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Rettungskräfte löschen das Feuer am Ort eines russischen Drohnenangriffs in Charkiw.

© dpa/Alex Babenko

Ukraine-Invasion Tag 783: Was die Angriffe auf Charkiws Wärmekraftwerk mit den Mitarbeitern machen 

Selenskyj bemängelt fehlende Abwehrraketen, umstrittenes Gesetz zur Rekrutierung unterzeichnet. Der Nachrichtenüberblick am Abend. 

Es ist eine Taktik, welche die Russen bereits im Vorjahr angewendet haben: massive Angriffe auf die ukrainische Energie-Infrastruktur. Zuletzt hatte Moskau diese Angriffe wieder intensiviert. Erst vor wenigen Tagen war bekannt geworden, dass ein Großteil der ukrainischen Wärmekraftwerke zerstört worden ist. Aber wie trifft das die Menschen vor Ort? Die BBC hat das am Beispiel Charkiw nachgezeichnet (Quelle hier).

Die Reporter trafen am Wärmekraftwerk Nr. 5 in der Stadt im Nordosten der Ukraine auf Ihor Orlovskyj, seit der Sowjetzeit arbeitet er in dem Kraftwerk. Dass es nun erneut zerbombt wurde, trifft ihn persönlich. „Es ist, als würde man die Ruinen des eigenen Hauses sehen. Es ist schmerzhaft und tränenreich“, sagte der stellvertretende Direktor des Werks.

Aber er sagt auch, dass das Wissen, wie abhängig die Menschen in der Stadt von der Versorgung durch das Werk sind, sie motiviert, es wieder aufzubauen. Immer und immer wieder. Denn der große Angriff im März war nicht der erste, der das Wärmekraftwerk traf, aber der demoralisierendste.

Ein ganzes Jahr hätten die Ingenieure gebraucht, um es wieder aufzubauen, gerade zwei Wochen nach der Wiederinbetriebnahme schlugen erneut russische Raketen ein. „Wir hatten gerade erst alles repariert, und jetzt müssen wir wieder von vorne anfangen“, sagte ein Arbeiter namens Yury der BBC. „Wir werden das in Ordnung bringen, aber das Wichtigste ist, dass wir nicht noch einmal angegriffen werden!“

Doch nicht nur die Arbeiter des Kraftwerks selbst helfen beim Wiederaufbau, sondern auch Frauen aus der Stadt. Sie säubern Wege, streichen Bordsteine und entfernen Unkraut. „Das Leben geht weiter, und wir müssen die Dinge schön halten“, sagte eine von ihnen den Reportern, während das gesamte Kraftwerk in Trümmern lag. „Wir halten die Dinge gerne sauber und in Ordnung. Das ist unser Job. Aber es ist auch gut für den Geist!“

Die wichtigsten Nachrichten des Tages:

  • Der Ukraine fehlen nach Angaben von Staatschef Wolodymyr Selenskyj dringend Abwehrraketen, um die Zerstörung der ukrainischen Energieversorgung durch Russland zu verhindern. In einem Interview mit dem US-Sender PBS verwies Selenskyj auf das Kohlekraftwerk Trypilska in der Region Kiew, das am 11. April durch russische Raketen zerstört wurde. Mehr hier.
  • Die militärische Hilfe der USA für Kiew verzögert sich seit Monaten – ein milliardenschweres Paket wäre geplant. Das von den oppositionellen Republikanern geführte US-Repräsentantenhaus stimmt nun nach Angaben des Vorsitzenden Mike Johnson in dieser Woche über separate Gesetzesentwürfe zur Unterstützung der Ukraine und Israels ab. Mehr hier.
  • In der Ukraine hat Präsident Wolodymyr Selenskyj am Dienstag das umstrittene Gesetz zur Mobilisierung von Soldaten unterzeichnet. Wie das Parlament in Kiew auf seiner Website mitteilte, erhielt es das am 11. April verabschiedete Gesetz vom Präsidenten unterschrieben zurück. Mehr dazu in unserem Newsblog.
    Der Kreml reagiert reserviert auf einen Aufruf des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, während der Olympischen Sommerspiele bei bewaffneten internationalen Konflikten eine Waffenruhe walten zu lassen. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte, es sei sowohl Präsident Wladimir Putin als auch dem russischen Militär aufgefallen, dass Kiew solche Ideen nutze, um zu versuchen, sich neu zu formieren. 
  • Vier Tage nach einem Bombenanschlag auf einen Ex-Mitarbeiter des ukrainischen Inlandsgeheimdienstes SBU in Moskau haben Russlands Behörden die Festnahme eines Verdächtigen bekannt gegeben. Der russische Inlandsgeheimdienst FSB erklärte, er habe einen russischen Staatsbürger festgenommen, der „auf Befehl ukrainischer Spezialeinheiten“ das Auto des übergelaufenen Ex-Agenten in die Luft gesprengt habe. 
  • Die chinesische Regierung hat sich hinter Pläne für eine internationale Ukraine-Friedenskonferenz in der Schweiz gestellt. China und Deutschland ermutigten und unterstützten die Bemühungen um eine politische Lösung für den Frieden in der Ukraine, sagt ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums. 
  • Infolge der jüngsten Angriffe ist das Atomkraftwerk Saporischschja im Süden der Ukraine laut der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) einem Atomunfall „gefährlich nahe“. „Diese rücksichtslosen Angriffe müssen sofort eingestellt werden“, sagte IAEA-Chef Rafael Grossi auf einer Sitzung des UN-Sicherheitsrates. 
  • Die Ukraine hat Insidern zufolge im März nach zwei Monaten Verhandlungen eine Vereinbarung mit Russland über Schifffahrt auf dem Schwarzen Meer abgebrochen. Die Gespräche seien von der Türkei vermittelt worden, sagen vier mit dem Vorgang vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. 

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