aussage in einem Interview um die Botschaft: „Alle sind verschieden und das ist gut so“.

Neben den beiden Hauptfiguren gibt es in „Beastars“ noch unzählige emotional fein ausgearbeitete Figuren wie den einflussreichen Rothirschbock Louis und den kumpelhaften Labradorrüden Jack.

Sie alle sind unverwechselbar, nicht zuletzt, weil Paru Itagaki auch reale Vorbilder für ihre Charaktere hat, wie etwa den französischen Schauspieler Mathieu Amalric für Legoshi, dessen ausdrucksstarkes Gesicht sich unverkennbar in den Zügen des Grauwolfes wiederfindet.

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Trotzdem wirken typisch tierische Verhaltensweisen wie das ängstliche Anlegen der Ohren bei den vermenschlichten Kreaturen natürlich und das liegt vorrangig an Paru Itagakis Zeichenkünsten.

Die Künstlerin führt einen lockeren, lebendigen Strich, der an Kinderbuchillustrationen erinnert und zeichnet ihre Comicseiten analog, wobei sie auch die Muster und Hintergründe vielfach von Hand gestaltet und Rasterfolie vor allem für Flächen, Schmuck sowie das Licht-und-Schatten-Spiel einsetzt.

In Japan gibt es bereits 17 Bände

Ihr Stil verzichtet auf cleane Perfektion und reicht mit seiner Skizzenhaftigkeit an die Werke klassischer japanischer Gekiga-Künstler heran, ohne jedoch die moderne Bildsprache zu vernachlässigen. Paru Itagaki folgt außerdem stets ihrer Überzeugung, dass ein gutes Seitenlayout ein verortendes Panel enthalten sollte, mit dem der Leser die Situation nachvollziehen kann.

Fortsetzung folgt: Kürzlich ist auf Deutsch der fünfte Band der Reihe erschienen.

© Kazé Manga

Die in Japan bereits 17 Bände umfassende, mehrfach ausgezeichnete Manga-Reihe, von der hierzulande bislang fünf Bände bei KAZÉ erschienen sind, wurde im vergangenen Jahr von der japanischen Anime-Schmiede Studio Orange in eine gleichnamige Anime-TV-Serie adaptiert. Eine zweite Staffel soll folgen. Die weltweiten Übertragungsrechte sicherte sich Netflix. Die Reihe läuft dort seit März.

Paru Itagaki hat mit ihren anthropomorphen Tierfiguren, dem spannend erzählten Psychothriller-Plot samt romantischen Anklängen und der dynamischen Bildsprache eine Serie geschaffen, die aus dem mannigfaltigen, bunten Manga-Universum heraussticht.

Sabine Scholz

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