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Eine russische Iskanderrakete schlug in Restaurant in Kramatorsk ein.

© AFP/Genya Savilov

Ukraine-Invasion Tag 687: Wie eine Fotografin durch Poesie einen Raketenanschlag verarbeitete

13 Verletzte bei Raketeneinschlag in Hotel in Charkiw. Ukraine verstärkt Verteidigungsanlagen. Der Nachrichtenüberblick am Abend. 

Wie verarbeitet man den Bombenterror, mit dem Russland die Ukraine überzieht? Die Fotojournalistin und Dichterin Anastasia Taylor-Lind hat ihren ganz eigenen Weg gefunden: mit Poesie. Der britische „Guardian“ erzählt ihre Geschichte und veröffentlichte ihr Gedicht, das nach einem Angriff auf ein Restaurant in Kramatorsk entstand (Quelle hier).

Es war im Juni vergangenen Jahres, als die britisch-schwedische Fotografin in einer belebten Pizzeria in der ostukrainischen Stadt saß. Das Restaurant ist beliebt und war gut gefüllt, dann schlug eine russische Iskanderrakete ein. 13 Menschen sterben, darunter vier Kinder, rund 60 weitere werden verletzt.

Taylor-Lind erzählt dem „Guardian“, dass sie die Rakete kommen hörte und sich auf den Boden werfen wollte. Doch ihr sei nur noch die Zeit geblieben, die Augen zu schließen. Sie selbst sei durch Glassplitter an Arm und Bein verletzt worden. Die Tische, beschreibt sie, seien mit Scherben übersät gewesen, so sehr, dass sie nicht mehr habe unterscheiden können, ob es sich bei den roten Spritzern darauf um Blut oder Tomatensauce handelte.

Bereits seit 2014 dokumentiert die Fotografin den Krieg, damals im Donbass. Doch es ist das erste Mal, dass sie ihn am eigenen Leibe zu spüren bekommt. Sie braucht Monate, bis sie das Trauma verarbeitet hat, schließlich bringt sie es zu Papier. 

„Ich schreibe Gedichte über Dinge, die ich nicht fotografieren kann, Dinge, die ich höre, fühle oder denke, aber nicht ausdrücken kann – mit Worten oder durch die Bilder“, erzählt sie.

Das Gedicht, das sie nach dem schrecklichen Erlebnis schrieb, habe ihr Trost gegeben und eine Möglichkeit, das Geschehene für sich zu fassen. Es habe ihr geholfen, „zu verstehen, was uns widerfahren war und was ich erlebt hatte“. Es gebe so vieles, was sie erlebe, aber nicht durch Fotografien ausdrücken könne – ganz unabhängig von dem Tag der Attacke. Und genau das habe sie über die Jahre zur Poesie gebracht.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages:

  • Bei einem russischen Angriff auf ein Hotel in der ukrainischen Stadt Charkiw sind den örtlichen Behörden zufolge 13 Menschen verletzt worden. Darunter sollen ausländische Journalisten aus der Türkei und Georgien sein. Zehn Menschen seien ins Krankenhaus gebracht worden. Mehr hier.
  • Der derzeitige Kälteeinbruch in der Ukraine könnte sich maßgeblich auf die Manövrierfähigkeit und Mobilität der ukrainischen und russischen Truppen auswirken, berichtet das britische Verteidigungsministerium auf X. Demnach sollen die Temperaturen in der nächsten Woche „kaum über den Gefrierpunkt steigen“, was zu Bodenfrost führen könne, heißt es im täglichen Lagebericht. Dadurch würden sich die Bedingungen höchstwahrscheinlich verbessern. Mehr im Newsblog.
  • Nach den jüngsten schweren Raketenschlägen gegen die Ukraine hat Russlands Ex-Präsident Dmitri Medwedew erneut mit Atomwaffendrohungen für Aufsehen gesorgt. „Wie bekannt wurden dabei (bei den Angriffen) verschiedene Träger mit unterschiedlichen Ladungen benutzt, mit Ausnahme von atomaren. Noch!“, sagte Medwedew auf einer Sitzung der russischen Militär- und Rüstungskommission. 
  • Die Türkei, Bulgarien und Rumänien wollen das Schwarze Meer gemeinsam von Minen befreien. Eine entsprechende Absichtserklärung unterzeichneten die drei Nato-Staaten am Donnerstag in Istanbul, wie der türkische Verteidigungsminister Yasar Güler bei der Zeremonie sagte. 
  • Bei seinem Staatsbesuch in Estland fügte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj seinem Standard-Look einen besonderen Akzent hinzu: Auf dem olivgrünen Pullover des 45-Jährigen waren am Donnerstag in Tallinn im linken Brustbereich in Klein Koordinaten gestickt. Sie kennzeichnen den Ort des von ukrainischen Raketen Mitte April 2022 im Schwarzen Meer versenkten russischen Kreuzers „Moskwa“. 
  • Russland meldet ein Haushaltsdefizit von 1,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für das vorige Jahr. Dies ist laut dem Finanzministerium eine leichte Verbesserung gegenüber 2022 - dem Jahr, als Russland die Invasion in der Ukraine startete. 
  • Finnland verlängert die Schließung seiner Grenze zu Russland um vier Wochen bis zum 11. Februar. Das Innenministerium bestätigt vorherige Medienberichte, dass alle Grenzübergänge zwischen dem Nato-Staat und dem Nachbarland geschlossen blieben. Nach Erkenntnissen der Behörden bestehe die Gefahr, dass es erneut zu einem Zustrom von Migranten aus Russland kommen könne, heißt es zur Begründung. 
  • Das ukrainische Militär verstärkt seine Verteidigungsanlagen. Im Norden des Landes seien diese in den vergangenen Monaten um 63 Prozent ausgebaut worden, zitieren die Streitkräfte den für den Nordabschnitt zuständigen Befehlshaber Serhij Najew. 
  • Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat davor gewarnt, dass „Pausen“ bei der Verteidigung seines Landes auf lange Sicht Moskau zugutekämen. Es werde „keine Pausen zugunsten Russlands geben“, betonte Selenskyj am Donnerstag bei seinem Besuch in Tallinn. Auch führe eine Pause nicht zu einem politischen Dialog mit Russland „oder mit irgendjemandem sonst“, sagte er.
  • Die Administration von Präsident Joe Biden unterstützt einen Gesetzentwurf, der die Beschlagnahmung eines Teils der 300 Milliarden Dollar an eingefrorenen russischen Vermögenswerten ermöglichen würde. Dies berichtet Bloomberg mit Verweis auf einen Vermerk des Nationalen Sicherheitsrates der USA. Die Gelder sollen für den „Wiederaufbau der Ukraine“ verwendet werden.
  • Russlands Flugabwehr hat eigenen Angaben zufolge drei ukrainische Drohnen über russischem Gebiet abgeschossen. Die Drohnen seien am frühen Donnerstagmorgen über den Regionen Rostow, Tula und Kaluga abgefangen worden, teilte das russische Verteidigungsministerium auf Telegram mit. 

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