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Staatstragend. Premierministerin Jacinda Ardern wird für ihr Krisenmanagement gelobt.

© imago/Xinhua

Überraschender Rücktritt: Jacinda Ardern macht es allen vor

Neuseelands Premierministerin gibt ihr Amt auf – weil ihr „Tank leer ist“. Dass Jacinda Ardern das so ehrlich ausspricht, ist eine Klasse für sich.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Macht macht abhängig? Jacinda Ardern, Neuseelands Premierministerin, macht vor, wie man sich nicht nur mit Stil, sondern mit Klasse vom Amt verabschiedet.

Sie ist eine Klasse für sich. Warum? Weil Ardern zugibt, was Männer höchstens ungern, meistens gezwungenermaßen, zugeben: Mein Tank ist leer, ich kann nicht mehr.

Nicht mehr können heißt: nicht mehr mit aller Kraft den Nutzen mehren und Schaden vom Land wenden zu können. Das ist aus dem Amtseid in Deutschland, aber der Anspruch gilt ja universell. Wenn sich nur mehr daran orientieren wollten.

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Ardern hat viel meistern müssen, viel geleistet. Ob das Attentat von Christchurch mit vielen von einem Rechtsextremisten getöteten Muslimen, der verheerende Vulkanausbruch, Corona – in ihren Jahren seit der Wahl 2017 war es ihr Umgang mit Krisen, der sie als Premier herausgehoben hat. Feinfühlig und stark zugleich.

Die Zahl ihrer Bewunderer ist groß. Viele männliche Kollegen in aller Welt haben reagiert, Ardern wird als Vorbild gerühmt. Eine regelrechte „Jacindamania“.

Sie wird nicht so schnell enden, ist zu hoffen. Denn Ardern setzt das Ende selbst, selbstbestimmt, selbstbewusst, ehrlich, und darin bis zuletzt eine moderne Vertreterin der Ausübung von Macht in Ämtern. Und Modernität ist auch eine Art der Angemessenheit.

Dazu gehört, der Verantwortung einer führenden Position angemessen zu wissen, wann es gut ist, loszulassen. Besser für einen selbst, besser für die Partei, die einen erst dahin getragen hat, besser für alle. Arderns vorläufig letzter großer Dienst am Land und darüber hinaus ist, genau das thematisiert zu haben.

Das nennt man Führung, und zwar inhaltliche. Dekretieren kann jeder.

„Man kann und sollte den Job nur machen, wenn man einen vollen Tank hat, plus ein bisschen Reserve für die ungeplanten und unerwarteten Herausforderungen, die unweigerlich kommen.“ Ein Satz von Ardern als Anforderung und Kriterium. Man(n) sollte ihn sich merken.

Wie auch den: Sie hoffe, dass sie den Neuseeländern den Glauben gegeben habe, dass sie ihre eigene Art von Führungskraft sein könnten, „jemand, der weiß, wann es Zeit zu gehen ist“.

Nicht nur die gut fünf Millionen Neuseeländer wollen daran glauben – es sind Millionen mehr überall. Denn es gibt Dinge, die sind größer als man selbst. Aber es braucht Größe, danach zu handeln. Wer es tut, hat verdient, dass die Welt das nicht vergisst. Jacinda Arderns Tank wird ja irgendwann wieder voll sein.

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