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Ein Soldat der russischen Armee feuert ein Fagot-Panzerabwehrraketensystem auf eine ukrainische Stellung.

© dpa/---

Ukraine-Invasion Tag 785: Indische Männer in den Krieg für Russland gelockt

Habeck in der Ukraine eingetroffen. Zwei Deutsch-Russen wegen Spionage-Vorwurf in Bayern festgenommen. Der Nachrichtenüberblick am Abend.

204.000 Rubel (rund 2000 Euro) Monatsgehalt – für David Moothappan, einem Schulabbrecher aus Südindien, jede Menge Geld. Im Oktober 2023 stößt er bei Facebook auf eine Anzeige, die ihm genau diesen Betrag und eine Stelle als Sicherheitskraft in Russland verspricht. Der 23-Jährige sagt zu – und befindet sich Wochen später an der Kriegsfront in Donezk in der Ostukraine. Erst vor wenigen Wochen ist ihm die Flucht nach Hause gelungen, wie die BBC jetzt berichtet (Quelle hier).

David Moothappan soll demnach zu einer Gruppe von mehreren – meist aus armen Familien stammenden – Indern gehören, die in den vergangenen Monaten von Russland in den Krieg hineingezogen worden sein sollen. Der BBC gegenüber hat David Moothappan nun von seinen Erfahrungen im Krieg berichtet. Er könne nicht vergessen, was er gesehen habe. „Überall auf dem Boden lagen Körperteile verstreut“, sagt er.

„Einmal waren die Ukrainer etwa 200 Meter entfernt. Wir wurden gebeten, in die Offensive zu gehen, aber ich habe keinen einzigen Schuss auf sie abgefeuert“, sagt er. „Ich kann niemanden töten.“ Er habe sich schließlich eine Verletzung am Bein zugezogen. Zweieinhalb Monate habe er in verschiedenen Krankenhäusern verbracht. Im März sei ihm dann mithilfe der indischen Botschaft in Moskau die Rückreise in seine Heimat gelungen.

Prince Sebastian, mit dem die BBC ebenfalls gesprochen hat, kommt wie David Moothappan aus einem Fischerdorf in Südindien. Er wurde in der von Russland besetzten ostukrainischen Stadt Lyssytschansk eingesetzt, nachdem er in Indien einen angeblichen „Agenten“ um Arbeit in Europa gefragt hatte. Auch er habe ihm das große Geld in Russland versprochen. Ein russisches Visum aber habe Prince Sebastian zunächst selber mithilfe seiner Freunde finanzieren müssen.

Nach nur drei Wochen Training sei er mit mehreren Waffen und Bomben an die Front geschickt worden. Kurz nach seiner Ankunft sei erst sein linkes Ohr von einer Kugel durchbohrt worden, dann bei einer Bombenexplosion sein linkes Bein schwer verletzt worden. Die Nacht habe er blutend in einem Schützengraben verbracht, die nächsten Wochen ebenfalls in verschiedenen Krankenhäusern.

Jetzt hofft er, den Fischfang wieder aufnehmen zu können. „Ich muss das Geld, das ich mir von Kreditgebern geliehen habe, zurückzahlen und mein Leben neu starten.“

Die wichtigsten Nachrichten des Tages im Überblick:

