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Wahlkabine auf Fidschi

© dpa/Mick Tsikas

Wahlen auf Fidschi: Unruhe im vermeintlichen Südseeparadies

Fidschis Image als Südseeparadies täuscht. Das Land blickt auf eine Geschichte voller ethnischer Unruhen und Militärputsche zurück – deren Anführer nun bei den Parlamentswahlen aufeinander treffen.

Vier große Staatsstreiche hat Fidschi seit seiner Unabhängigkeit von Großbritannien 1970 erlebt, nach manchen Definitionen noch mehr. Nun folgt die nächste Probe für die multiethnische Demokratie im Südpazifikstaat. Am Mittwoch wird das Parlament neu gewählt, zwei Putschisten treten gegeneinander an.

Der aktuelle Premierminister Voreqe Bainimarama hatte 2006 als Chef der Streitkräfte der Republik Fidschi (RFMF) die Macht an sich gerissen. Seither konnte er sein Amt zweimal in demokratischen Wahlen verteidigen. Sein Hauptkonkurrent bei dieser Wahl ist der frühere Oberstleutnant Sitiveni Rabuka.

Er war es auch, der Fidschis Putschkultur 1987 mit gleich zwei Staatsstreichen begründete. Rabukas Zeit als Regierungschef endete 1999. Die demokratische gewählte Regierung nach ihm blieb nur ein Jahr im Amt und wurde durch den nächsten Putsch gestürzt. Ausgelöst hatte den militärischen Staatsreich unter anderem der heute amtierende Premier Bainimarama, damals noch Armeechef.

Militär unterstützt die UN bei Friedensmissionen

Jetzt werden 690.000 Wähler über die 55 Sitze im Parlament entscheiden. 342 Kandidaten haben sich aufstellen lassen. Für den Wahlkampf entscheidend sind aber nur zwei Dinge: das Militär – und die Persönlichkeiten der Politiker.

Fidschis Militär ist kaum schwer bewaffnet. Die 10.000-Mann-Truppe wird vor allem in der Friedenssicherung der Vereinten Nationen eingesetzt. In der Landesverfassung von 2013 heißt es: „Die RFMF tragen die Gesamtverantwortung dafür, jederzeit die Sicherheit, die Verteidigung und das Wohlergehen Fidschis und aller Fidschianer zu gewährleisten.“

In einer seiner seltenen öffentlichen Reden forderte der Kommandeur Jone Kalouiwai die Soldaten diesen Monat auf, zur Wahl zu gehen: „Unabhängig davon, wie Sie über die Wahl denken, ist es für uns an der Zeit, den demokratischen Prozess zu ehren, indem wir das Ergebnis der Wahlen respektieren.“ Es sei auch für das Militär als Institution an der Zeit, „unser besseres Gesicht zu zeigen“, sagte der Generalmajor.

Auch die Regierung zeigt nicht immer ihr bestes Gesicht. Der muslimische Anwalt und Fidschi-Inder Aiyaz Sayed-Khaiyum gilt als machiavellistischer Mann – und Strippenzieher. Ihm wird nachgesagt, dass er das Land im Hintergrund regiere und eine außerordentliche Kontrolle über das Wahlsystem habe. Er bekleidet Schlüsselpositionen im Staatskabinett ebenso wie politische Parteiposten. Seine Macht hat außerdem zu einer Debatte über die umstrittene Frage der Ethnien in Fidschi geführt.

Hintergrund ist die eigene Kolonialgeschichte. Die Briten schickten indische Zuckerrohrarbeiter in ihre Kolonie nach Fidschi. Viele von ihnen blieben, obwohl ihnen größtenteils verwehrt wurde, Land zu besitzen. Nach wie vor ist der Boden zu über 90 Prozent in indigenem Besitz ist.

Premier Bainimarama und sein Strippenzieher

Zum Zeitpunkt der Unabhängigkeit 1970 stellten die Nachkommen der Arbeiter die Hälfte der Bevölkerung und waren eine wachsende politische Kraft. Den indigenen Wählern wurde ein gewisses Maß an Macht garantiert, aber als 1987 eine indisch dominierte Regierung gewählt wurde, plante Rabuka seinen Staatsstreich. Er entschuldigte sich seitdem zwar mehrfach, eine große Zahl von Indern floh dennoch.

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Premier Bainimarama bestand wiederum bei seinem Putsch 2006 darauf, dass die ethnischen Unterschiede nicht erwähnt werden. Der Anwalt Sayed-Khaiyum ließ die ethnischen Angaben der Volkszählung zurückhalten und entließ vermeintlich illoyale Beamte. Heute wird anhand von Migrationsdaten aus den Nachbarländern wird aber geschätzt, dass Fidschis Bevölkerung etwa zu 30 Prozent aus Indern besteht. Tendenz fallend.

Nur etwa fünf Prozent der Fidschianer sind Muslime. Doch Sayed-Kaiyum, der Anwalt hinter den Kulissen, ließ viele Schlüsselpositionen mit ihnen besetzen. Auch die Kontrolle der Wahlbehörde. Große Medien unterliegen einer Kombination aus staatlicher Kontrolle und Selbstzensur, freie Presse gibt es im Land eigentlich nicht. Doch durch soziale Medien wird klar: Ethnische Fragen scheinen für die Wähler immer noch eine wichtige Rolle zu spielen.

Sayed-Khaiyum nutzt das. Anfang des Monats spielte er die religiöse Karte und beschuldigte die konkurrierende Labour-Partei, Bhajanias oder andere religiöse Hindu-Sänger als Kandidaten aufzustellen: „Ich sage nicht, dass es falsch ist, ein Bhajania zu sein, aber haben sie die Fähigkeit, im Parlament zu stehen oder zu sprechen?“

Meinungsumfragen sind verboten, wer aktuell vorn liegt – Voreqe Bainimarama oder Sitiveni Rabuka – kann aktuell nur spekuliert werden. Nach der Bekanntgabe der Ergebnisse ist ein Koalitions-Kuhhandel zur Bildung einer Regierung wahrscheinlich unvermeidlich. Diesmal fällt er in die oft gefährliche Zyklon-Zeit – und die Weihnachtszeit. Erst nach dem Feilschen wird der Gewinner die Geschenke auspacken können.

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