  • Vizekanzler Robert Habeck hofft auf die Verabschiedung des nächsten US-Hilfspakets für die Ukraine. Er hoffe, dass die Gelder freigegeben werden, „damit die Ukraine ihren Kampf für Freiheit erfolgreich bestehen kann“, sagte Habeck bei einem Besuch in der ukrainischen Hauptstadt Kiew. Mehr dazu lesen Sie hier.
  • Trotz jüngster Rückschläge hält Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) einen Sieg der Ukraine im Krieg gegen Russland noch für möglich. „Und wir müssen alles dafür tun“, betonte der Verteidigungsminister in einem Interview mit dem Magazin „Focus“. Deutschland gehe deshalb bei der Abgabe von Waffen aus Beständen der Bundeswehr „an die Schmerzgrenze“.
  • Die Polizei hat in Bayern zwei Männer festgenommen, die für Russland spioniert und mögliche Anschlagsziele in Deutschland ausgekundschaftet haben sollen. Den beiden Russlanddeutschen ging es nach Angaben des Generalbundesanwalts um Sabotageaktionen, die insbesondere dazu dienen sollten, „die aus Deutschland der Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg geleistete militärische Unterstützung zu unterminieren“. Mehr dazu in den Empfehlungen.
  • Die Ukraine und Russland haben erneut die Abwehr gegnerischer Luftangriffe mit Drohnen und Raketen gemeldet. Die ukrainische Flugabwehr vernichtete alle 13 angreifenden russischen Drohnen in der Nacht zum Donnerstag, wie die Luftstreitkräfte in Kiew mitteilten. Sieben Regionen seien beschossen worden. Über Schäden war zunächst nichts bekannt.
  • Die EU will angesichts der massiven russischen Raketen- und Drohnenangriffe auf die Ukraine weitere militärische Unterstützung mobilisieren. Es sei dringend notwendig, dem Land Luftverteidigungssysteme zur Verfügung zu stellen und die Lieferung aller erforderlichen militärischen Unterstützung, einschließlich Artilleriemunition und Raketen, zu beschleunigen und zu intensivieren, heißt es in einer am späten Mittwochabend bei einem EU-Gipfel in Brüssel veröffentlichten Erklärung. Mehr dazu hier.
  • Die Ukraine hat eigenen Angaben zufolge einen großen russischen Flugplatz auf der von Moskau annektierten Halbinsel Krim angegriffen. Der ukrainische Militärgeheimdienst sprach am Donnerstag von einem „erfolgreichen“ Einsatz, bei dem unter anderem Radaranlagen und Luftverteidigungssysteme beschädigt worden seien. Die Anzahl getroffener Flugzeuge, beziehungsweise die Verluste auf russischer Seite würden noch geklärt, hieß es weiter.
  • Einen Tag nach dem russischen Angriff auf die Stadt Tschernihiw im Norden der Ukraine ist die Zahl der Toten auf mindestens 18 gestiegen. 77 Menschen seien bei dem Angriff verletzt worden, darunter vier Kinder, erklärte der ukrainische Notfalldienst. Rettungskräfte waren weiter im Einsatz, um in den Trümmerbergen nach Überlebenden zu suchen.
  • Der Leiter der Münchener Sicherheitskonferenz hat mehr militärische Unterstützung für die Ukraine und weitere Maßnahmen gegen den Iran gefordert. „Wir müssen zurückkommen zu einer gewissen Logik, wie wir sie im Kalten Krieg hatten“, sagte Christoph Heusgen im ZDF-„Morgenmagazin“. Diese Logik müsse von Verteidigung und einer „starken Außenpolitik“ geprägt sein.
  • Die russische Regierung hat die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung für Freiheit zur „unerwünschten Organisation“ erklärt. Wie der Vorstand der Stiftung mitteilte, folgt diese Einstufung nach einem bereits vor zwei Jahren erfolgten Verbot der Arbeit in Russland. Die Erklärung zur „unerwünschten Organisation“ zeige erneut, „dass der Kreml den weltweiten, entschiedenen Einsatz für Bürger- und Menschenrechte bedroht“, hieß es in einer Erklärung.
  • Der Krieg in der Ukraine und die Energiekrise haben laut einer Rechnung des Bundeswirtschaftsministeriums in Deutschland zu Wohlstandsverlusten von etwa 160 Milliarden Euro geführt. Das geht aus einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf Anfrage des Linken-Abgeordneten Jörg Cezanne hervor. Allerdings betonte das Ministerium, dass die Rechnung keine vollständige Aussagekraft hat.

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